Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Kirche“, fuhr der Franziskaner fort und drehte dabei die Gebetsschnur in Händen. „Daher fällt es mir schwer, Schlechtes über den Heiligen Vater zu reden, aber in Anbetracht unserer schwierigen Mission ... also, in abstracto - ich denke, wir müssen zusammenhalten, wir von Carcassonne, meint Ihr nicht auch?“
Aimeric nickte fast unmerklich. „Natürlich.“
„Gut. Zuerst eine Warnung: Wenn Ihr dem Heiligen Vater gegenübersteht, lasst Euch nicht provozieren. Er hat so eine Art an sich ...“
Bruder Balbino hustete. Ein Büßer war auf Knien zu ihm herangerutscht. „Poverello!“ rief der Mann mit verzücktem Gesicht und hob einen Zipfel der groben härenen Kutte des Franziskaners, um ihm die bloßen Füße zu küssen. Dann sah er erwartungsvoll in Balbinos Gesicht. „Gelobt sei Jesus Christus!“ stieß er hervor.
„In Ewigkeit Amen“, antwortete ihm freundlich der Mönch, bückte sich und und segnete ihn. Der Büßer verdrehte verzückt die Augen, bedachte Balbino ein weiteres Mal mit dem Kosewort des Franz von Assisi und rutschte davon.
„Bonifatius ist streitbar, unheimlich streitbar“, fuhr der Franziskaner fort. „Also bleibt ganz ruhig, Herr Fabri, lasst Euch nicht herausfordern. Dann ein zweites: Seine Hochwohlgeboren schätzt den Prunk, er braucht Geld, in corpore: viele Livres Tournois, allein um seine prächtigen Bauten bezahlen zu können. Selbst wenn ein Fuder Wein tausend Livres kostete, würde sein Kelch nie leer sein. Überlegt also sorgfältig, Herr, inwieweit sich zur Erlangung unserer Ziele seine Gier befriedigen lässt.“
„Hm, dass es darauf hinausläuft, habe ich mir längst gedacht. Nur, Carcassonne ist nicht Paris. Wir haben keine unbegrenzten Mittel. Warten wir es also ab. Im übrigen habe auch ich gewisse Gerüchte gehört ...“
Der Franziskaner lachte verhalten.
„Wenn Ihr auf seine zahlreichen Verwandten anspielt, die er mit geistlichen Ämtern und kirchlichen Ländereien versieht, so habt ihr sicher nichts Falsches vernommen. Der Heilige Vater fühlt sich unter Berufung auf den Dictatus Papae Gregors VII. ermächtigt, sich Ego Caesar, ego Imperator zu nennen!“
„Man erzählt sich, dass er seine Gegner rücksichtslos exkommunizieren und sie aus der Stadt treiben soll.“
„Es ist eine Schande, jawohl eine Schande“, platzte es nun aus Balbino heraus, wohl lauter als beabsichtigt. „Klug sollte er sein, integer, und Güte sollte er haben, ein Vorbild für uns alle sein. Doch sein Ansehen welkt wie der Klee. In Rom fließen alle Sünden und Laster zusammen, um von ihm auch noch verherrlicht zu werden. Kein Wunder, dass wir der Ketzerei nicht Herr werden.“
„Nun, so beruhigt Euch wieder, Bruder Balbino“, sagte Aimeric gelassen. „Noch ist nicht aller Tage Abend. Unser Vorteil ist, dass wir Bonifatius kennen, doch er weiß nichts von uns.“
„Wenn das nur kein Trugschluss ist, Herr Fabri“, meinte der Mönch nachdenklich. „Als Benedetto Gaetani - so nannte er sich früher - seinen Vorgänger, den angeblich ungebildeten Eremiten Coelestin, zum Abdanken zwang, dachte jedermann, ihn gut zu kennen. Man schätzte ihn über alle Maßen, denn Bonifatius stammte aus einer wohlhabenden, einflussreichen Familie, war Jurist und galt als großer Kenner der römischen Kurie, vor allem in französischen Angelegenheiten. Nach seiner Wahl jedoch kamen die pikanten Einzelheiten ans Tageslicht, mit der er sich ins hohe Amt geschlichen hatte.“
„Wie? Ging es am Ende nicht mit rechten Dingen zu?“
„ In facto “, sagte der Franziskaner und Aimeric bemerkte bei einem kurzen Seitenblick, wie der Mönch ärgerlich das Gesicht verzog. „Sowohl unser Orden als auch etliche Kardinäle erkannten die Amtsniederlegung Coelestins nicht an und somit auch nicht die Legitimität der Wahl Bonifatius`. Und er ... Was glaubt Ihr, Herr Fabri, was jener daraufhin getan hat?“
„Nun?“
„Eingesperrt hat er Coelestin, in den Kerker der Bergfeste Fumone hat er ihn geworfen, unseren ´Engelspapst`, den armen Mann, bis zu seinem Tod - einzig, um seine Ausrufung zum Gegenpapst zu verhindern.“
Nachdenklich umrundeten Balbino und Aimeric Fabri ein letztes Mal das Grab Petrus`, der ein einfacher Fischer gewesen war.
Rixende fiel an diesem Morgen auf, dass sich Benete ungewöhnlich oft und lange in ihrer Nähe zu schaffen machte und ihr obendrein forschende Blicke zuwarf.
„Hast du etwas auf dem Herzen?“ fragte sie die Köchin, als diese in für sie ungewohnter
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