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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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dachte nur, daß Ihnen Nick oder Pat eventuell...«
    »Nein. Sie haben mir kein Wort gesagt.«
    »Also, irgend etwas ist passiert. Ich bin mir sicher. Er will es mir nicht sagen, aber ich bekomme es heraus. Warten Sie nur ab. Ich hoffe bloß, daß es nicht...«
    »Was?«
    Kempf seuzte auf. »Ich hoffe, es macht nicht die Fortschritte zunichte, die wir mit Mrs. McCormick und den anderen Frauen erzielt haben – übrigens habe ich die neue Schwester schon eingestellt. Mrs. Gleason. Sie hat im Saint Elizabeth’s unter mir gearbeitet.«
    Jetzt stammelte O’Kane, genau wie Mr. McCormick: »Ich-ich glaube nicht – also, ich habe ja nichts zu sagen, aber ist es wirklich ratsam, eine Frau dazuzunehmen – ich meine, in dieser Situation? Wo er gerade so gestört wirkt? Wegen des Stachelrochens, meine ich.«
    Kempfs Gesicht öffnete sich wie ein Buch, nur daß es ein unlesbares Buch war – ein psychologischer Fachtext, geschrieben auf deutsch. »Aber ja doch«, sagte er, »natürlich. Darum geht es doch. Ihm zu zeigen, daß Frauen sich nicht von Ihnen und mir unterscheiden, also von Männern, daß sie ein ebenso organischer Bestandteil des Lebens sind wie Bäume, Blumen, Taschenratten und Psychologen. Je mehr Frauen wir ihm vorstellen, desto eher...«
    Er wurde von einem Klopfen unterbrochen. Die Tür ging halb auf, und das gerötete, nervöse Gesicht von Butters erschien in der Öffnung. »Mrs. McCormick möchte Sie sprechen. Und Mrs. Roessing.«
    Im selben Moment kam Katherine ins Zimmer marschiert, ihre Absätze peinigten die Dielenbretter; Mrs. Roessing folgte ihr etwas gemächlicher nach. »Ich halte es nicht mehr aus«, verkündete sie und sprach dabei Dr. Kempf an, der nicht mehr auf und ab ging, sondern vor seinem Druck stand, in genau derselben Pose wie Charcot. »Offen gesagt, Dr. Kempf, mir ist ganz egal, was Sie davon halten, aber Jane und ich sind gekommen, um meinen Mann zum Essen auszuführen – zu einem richtigen Mittagessen in unserem Hotel.«
    Der Arzt wurde bleich. Er sah aus wie Rudolph Valentino im Angesicht des Stiers in König der Toreros – ohne den Schnurrbart und das überschüssige Haar natürlich. »Das kann ich nicht gestatten«, sagte er. »Nicht heute.«
    Katherine war zutiefst aufgebracht, ganz die erzürnte Dame aus dem feinen Boston, zwischen ihren hochgezogenen Brauen bildete sich ein Krater, und ihre Blicke legten ihre Umgebung in Asche. Sie würde sich nicht abweisen lassen, diesmal nicht – O’Kane sah das deutlich, und er begann sich äußerst ungemütlich zu fühlen. »Was Sie gestatten oder nicht, ist völlig unerheblich, Edward«, sagte sie, »weil ich Sie hier mit einem Fingerschnippen rauswerfen werde, wenn Sie weiter so störrisch...«
    »Die anderen Vormünder werden dazu vielleicht auch noch etwas zu sagen haben.«
    »Hast du das gehört?« schnauzte Katherine und wollte sich mit einem Blick von Mrs. Roessing Unterstützung holen; zu ihrer Ehre schien diese allerdings nur peinlich berührt. »Unverschämt wird der Mann auch noch. Ich sehe Cyrus und Anita demnächst vor Gericht – und Sie gleich mit. Es wird höchste Zeit, daß ich die alleinige Vormundschaft über meinen Mann bekomme, und dabei waren wir schon so weit, mit unseren herrlichen Strandpartys und, und« – sie stockte, ihre Stimme wurde zum Kloß in der Kehle – »und mit Muriel und allem, ich will einfach nicht, daß das alles wieder kaputt ist, ich lasse das nicht zu.« Sie sah blitzartig zu O’Kane hinüber, wie um zu prüfen, ob er etwa Protest einlegen würde, und er senkte den Blick.
    »Na gut, Jane«, sagte sie dann, jetzt wieder forsch und geschäftsmäßig, »dann holen wir Stanley jetzt ab.«
    Kempf zögerte kurz und bedachte O’Kane mit einem säuerlichen Blick, während die beiden Frauen zur Tür hinausstapften und den Weg zum Haupthaus nahmen, breitschultrig und mit wippenden Hüten wie bei einem Regimentsaufmarsch, dann sagte er: »Kommen Sie, Eddie, wir gehen ihnen besser nach und sorgen dafür, daß Mart ihnen die Tür nicht aufmacht – und wenn er es doch tut, na, dann hab ich keine Schuld.«
    Sie waren keine zwei Minuten hinter den Frauen, doch als sie das Haus erreichten, aus dessen weit geöffneter Tür von irgendwo tief im Inneren der zarte, kühle Duft nach Zitronenöl und Möbelpolitur wehte, standen Katherine und Mrs. Roessing bereits oben im Flur, und Katherine verlangte in schrillem Ton, Mart solle ihr die Tür öffnen. Mr. McCormick saß in diesem Augenblick über den Tisch im

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