Rivalin der Götter erbin3
seufzte tief, richtete mich auf und wandte mich von dem Atriumgeländer ab. »Nichts in Elysium hat jemals einen Sinn ergeben. Ich weiß wirklich nicht, warum ich immer wieder hierherkomme. Man sollte doch meinen, dass es mir gereicht hätte, Jahrhunderte in dieser Hölle gefangen zu sein.«
Shevir zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht für die Götter sprechen, aber jeder Sterbliche, der genug Zeit an demselben Ort verbringt, gewöhnt sich daran. Das, was man für normal hält, verändert sich auch dann, wenn dieser Ort mit Unannehmlichkeiten erfüllt ist. Irgendwann fühlt sich eine Trennung dann falsch an.«
Bei diesen Worten runzelte ich die Stirn. Shevir fing meinen Blick auf und lächelte. »Ich bin seit siebzehn Jahren verheiratet.«
»Oh.« Das erinnerte mich auf eine verdrehte Weise an die Unterhaltung, die ich am Abend zuvor mit Shahar geführt hatte. »Erzählt mir mehr über sie«, sagte ich.
Ich hatte zwar nicht näher ausgeführt, wen ich mit »sie« meinte, doch Shevir war wie jeder Schreiber gut darin, zwischen den Zeilen zu lesen. »Lady Shahar ist ausgesprochen intelligent, sehr reif für ihr Alter und ihren Pfichten sehr ergeben. Ich hörte, die meisten der anderen Vollblüter sind zuversichtlich, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter die Regierungsgeschäfte übernehmen kann …«
»Nein, nein«, sagte ich und schaute finster. »Das nicht. Ich möchte wissen …« Plötzlich war ich unsicher. Warum fragte ich ihn danach? Aber ich musste es wissen. »… wie sie ist. Wer sind ihre Freunde? Wie ging sie mit Dekas Exil um? Was denkt Ihr über sie?«
Bei dieser Flut von Fragen zog Shevir die Augenbrauen hoch.
In diesem Moment wurden mir zwei schreckliche Dinge klar: Erstens fühlte ich mich gefährlich zu Shahar hingezogen – und zweitens hatte ich genau das gerade preisgegeben.
»Äh … nun … sie ist sehr zurückgezogen«, begann Shevir verlegen. Es war zu spät, dennoch wedelte ich mit der Hand und versuchte, den Schaden, den ich angerichtet hatte, wiedergutzumachen.
»Ist ja auch egal«, sagte ich und verzog das Gesicht. »Letztlich sind das unwichtige Angelegenheiten der Sterblichen. Das Einzige, auf das ich mich konzentrieren sollte, ist eine Heilung für das, was mir widerfahren ist, zu finden.«
»Ja.« Shevir schien erleichtert, das Thema wechseln zu können. »Äh, wo wir gerade dabei sind … Der Grund, weshalb ich Euch suchte, war der, dass ich fragen wollte, ob Ihr uns einige Proben überlassen würdet. Also den Schreibern hier im Palast, heißt das. Obwohl wir Informationen vielleicht mit den Previten in Schatten und Literia austauschen werden.«
Bei diesem Ansinnen runzelte ich die Stirn. Ich hatte unangenehme Erinnerungen an andere Erste Schreiber, andere Untersuchungen und andere Proben im Laufe der Jahrhunderte. »Um herauszufinden, was sich in mir verändert hat?«
»Ja. Wir haben Informationen über Eure, äh, frühere Anstellung …« Er schüttelte seinen Kopf und gab es endlich auf, taktvoll sein zu wollen. »Als Ihr noch Sklave hier wart; ein Unsterblicher gefangen in sterblichem Fleisch. Euer augenblicklicher Zustand scheint sich davon deutlich zu unterscheiden. Ich würde die beiden gern vergleichen.«
Wütend schaute ich ihn an. »Warum? Um mir zu sagen, dass ich sterben werde? Das weiß ich bereits.«
»Herauszufinden, warum Ihr Euch in einen Sterblichen verwandelt, könnte uns Einblicke darin geben, was die Ursache dafür ist«, sagte er. Jetzt, da er in seinem Element war, sprach er lebhaft. »Und vielleicht auch, wie man es umkehren kann. Ich würde
niemals denken, dass die Künste der Sterblichen die der Götter übertrefen, doch jedes bisschen Wissen, das wir sammeln, könnte nützlich sein.«
Ich seufzte. »Also gut. Ihr wollt Blut, nehme ich an?« Sterbliche waren immer hinter unserem Blut her.
»Und alles andere, das Ihr freiwillig hergeben würdet. Haare, Nagelspäne, ein wenig Fleisch, Speichel. Ich möchte auch Eure aktuellen Maße aufzeichnen – Größe, Gewicht und so weiter.«
Ich konnte nicht anders, als bei all dem neugierig zu werden. »Wie könnte das überhaupt eine Rolle spielen?«
»Nun, zum einen seht Ihr älter aus als sechzehn Jahre. Etwa so alt wie Lady Shahar und Lord Dekarta jetzt sind. Doch so, wie ich es verstanden habe, saht Ihr ursprünglich wesentlich älter aus als die beiden. Ungefähr zehn Jahre im Vergleich zu ihren acht. Wenn Ihr in der Zwischenzeit nur acht Jahre gealtert seid …«
Unwillkürlich
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