Rivalin der Götter erbin3
hatte meine Annahme bestätigt, dass es hier kaum Arbeit gab. Die Wirtschaft der Stadt hatte in den vergangenen Jahren an Boden verloren, weil aus dem Norden Neuheiten kamen. In der guten alten Zeit hätten die Arameri eine Pest oder zwei losgelassen, um die gewöhnlichen Bürger zu töten und die Nachfrage nach Arbeitskraft zu steigern. Arbeitslosigkeit war frustrierend und stand für Fortschritt. Man konnte immer noch Geld verdienen, indem man die Sterblichen bediente, die auf ihren Pilgerreisen in die Stadt kamen. Dort beteten sie für den Segen eines der vielen Dutzend Götter. Viele Arbeitgeber würden aber nur ungern ein Gottkind einstellen. »Das ist schlecht fürs Geschäft«, erklärte Hymn. »Es ist viel zu einfach, jemanden durch deine Anwesenheit zu beleidigen.«
»Natürlich.« Ich seufzte.
Da mir die legalen Geschäfte der Stadt verwehrt waren, richtete sich meine ganze Hofnung auf die illegale Seite. Wenigstens hatte ich dort möglicherweise einen Zugang: Nemmer. Ich sollte sie wie vereinbart in drei Tagen trefen. Mir war es inzwischen egal, dass irgendeins unserer Geschwister die Arameri aufs Korn nahm. Sollten sie doch alle sterben; außer vielleicht Deka, den ich möglicherweise kastrieren und an die Leine legen würde, um ihn bei Laune zu halten. Doch die Verschwörung gegen unsere Eltern bedeutete, dass ich sie immer noch trefen sollte. Ich konnte sie um Hilfe bei der Suche nach Arbeit bitten.
Vorausgesetzt, ich konnte die Schmach ertragen. Was ich aber nicht konnte. Also hatte ich beschlossen, einen anderen Weg auf die zwielichtige Seite der Stadt zu suchen. Hymns Weg: die Arme der Nacht. Das Bordell, das sie versucht hatte, mir schmackhaft zu machen.
»Eine Freundin von mir ist vor einigen Jahren zum Arbeiten dorthin gegangen«, sagte sie. »Nicht als Prostituierte! Sie ist nicht der Typ. Doch sie brauchen Diener und so, und sie bezahlen anständige Löhne.« Sie zuckte mit den Schultern. »Wenn du das eine nicht tun willst, könntest du immer noch das andere tun. Besonders, wenn du kochen und putzen kannst.«
Die Idee gefiel mir nicht besonders. Ich hatte bereits genug meiner sterblichen Jahre in Elysium damit zugebracht, auf die eine oder andere Weise zu dienen. »Ich nehme nicht an, dass ihre Kunden an einem netten Spiel Interesse hätten?« Hymn sah mich nur an. Ich seufzte. »Alles klar.«
»Wir sollten jetzt losgehen, wenn du mit ihnen reden willst«, sagte sie. »Abends ist dort viel los.« Sie sprach mit bemerkenswertem Mitgefühl, wenn man bedachte, wie sehr sie von mir eigentlich genug hatte. Ich nahm an, dass das Elend in meinem Ausdruck sogar ihre zynische Rüstung durchbohrt hatte. Was wohl auch der Grund dafür war, warum sie erneut versuchte, mich davon abzuhalten. »Es ist mir egal, weißt du? Ob du es wiedergutmachst, dass ich deinetwegen beinahe getötet wurde. Das habe ich dir gesagt.«
Ich nickte schwerfällig. »Ich weiß. Es geht hier eigentlich nicht um dich. Es ist nur …«
Sie seufzte. »Ich weiß, ich weiß. Du musst du selbst sein.«
Ich sah überrascht auf. Sie lächelte. »Ich sagte es dir bereits. Jeder hier versteht Götter.«
Wir verließen das Gasthaus und begaben uns die Straße hinauf. Da ich bereits eine Weile außer Sichtweite gewesen war, herrschte auf der Straße wieder geschäftiges Treiben. Fuhrleute rappelten mit ihren klapprigen alten Karren vorbei. Händler schoben ihre Rollstände vor sich her, um Obst und gebratenes Fleisch zu verkaufen. Ein alter Mann saß an einer Ecke auf einer Decke und rief, dass er Schuhe reparieren könne. Ein Mann mittleren Alters in feckiger Arbeitskleidung ging zu ihm hinüber, und beide hockten sich hin, um zu feilschen.
Hymn humpelte problemlos durch dieses Chaos. Vergnügt winkte sie der ein oder anderen Person im Vorbeigehen zu. Unter ihresgleichen und Sterblichen fühlte sie sich wesentlich wohler als in meiner Gesellschaft. Ich beobachtete sie fasziniert beim Laufen. Ich konnte einen festen Kern aus Unschuld unter ihrem zynischen Pragmatismus schmecken, aber auch ein Klümpchen Verwunderung. Noch nicht einmal der abgestumpfteste Sterbliche konnte in der Gegenwart eines Gottes nichts empfinden. Außerdem amüsierte sie sich trotz ihrer augenscheinlichen Verärgerung über mich. Das ließ mich grinsen. Sie bemerkte es, als sie sich umschaute und einen Blick auf mein Gesicht erhaschte. »Was?«, fragte sie.
»Du«, sagte ich grinsend.
»Was ist mit mir?«
»Du bist eine von meinen. Oder du könntest es
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