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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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erlassen hatte; nur Magie sorgte dafür, dass es am Himmel gehalten wurde und nicht zerschmettert in bodenlose Tiefe versank.
    Siebzehn Etagen weiter unten, unter einem gebogenen Astausläufer, fand ich das, was ich suchte: den Raum mit meinem Modell des Sonnensystems. Ich bewegte mich vorsichtig zwischen den Schutzfallen, die ich aufgestellt hatte. Gewohnheitsmäßig ging ich um die Mondsteine herum, die den Weg säumten. Sie sahen aus wie Tagstein –  Sterbliche waren noch nie in der Lage gewesen, den Unterschied zu erkennen –, aber in wolkigen Neumondnächten veränderte sich der Stein und öfnete den Zugang zu einer von Nahadoths Lieblingshöllen. Ich hatte Mondstein als besonderes Vergnügen für unsere Herren erschafen. Er sollte sie daran erinnern, welchen Preis man für die Versklavung von Göttern bezahlte.
Dann hatten wir ihn im ganzen Palast platziert. Die Schuld dafür –  und die Strafe –  bekam Nahadoth. Doch er dankte mir anschließend und versicherte mir, dass es den Schmerz wert war.
    Ich sagte atadie  – und das Sonnensystemmodell öfnete sich. Auf der Schwelle blieb ich stehen. Mir fiel die Kinnlade herunter.
    Dort, wo mehr als vierzig Sphären durch die Luft schweben und sich um die hellgelbe Kugel im Zentrum des Modells drehen sollten, schwebten noch ganze vier. Vier, einschließlich der Sonnenkugel. Der Rest lag verstreut auf dem Boden oder klebte an den Wänden; Leichen als Ergebnis eines systematischen Massakers. Die Sieben Schwestern lagen an den Rändern des Raums entlang verstreut. Um diese kleinen identischen Goldwelten zu sammeln, hatte ich Milliarden von Sternen abgesucht. Zispe, Lakruam, Amanaiasenre, die Schuppen, Mutterspinner mit ihren sechs durch ein Ringnetz miteinander verbundenen Mondkindern … und oh, Vaz, mein wunderschöner Gigant. Er war einst eine massive blendendweiße Sphäre gewesen, die ich kaum mit meinen Armen hatte umschlingen können. Jetzt war er hart auf dem Boden aufgeschlagen und in der Mitte zerborsten. Ich ging näher zu den zerschmetterten Hälften und hob sie auf. Beim Niederknien stöhnte ich. Sein Kern lag frei –  kalt, bewegungslos und hart. Planeten waren widerstandsfähig, weit mehr als die meisten sterblichen Geschöpfe. Doch es gab keine Möglichkeit, das zu reparieren. Auch nicht, wenn ich noch Magie übrig gehabt hätte.
    »Nein«, füsterte ich. Ich drückte die eine Hemisphäre an mich und wiegte mich vor und zurück. Nicht einmal weinen konnte ich. Ich fühlte mich so tot wie das Innere von Vaz. Nahadoths Worte hatten mir das Entsetzliche meines Zustands noch nicht vollkommen klargemacht. Aber das hier? Das konnte ich nicht verdrängen.
    Eine Hand berührte meine Schulter. Doch mein Elend war so groß, dass mir egal war, wer dort stand.

    »Es tut mir leid, Si’eh.« Yeine. Ihre weiche Altstimme war durch die Trauer noch tiefer geworden. Ich spürte, dass sie sich neben mich kniete. Ihre Wärme strahlte bis zu meiner Haut. Dieses eine Mal konnte ihre Anwesenheit mich nicht trösten.
    »Ist mein Fehler«, füsterte ich. Ich hatte immer vorgehabt, das Modell des Sonnensystems aufzulösen und seine Welten wieder an ihren Ursprungsort zurückzubringen, sobald ich ihrer überdrüssig geworden wäre. Nur hatte ich es nie getan, weil ich ein selbstsüchtiges Gör war. Als man mich in meiner sterblichen Form gefangen setzte, wollte ich mich unbedingt wie ein Gott fühlen, weil meine Arameriherren mich wie ein Ding behandelten. Deshalb hatte ich das Modell trotz der Gefahr, dass man es entdeckte, hierhergebracht. Ich hatte Stärke verbraucht, die ich nicht hatte, und meinen sterblichen Körper mehr als einmal getötet, um das Modell am Leben zu erhalten. Und jetzt, nach all dem, hatte ich nicht einmal mitbekommen, dass ich sie alle im Stich gelassen hatte.
    Yeine seufzte und legte mir ihre Arme um die Schultern. Einen Moment lang drückte sie ihr Gesicht in mein Haar. »Der Tod kommt irgendwann zu uns allen.«
    Aber das hier war viel zu früh. Mein Sonnensystemmodell hätte mindestens noch die Lebenszeit einer Sonne überdauern müssen. Ich atmete tief durch und legte die Hemisphäre auf den Boden. Dann drehte ich mich um und sah zu Yeine hoch. Ihr Gesicht zeigte nichts von dem Schock, den sie sicherlich beim Anblick meiner älteren Gestalt verspürt hatte. Dafür war ich dankbar, denn sie hätte angesichts meiner verwelkten Schönheit zurückzucken können. Doch das war natürlich nicht ihre Art. Sie liebte mich immer noch und

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