Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
und Römer gespalten ist. Dann ist da der Lebenstil unserer Priester ...“
„Gebt es zu, Nogaret, Ihr denkt in diesem Augenblick an denselben Mann wie Wir. An den Römer ... Doch weiter!“
„Die Katharer meinen, dass den Dingen zwei Prinzipien innewohnen: das Prinzip des Lichts und das Prinzip der Finsternis. Sie beziehen sich dabei auf den heiligen Johannes, der in seinem Ersten Brief sagt: ´Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in Ihm`, folglich auch nicht durch Ihn! Die Finsternis hat deswegen auch nicht teil an dieser Allheit.“
„Meint Ihr damit, dass die Welt geschieden ist, dass es für die Katharer zwei Welten gibt, eine sichtbare und eine unsichtbare?“
„Ja, und jede hat ihren Gott. Die unsichtbare hat einen guten Gott, der die unsichtbaren Seelen rettet, die andere, sichtbare Welt hat den bösen Gott, der die sichtbaren und vergänglichen Dinge schafft.“
„Und den nennen sie Satan.“
„Nicht nur. Sie haben auch noch andere Namen für den Unaussprechlichen und zwar: Rex mundi , der Fürst der Welt; dann ´der ältere Teufel`; ´der fremde Gott` und ´der ewige Feind`.“
„Und worin fehlen die Katharer genau?“ Die Hände in die Hüften gestützt – der König hatte nach langen Reisen oft Schmerzen im Rücken –, lief Philipp auf den Ausgang des dicht belaubten immergrünen Labyrinths zu. Unablässig strichen die Windhunde um seine Beine und winselten, weil es ihnen nicht schnell genug ging.
„Wir haben von Alanus gehört, dass einer ihrer Troubadoure gesagt haben soll: ´Heute noch herrschen die Spitzbuben über uns, doch es wird die Zeit kommen, da die Knechte zum Turnier gehen und die Frauen predigen`.“
Nogaret lachte verhalten.
„Die Frauen predigen! Das waren die egalitären Träumerein eines Peire Cardenal. Er ist längst unter der Erde. Nein, der wahre Grund ihres Irrtums, oder vielmehr die Subversion des ganzen Glaubens liegt darin, dass sie als Prinzip annehmen - wie in den Bekenntnissen fast aller parfaits zu lesen ist –, dass die Seele des Urmenschen ein Teil aus der göttlichen Substanz ist.“
„Das nennen Wir anmaßend.“ Der König war stehengeblieben.
„Sie sagen ebenfalls, dass die menschlichen Seelen nichts anderes sind als die Abtrünnigen Geister, die im Ursprung der Welt aus dem Himmel verbannt wurden.“
„Und dieser Geist oder die Seele – so hat mir auch Alanus erzählt – wandert nun von Körper zu Körper, bis er eines Tages in einem Perfekten angelangt ist. Schon Pythagoras sprach ja von der Seelenwanderung: ´Nicht sterben kann die Seele. Verlässt sie den früheren Wohnsitz, nimmt sie ein neues Haus stets auf, wo wohnend sie fortlebt.` Ist es nicht so?“
„Ja und nein. Die meisten Ketzer unterscheiden zwischen Geist und Seele. Gott hat den Geist der Seele zugeteilt, um jene zu behüten. Und diesen Geist - der im übrigen kommt und geht und nicht ständig im Menschen ist - nennen die Katharer heilig, das heißt standhaft, weil sie mit seiner Hilfe beabsichtigen, bis zum Tode standhaft zu bleiben und sich vom Teufel weder missbrauchen noch verführen zu lassen. Wer standhaft bleibt, braucht auch nicht zu wandern. Er ist erlöst.“
„Sie scheinen Uns nicht ungebildet.“
„Nein, die katharischen Theologen sind sogar äußerst belesen, was man von den Waldensern nicht in jedem Falle behaupten kann.“
„Ihr meint die Anhänger dieses Petrus Waldes zu Lyon, der sein ganzes Hab und Gut verschenkt hat, um barfuß auf den Straßen zu predigen?“
Nogaret lächelte.
„Als Waldes Papst Alexander III. vorgestellt wurde, nahm man einige von seinen Leuten ins Verhör. Sie bestätigten zwar, keine Kirche gegen die Kirche sein zu wollen, zeigten dem Heiligen Vater aber ein in gallischer Sprache geschriebenes Buch, das Texte, Psalter und die meisten Bücher des Alten und Neuen Testaments enthielt, und forderten zugleich, dass man ihnen das Recht zu predigen bestätige. Sie seien genügend erfahren, argumentierten sie, wenngleich sie kaum das Abc gelernt hatten – ähnlich wie Vögel, die der Meinung sind, sie könnten überall frei herumfliegen. Man stellte ihnen daraufhin die leichtesten Fragen, wohl wissend, dass der an Disteln gewöhnte Esel Salat nicht verschmäht: Glaubt ihr an Gott den Vater? Sie antworteten: Wir glauben. Und an den Sohn? Sie antworteten wieder: Wir glauben. Und an den Heiligen Geist? Erneut antworteten sie: Wir glauben. Und an die Mutter Christi? Wiederum sagten sie: Wir glauben. Da lachten die anwesenden
Weitere Kostenlose Bücher