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Rivalin der Götter erbin3

Rivalin der Götter erbin3

Titel: Rivalin der Götter erbin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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in der Stadt.« Das schien ihren Ärger ein wenig zu dämpfen. Sie musterte mich. »Also schön. Was ist deine Natur?«
    »Gaunereien. Unfug.« Es war immer leichter, diese den Sterblichen zu erklären. Sie hatten Schwierigkeiten, »Kindheit« als ein bestimmtes Konzept zu begreifen. Hymn nickte aber, also ging ich das Risiko ein und fügte »Unschuld« hinzu.
    Sie sah nachdenklich aus. »Du musst einer der Älteren sein. Die Jüngeren sind einfacher.«
    »Sie sind nicht einfacher. Ihre Naturen sind nur dem sterblichen
Leben eher angepasst, da sie geboren wurden, nachdem die Sterblichen erschafen wurden …«
    »Das weiß ich«, sagte sie und sah schon wieder verärgert aus. »Hör zu, die Leute hier in der Stadt leben jetzt seit langer Zeit mit deinesgleichen. Wir haben kapiert, wie ihr tickt, du brauchst uns nicht zu belehren.« Wieder einmal seufzte sie und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ihr müsst eurer Natur dienen, stimmt’s? Aber ich brauche keine Gaunereien, ich brauche Geld. Wenn du etwas herbeirufen willst, wäre das großartig. Versuch einfach, dabei diskret zu sein, ja? Und lass mich bis dahin in Ruhe. Bitte.«
    Mit diesen Worten drehte Hymn sich um und wollte davongehen. Diesmal war sie langsamer, da sie sich etwas beruhigt hatte. Ich beobachtete sie. Dabei fühlte ich mich ziemlich fehl am Platze und fragte mich, wie zur unendlichen Hölle ich Geld für sie beschafen sollte. Denn sie hatte recht: Fairplay war für meine Natur ebenso unerlässlich wie Kind zu sein. Wenn ich das, wie ich sie behandelt hatte, auf sich beruhen ließ, würde es noch ein bisschen mehr ihrer wenigen Kindheit aufzehren. Wenn ich das vor meiner Verwandlung getan hätte, hätte es mich krank gemacht. Und wenn ich es jetzt tat?
    Ich hatte keine Ahnung, was geschehen würde, aber es wäre bestimmt nicht angenehm.
    Also musste ich das Geld mit sterblichen Mitteln beschafen. Doch falls es Arbeit gab, würde Hymn dann Mülleimer durchwühlen und Messer aus zerbrochenem Geschirr herstellen? Schlimmer noch –  ich wusste gar nichts über die Stadt in ihrem jetzigen Zustand und hatte keinen Schimmer, wo ich mit meiner Suche nach Arbeit anfangen sollte.
    Also lief ich wieder hinter Hymn her.
    Die Straßen, durch die ich ging, waren still und leer. Im Laufe des Morgens nahmen sie ein gedämpft beleuchtetes, zwielichtiges Aussehen an. Während ich die Unratsammler drangsaliert hatte, war der Morgen angebrochen. Überall um mich herum spürte
ich, wie die Stadt erwachte. Ihr Puls schlug schneller, jetzt, da der Tag begann. Gespenstisch weiße Gebäude standen im Dunklen beidseits der Straße. Sie hatten lange keinen Anstrich mehr bekommen, waren aber so solide gebaut, dass sie auch in diesem heruntergekommenen Zustand noch schön waren. Ich sah Gesichter, die halb verborgen von Vorhängen durch die Fenster spähten. Durch einige Lücken zwischen den Gebäuden sah ich die schwarze Silhouette einer Wurzel so groß wie ein Berg. Wurzeln säumten diesen Teil der Stadt. Der Baum selbst ragte im Norden hoch über allem auf. Egal, wie hell der Tag auch wurde, hier gab es kein Sonnenlicht.
    Ich ging um die nächste Biegung und blieb stehen. Hymn sah mich wütend an.
    Ich seufzte. »Tut mir leid. Wirklich! Aber ich brauche deine Hilfe.«
     
    Wir saßen im kleinen Gemeinschaftsraum ihres Elternhauses. Sie hatte erklärt, dass es sich um ein altes Gasthaus handelte. Doch es gab hier fast keine Reisenden mehr. Sie hatten überlebt, indem sie Langzeitpensionsgäste aufnahmen, wann immer es möglich war. Im Moment gab es keine.
    »Das ist der einzige Weg«, sagte ich. Zu diesem Schluss war ich bei meiner zweiten Tasse Tee gekommen. Hymns Mutter hatte sie mir gereicht. Ihre Hand zitterte, als sie eingoss, obwohl ich mein Bestes gab, um sie zu beruhigen. Als Hymn ihr etwas zuraunte, zog sie sich in ein anderes Zimmer zurück. Doch ich hörte, wie sie immer noch lauschend hinter der Tür herumlungerte. Ihr Herzschlag war sehr laut.
    Hymn zuckte mit den Schultern und spielte mit dem Teller, auf dem trockener Käse und fades Brot lagen. Ihre Mutter hatte darauf bestanden, das zu servieren. Hymn aß nur ein bisschen. Ich aß gar nichts, weil es ofensichtlich war, dass diese Familie so gut wie nichts hatte. Zum Glück wurde dieses Benehmen bei einem
Gottkind als höfich eingestuft, da die meisten von uns nicht essen müssen.
    »Das ist natürlich deine Entscheidung«, sagte sie.
    Mir gefielen die Auswahlmöglichkeiten nicht, die vor mir lagen. Hymn

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