Riven Rock
zur Raserei, denn bei jedem Blick auf sie, auf das Fett, das sie an Hüften und Schenkeln ansetzte und das ihre Brüste wie zwei Ballons aufblies, bis sie kaum noch gerade stehen konnte, war er sich sicher, daß sie wieder schwanger war. Und das hielt er einfach nicht aus. Nicht in seinem Alter, in dem er noch sein ganzes Leben vor sich hatte. Vielleicht war es unrecht, aber so, wie er sich fühlte, würde ihn die Belastung mit einem weiteren Kind selbst ins Irrenhaus bringen – sie würden ihn an Mr. McCormick anketten müssen, und dann könnten sie einander anschreien und sich Seite an Seite die Hosen vollpissen. Tja, um es nicht allzu gewählt auszudrücken, wie sein Vater gesagt hätte: es war unvermeidlich, daß er hie und da Abwechslung suchte und aus seinem kleinen Nest flüchtete.
Anfangs waren es nur zwei Abende die Woche, Freitag und Samstag, wer konnte ihm das schon vorwerfen? Und zuweilen nahm er Rose ja auch mit, wenn das Mädchen von nebenan auf Klein Eddie aufpaßte, und dann verdarb sie ihm immer den Abend, weil er zusehen mußte, wie sie sich vollsoff wie eine Sau, aber jedesmal mit ihrem Genöle loslegte, sobald er sein Glas zum Mund hob: »Eddie, meinst du nicht, daß du jetzt genug hast?«, und: »Gehen wir nach Hause, Eddie, ich langweile mich«, und: »Wie hältst du’s hier bloß aus?« So wurden aus zwei Abenden bald drei und dann vier, und er fing an, mit ein paar von den Jungs aus Cody Menhoffs Kneipe herumzuziehen. Manchmal machten sie sich den Jux, in jeder Bar der Stadt einen Schnaps und ein Bier zu zischen, um anschließend in ein Auto zu klettern und über den San-Marcos-Paß nach Los Olivos zu Matteis Taverne zu fahren, und dann kam er nicht vor drei Uhr früh nach Hause, und zwar abgefüllt, total abgefüllt. Da verging Rose das Lachen, keine Frage. Sie fiel wie eine Harpyie über ihn her, und sie bekriegten sich quer durch die Wohnung und draußen auf der Veranda, Möbel flogen herum, das Baby plärrte, und der alte Rowlings über ihnen interpunktierte jeden Schrei und jedes Wort mit einem entrüsteten Stampfer.
Im Februar fing das Frühjahr an; es dauerte bis Ende Mai und war eine prachtvolle Jahreszeit, die Pflanzenwelt wucherte wild, jeder Windhauch trug Unmengen würziger Düfte mit sich. An den Samstagnachmittagen ging O’Kane mit Rosaleen und Eddie jr. in den Park, oder sie nahmen die Straßenbahn zum Strand, wo er sich flach in den Sand knallte, ein Bier auf der Brust, und zum Himmel hinaufstarrte, während er im Gesicht und am Körper braun wie ein Itaker wurde. Die Eisprinzessin – Katherine – kehrte im Mai zurück, verlor aber ihm gegenüber kein Wort wegen Rosaleen oder Eddie jr., sagte nur guten Tag und auf Wiedersehen und: Wie geht es meinem Mann, und: Was hat er heute gegessen, förmlich wie immer, der Winter auf zwei Beinen, und sie ging mit ihren Rechtsanwälten ins Bezirksgericht von Santa Barbara, wo sie ihren Ehemann entmündigen ließ.
O’Kane hörte davon zum erstenmal, als er eines Abends nach der Arbeit nicht nach Hause konnte – Roscoe fuhr Mrs. McCormick quer durch die Stadt zu irgendeiner schicken Party und würde erst spät in der Nacht zurückkommen. Nun war das allerletzte, was er wollte, länger als nötig in Riven Rock zu bleiben, und Rosaleen würde ihm deshalb bestimmt die Hölle heiß machen, das Essen war verkocht, dabei stand sie seit drei Uhr am Herd und so weiter, aber ihm blieb keine Wahl, außer er ging zu Fuß – und dazu hatte er keine Lust. Immerhin konnte er dem schlitzäugigen Koch einen Teller mit gebratenen Kartoffeln und Schinken abluchsen – und er hätte morden können für ein Bier oder auch nur ein Glas Wein, aber im Haus gab es keinen Alkohol, und Sal und die übrigen Itaker der McCormicks verhielten sich seit der Dimucci-Sache ihm gegenüber ziemlich kühl –, also nahm er den Teller und ein Glas Buttermilch mit nach oben, um nachzusehen, ob Nick Lust hatte, mit ein paar Runden Poker die Zeit totzuschlagen.
Nick saß hinter der vergitterten Tür zum Salon im Obergeschoß, vor sich eine Zeitung auf dem Hocker ausgebreitet, und Pat lümmelte auf einem Sessel direkt vor der offenen Tür zu Mr. McCormicks Schlafzimmer. »Keine Chance, heut abend an den heimischen Herd zu kommen«, sagte O’Kane und stellte den Teller ab, um seinen Schlüsselbund herauszuholen und die schwere Eisentür zu öffnen, »und da dachte ich, seh ich mal nach, was die Nachtschicht so macht. Jemand Lust auf ne Runde Poker?«
Nick schien nicht
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