Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Schwägerin?“
„Sie sind nicht dumm. Sie wussten spätestens, als sie dich zu Gesicht bekamen, wieso ich dich angekündigt hatte.“
„Sibylle war es, die du einst geliebt hast, nicht wahr?“
Fulco setzte sich auf und sah Rixende in die Augen. „Vor dir – nach dir werde ich niemanden mehr lieben. Du bist herzlicher als sie und um vieles schöner. Deine Seele ist vollkommen und dein Leib so herrlich, dass man ihm freudig dienen muss. Und wenn ich dich so betrachte im hellen Morgenlicht, kommt es mir vor, als ob auf deinen Wangen lauter Lilien und Rosen blühten.“
Rixende errötete und ihre Augen strahlten. „Deine Worte stammen aus einem der Sprüche Walthers von der Vogelweide aus deutschen Landen, nicht wahr? Ich kenne die Sentenz, der alte Fabri hat eine Übersetzung von des Sängers Schriften in seiner Truhe.“
„Tatsächlich? ´Und wenn mir dann eine schöne Frau ihre Huld gewährte, der ließ ich Lilien und Rosen auf ihren zarten Wangen erblühen …` “
„Seine Sprache ist wunderschön, aber dennoch … ich bin nicht wie Sibylle und werde es nie sein, wenn ich ihr auch ähnlich sehe.“ Stolz reckte Rixende das Kinn in die Höhe.
„Natürlich. Vielleicht musste ich mich aber als grüner Junge in Sibylle verlieben, um als Mann auf dich aufmerksam zu werden“, sagte Fulco leise und strich ihr übers Haar. „Es ist, als wenn der Herr dich mir geschenkt hat.“
„Eine Belohnung dafür, dass du dich ihm vor Jahren geweiht hast?“
„Es war ein Fehler gewesen, ins Kloster zu gehen. Ich hätte den Eltern nicht gehorchen sollen. Wäre ich aber eigene Wege gegangen, hätten diese uns auch zusammengeführt?“
Die beiden blieben eine Woche beieinander, doch nie sah man Tage so verrinnen. Martials Diener waren nach Cotllioure zurückgeschickt worden. Loup, der Burgherr, hatte Rixendes Gold eingeschlossen, damit es vor Dieben sicher war, und ihr versprochen, ihr eigene Diener mit auf den Weg zu geben, wenn sie nach Carcassonne ritt. Doch zuvor bat er selbst sie aufs herzlichste, einige Zeit auf Castillou zu verweilen und einem heimlichen Turnier beizuwohnen, das er und ein gutes Dutzend Ritter aus der Umgebung in zwei Tagen hier abhalten wollten. Auch Sibylle drängte die junge Frau zum Dableiben und öffnete ihre Truhe, um Rixende für das Fest, das nach dem Turnier stattfinden sollte, schön einzukleiden.
Es waren unbeschwerte, heitere Tage, die sie alle miteinander verbrachten. Rixende und Fulco ritten jeden Morgen ausgelassen durch die schon herbstlich gefärbten Wälder; sie verbrachten die Abende zu viert mit Würfelspielen und dem Aufführen kleiner Scharaden. Die Nächte waren erfüllt mit ihrer Liebe.
Am Abend vor dem Turnier trafen die Gäste ein, denn dem Wettkampf sollte eine Hetzjagd vorausgehen, an der auch Fulco, der die ganze Zeit über weltlich gekleidet war und die kaum noch sichtbare Tonsur unter einem Samtbarett verdeckte, teilnahm. Die fünfzehn Reiter – vom Jagdfieber erfüllt und umringt von etlichen Knappen sowie unzähligen, wild kläffenden Hunden – ritten im Morgengrauen vom Burghof. Alle kamen heil und gutgelaunt zurück und zeigten den Frauen stolz ihre Beute: ein stattliches Wildschwein, zwei Rehe und mehrere Blesshühner.
Eines Freundes Lachen soll ohne Arg sein , sagt der Sänger, rein wie das Abendrot, das schönes Wetter ankündet . Das Fest jedoch, das das Turnier krönen sollte und auf das sich vor allem Fulco und Rixende so gefreut hatten, die Walther von der Vogelweide schätzten, fand ausgerechnet einer alten Freundschaft wegen ein jähes Ende.
Einer der Ritter, Gaston von Beillard, ein wilder, hünenhafter Geselle mit rostrotem bis auf die Schultern wallendem Haar, brachte nach dem Bankett, bei dem nicht nur gut gespeist und getrunken, sondern auch lauthals gelacht und gescherzt wurde, einen Trinkspruch aus. Als Achtjähriger war Fulco zu den Beillards gekommen, wo er eine Ausbildung als Knappe genoß. Gaston und seine Schwester Alamande, die wie ein Junge erzogen worden war, hatten sich mit ihm angefreundet und bald waren die drei unzertrennlich gewesen. Sie hatten nicht nur gemeinsam Latein, Französisch, Rechnen, Geometrie, Astronomie und Musizieren gelernt, sondern auch zusammen geübt, mit der Lanze die schwingende Strohpuppe aufzuspießen, die als Zielscheibe diente, ein Schwert zu handhaben und zu jagen. Des Abends hatte man sie die ritterliche Heraldik und die Gesetze des Zweikampfs gelehrt, wenn sie nicht gerade Schach miteinander
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