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Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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rechnungsprüfer nicht als präsident oder auch nur vizepräsident und unzucht in seinem herzen und impotenz bei seiner frau und hochmut vor seiner mutter die Richter schrien ihn nieder mit lippen die zuckten wie regenwürmer auf einer schaufel durch die schwarzen knorrigen affenbärte die ihre münder verdeckten und ihre kreischenden feuchten fotzen...
    aber die ganze nacht lag er da und den ganzen tag lang war es dienstag war es nicht immer dienstag und wieder dienstag und immer dienstag während die monate herabfielen wie das laub von den bäumen und dann auch die jahre und er betete zu den Richtern ihn doch freizugeben seine strafe umzuwandeln ihn wegen guter führung zu entlassen wenn er sich nur vor der sünde bewahren könnte wenn er nur wieder zurück in sein geschirr gelangen könnte nur einmal noch nur noch ein einziges mal...

7
    Stanley unter Affen
    Als Rosaleen dem Zug entstieg, schmaler und blasser, als er sie in Erinnerung hatte, die Frische Irlands auf den Wangen und mit Augen wie Gezeitentümpel am Strand, die sich füllten und wieder leerten und sich wieder füllten, und Klein Eddie auf ihrem Arm war ganz groß geworden, da fühlte sich O’Kane völlig hilflos: er spürte den gewaltigen, ozeanischen Sog, der von ihr ausging – er konnte nicht widerstehen, wollte es auch nicht –, und er warf sich in sie hinein wie ein Tiefseetaucher. »Rose!« rief er aus, die Arme weit ausgebreitet, er wollte sie am liebsten gleich in aller Öffentlichkeit küssen, wollte sie sofort auf dem Bahnsteig oder im Gebüsch dahinter nehmen, denn er konnte unmöglich warten, bis er mit ihr in der frisch gestrichenen Wohnung in der Micheltorena Street war, mit dem Vogelbad im Garten und dem großen, hochwandigen Schiff von einem Bett, bei dessen Auswahl ihm Ernestine Thompson geholfen hatte. Er zitterte. Er war verliebt.
    Sie sprach kein Wort. Hielt ihn nur fest, mit erstaunlicher Kraft in den Armen, das Baby zwischen ihnen war wie ein lebendiges Sakrament, mit seinem goldenen Haar und dem marineblauen Matrosenanzug, gurgelnd und brabbelnd und den Geruch von neu geschaffenem Fleisch verströmend, von seinem, Eddie O’Kanes, Fleisch.
    »Wunderschön siehst du aus, Rose«, murmelte er, immer noch an sie gepreßt, jetzt aber ein Stück zurückweichend, um einen prüfenden Blick auf sie zu werfen, »nie warst du schöner, nicht mal an dem Abend, als ich dich bei Alice Dundee kennengelernt habe.« Er war sentimental, bis obenhin voll mit tränenfeuchten Emotionen, so wie beim Singen der alten Lieder in Donnellys Bar, und er wollte noch mehr sagen, wollte ihr intime Geheimnisse in die weiche weiße Muschel ihres Ohrs raunen und den Duft ihres lockigen Haars riechen, das herunterwallte, aber er fing den sauertöpfischen Blick eines Mannes im Abendanzug auf und biß sich auf die Zunge. Dies war nicht der rechte Ort.
    Auf dem Bahnsteig hasteten die Menschen an ihnen vorbei, Personen der gehobenen Gesellschaft, reiche Leute, die gekommen waren, um sich in den heißen Quellen zu aalen und all die fetten, guten Dinge aufzuschlürfen, die die Hotels zu bieten hatten, und auf einmal war er verunsichert. Eine alte Dame mit zwei verwöhnten kleinen apricotfarbenen Hunden blieb stehen und glotzte sie an, als wären sie zwei Spaghettifresser, die gerade vom Schiff gestiegen waren, und er wurde verlegen, ja wirklich, er wollte einfach nur weg von hier, wollte seine Verlegenheit hinter sich und Rosaleen nach Hause bringen.
    Und dann, ohne Vorwarnung, brach sie in Weinen aus, und er biß die Zähne zusammen. Sie stieß seinen Namen hervor – »Eddie! O Eddie!« –, und es war ein Kriegsruf, eine Anschuldigung, ein Speer, den sie ihm mitten in den Leib trieb und wieder herauszog. Er ließ sie los, und sie sah auf der Unterlippe kauend ins Leere, ehe sie ermattet den freien Arm hob, um sich mit dem Ärmel ihres Kleids die Augen abzutupfen, es war ein neues Kleid, hellbeige, von der Farbe des letzten Blattes an einem Ulmenbaum im spätesten Spätherbst, ausgebleicht und zappelnd im Wind.
    »Vier Monate, Eddie«, sagte sie, und ihre Worte verschwammen in einer Serie von abgehackten Schluchzern, die wie Schluckauf klangen: urp, urp, urp . Ihre Blicke verbrannten ihn. Sie holte keuchend Luft. »Mein Vater hat dich jeden Tag verflucht, aber ich wußte, du würdest mich nicht im Stich lassen, Eddie, ich wußte es.« Und auf einmal schob sie ihm das Baby hin wie ein hastig eingewickeltes Geschenk, dieses Kind, das gerade noch ein Säugling gewesen

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