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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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vornüber und standen kopf. Ich hingegen bewegte mich nicht. Meine Füße schienen in dem weißen Boden festgewurzelt. Nur die Tatsache, dass sie sich gegenseitig umklammert hielten und ich sie auch nicht losließ, verhinderte, dass sie weiter aufstiegen.
    Und dann mein Gesichtsausdruck! In der Erinnerung stand ich da mit heruntergeklappter Kinnlade, einem Blick, der in der Ferne verloren wirkte und ofensichtlich verwirrt. Die Stirn war ein wenig gerunzelt, der Kopf schiefgelegt, als ob ich etwas hörte, das niemand anders hören konnte und das meine Sinne verwirrte.
    Dann verschwamm mein Körper. Das Fleisch wurde von weißen Linien durchzogen. Mein Mund öfnete sich. Der Stein unter meinen Fingerspitzen erzitterte kaum wahrnehmbar ein letztes Mal, als sich aus meiner Kehle eine Kraft ihren Weg bahnte und alles erschütterte. Die Nirgendwotreppe und der gesamte Tagstein um sie herum, unter ihr und über ihr zerbarsten wie Glas. Die Kinder wurden einzig durch die Tatsache gerettet, dass die Energie sich nach außen wie eine Sphäre fortpfanzte. Sie fielen zwischen all das Geröll, bluteten und lagen reglos da. Zum Glück landeten nicht viele Trümmer auf ihnen.
    Als der Staub sich legte, war ich verschwunden.
    Ich nahm meine Finger von dem Stein und runzelte die Stirn. Dann sagte ich zu dem Sterblichen, der irgendwo hinter mir herumlungerte und mir die letzten zehn Minuten zugesehen hatte: »Was willst du?«
    Er trat vor. Der vertraute Mischgeruch von Büchern, chemischen Phiolen und Räucherstäbchen eilte ihm voraus, deshalb wusste ich, was er war, noch bevor er sprach. »Verzeiht mir, Lord Si’eh. Ich wollte Euch nicht stören.«
    Ich stand auf, klopfte den Staub von meinen Händen und drehte mich um, um ihn anzusehen. Er war ein Mann der Inseln und
mittleren Alters. Sein rotes Haar war mit Salz durchzogen, und sein faltiges, düsteres Gesicht wies einige Bartstoppeln auf. Auf seiner Stirn befand sich das Siegel der Vollblüter. Doch er sah nicht wie ein Arameri aus; noch nicht einmal wie ein Amn. Außerdem rochen Vollblüter höchst selten nach Arbeit. Er war also adoptiert.
    »Ihr seid der Erste Schreiber?«, fragte ich.
    Er nickte und war ofensichtlich zwischen Faszination und Unbehagen hin- und hergerissen. Schließlich verbeugte er sich ungeschickt; nicht tief genug, dass es respektvoll wirkte, aber zu tief für die Verachtung, die ein ergebener Itempaner hätte zur Schau stellen müssen. Ich lachte, weil mir Viraines kühle Gelassenheit einfiel, die sehr nuanciert gewesen war. Als mir einfiel, warum Viraine in diesen Dingen so gut gewesen war, ernüchterte mich das allerdings sofort wieder.
    »Verzeiht mir«, sagte der Mann erneut. »Doch die Dienerschaft hat die Neuigkeit verbreitet, dass Ihr im Palast seid und … ich dachte … Nun, es scheint nur natürlich, dass Ihr zum Tatort zurückkehrt, um es einmal so auszudrücken.«
    »Hmm.« Ich steckte meine Hände in die Taschen und versuchte angestrengt, mich in seiner Gegenwart nicht unbehaglich zu fühlen. Dies waren nicht mehr die guten alten Zeiten. Er hatte keine Macht über mich. »Es ist spät, Erster Schreiber, oder früh. Glaubt ihr Itempaner nicht an eine gute Nachtruhe, bevor ihr im Morgengrauen betet?«
    Er blinzelte. Dann verwandelte sich seine Überraschung in Belustigung. »Das tun wir, doch ich bin kein Itempaner, Lord Si’eh. Und ich wollte Euch kennenlernen, was es notwendig machte, lange aufzubleiben. Das wenigstens besagte meine Forschung. Ihr wart bekannt dafür, ausgesprochen nachtaktiv zu sein, während Eurer …« Sein Selbstbewusstsein bröckelte wieder. »… Zeit hier.«
    Ich starrte ihn an. »Wie kann es sein, dass Ihr kein Itempaner
seid?« Alle Schreiber waren Priester des Itempas. Der Orden bot jedem mit magischen Fähigkeiten eine einfache Entscheidung an: beitreten oder sterben.
    »Vor ungefähr … hmmm … fünfzig Jahren machte die Literia eine Eingabe an das Adelskonsortium, in der sie um Unabhängigkeit vom Orden des Itempas bat. Die Literia ist jetzt eine weltliche Gesellschaft. Schreiber dürfen sich dem Gott oder den Göttern, die sie wünschen, verschreiben.« Er hielt inne und lächelte erneut. »Solange wir weiterhin den Arameri dienen.«
    Ich musterte ihn von oben bis unten und öfnete meinen Mund, um seinen Geruch besser schmecken zu können. Mir war jeglicher Wind aus den Segeln genommen. »Also welchen Gott verehrt Ihr?« Er war mit Sicherheit keiner meiner Anhänger.
    »Ich ehre alle Götter. Doch

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