Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
gesenkt.
Rixende versuchte, sich den Mann und sein Verhalten noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Erstaunen hatte in seinen Augen gestanden. Doch worüber? Er hatte sie vorher nie gesehen. Ob sie sich in Gefahr befand? Die Inquisition, der seltsame Mönch, das Einhorn! Hütet Euch vor der Dunkelheit … Und jetzt diese Gerüchte …?
Rixende war beunruhigt.
Und was würde geschehen, überlegte sie rasch weiter, während sie sich ankleidete, wenn trotz aller Vorsicht die Inquisititoren von den „Schneidern“ und „Hausierern“ erführen, die ab und an in der Küche des angesehensten Carcassonner Kaufmanns und Konsuls herumsaßen?
Rixende hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt weder ihren Vater noch ihre Mutter als verstockte Ketzer im Sinne der Inquisition vorstellen können. Sie waren ja keine herumreisenden parfaits gewesen. Es war das Bild der boni christiani – so nannten sich die Katharer selbst -, derjenigen, die überzeugt von ihrem Glauben mutig und zu allem entschlossen die Scheiterhaufen bestiegen, mit dem Rixende ihre Eltern bislang verklärt hatte. Sich selbst jedoch Simon und seinen Glaubensgenossen anzuschließen, das hatte sie vehement abgelehnt, und dabei war es ihr gleich, ob sie nun tatsächlich römisch-katholisch war oder nicht.
„Weißt du eigentlich, ob ich irgendwann getauft wurde?“ hatte sie ihren Bruder einmal gefragt. Der jedoch hatte den Kopf geschüttelt.
„Nein. Wir haben zwar regelmäßig die Messe in Notre-Dame-de-Carnesses besucht, um jeden Argwohn zu zerstreuen, aber von einer Taufe weiß ich nichts. Der Priester von Montaillou gehörte der Clergues-Sippe an, in der viele häretisiert sind. Er kannte Vaters Meinung, dass die Wassertaufe gar nichts bewirke. Und es ist so. Der Glaube allein rettet die Seele, sagen wir Katharer.“
Endlich war Rixende fertig angezogen. Sie eilte die Treppe hinab, denn Castel Fabri hatte an diesem Morgen die frischgebackenen Eheleute in seine Schreibstube gebeten. Rixende erschrak nicht schlecht, als sie Aimeric völlig aufgebracht sagen hörte: „Ich kann mir schon denken, was Ihr von uns wollt, Vater, und, gelinde gesagt, ich bin nicht wenig verärgert, weil Ihr bereits vor der Hochzeit Patrice über gewisse Pläne informiert, mich dagegen im ungewissen gelassen habt.“
Rixende zögerte einzutreten.
„Komm nur herein, Rixende“, sagte Aimeric. „Unser Streit hat nämlich ausschließlich mit dir zu tun, nicht wahr, Vater?“
Fabri nickte und erklärte ihr, dass er, um seinen Sohn zu entlasten, daran gedacht habe, ihr die Führung der Geschäftsbücher anzuvertrauen. „Elias Patrice ist ein Plappermaul. Ich habe ihn nur um seinen Rat gebeten“, entschuldigte er sich. „Und da hat er sofort ...“
„Wirklich, Rixende, ich könnte jegliche Hilfe brauchen“, unterbrach ihn Aimeric ungeduldig. „Es handelt sich um eine doppelte Buchführung, die je eine Spalte für Soll und für Haben vorsieht, so dass unser Kontostand jederzeit überprüft werden kann. Und dass du gut mit Zahlen umgehen kannst, habe ich bereits gemerkt.“
„Außerdem könntet Ihr dann Eurem Gatten auf die Finger klopfen, wenn er Euer Vermögen und das Eures Bruders schlecht verwaltet“, meinte der Alte mit einem spöttischen Blick auf seinen Sohn.
„Ich will diese Arbeit gerne machen“, sagte Rixende eifrig zu Castel Fabri. „Aber auch wenn der Ehevertrag mich gut absichert, ist der größte Teil meines Vermögens mit der Einheirat in das Haus Fabri zu dem Euren geworden. Wenn die Geschäfte eines Tages schlecht gehen, kann mein Gatte darauf zurückgreifen. Simons Anteil bitte ich allerdings unangetastet zu lassen.“
„Das ist auch uns ein Anliegen, Rixende“, erwiderte Fabri ernst. „Doch ich muss Euch in diesem Zusammenhang etwas ans Herz legen. Geht keinerlei Wagnis ein, um Euren Bruder zu treffen. Dieser dreiste Saint-Georges! Entweder hat er auf Euch ein Auge geworfen, oder er will über Euch zu Eurem Bruder gelangen! Ich beobachte seine Blicke in der Kathedrale schon eine ganze Weile. Ein unverschämter Kerl!“
„Ja, der Mann macht mir angst, seit ich hier angekommen bin. Ich weiß nicht … Hab ich vielleicht etwas falsch gemacht?“
Rixendes Stimme zitterte, und Aimeric nahm seine Frau in den Arm, um sie zu beruhigen.
„Nein, nein, meine Liebe. Es liegt nicht an dir. Saint-Georges hat nun einmal diese Art, Frauen anzusehen. Du bist nicht die einzige, die er mit seinen Blicken verschlingt.“
„Es ist der Bruder!“ warf der alte Fabri
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