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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Ruhe? Und seit wann dachte er mit dem Herzen statt mit dem Kopf und machte sich Sorgen um das Seelenheil einer schönen Frau? Wurde nicht alles, was in der Liebe möglich war, zu allen Zeiten getan?
    In der Liebe?
    Wie seltsam war doch manchmal die menschliche Natur. Kopfschüttelnd und ziemlich ärgerlich über sich selbst zog er die Läden zu und verließ das Arbeitszimmer. Auf der Wendeltreppe schrie er nach dem Protokollanten, um, von jenem gefolgt, über den schmalen Wehrgang zum Turm der Inquisition zu eilen, den sie schließlich durch die geheime Tür betraten. Dort wartete der verstockte Ketzer Calveries auf sein Verhör.
    Und der Inquisitor wusste, dass er zumindest in seinem Fall bald eine Entscheidung fällen musste.

    Calveries war nur noch ein Schatten seiner selbst.
    „Wisst Ihr, warum Ihr hier seid?“ fragte der Inquisitor barschen Tones und ohne jegliches Anzeichen, dass er den Inhaftierten persönlich kannte. Das eine hatte schließlich mit dem anderen nichts zu tun.
    „Es würde mich freuen, von Euch den Grund zu erfahren, Herr“, antwortete leise und höflich der Mühlenbesitzer von Albi, dessen Wortwahl seine Bildung verriet.
    „Ihr werdet beschuldigt, ein Ketzer zu sein, anderes zu glauben und zu lehren als die Heilige Kirche. Nun, verhält es sich so?“
    „Der Herr ist mein Zeuge, dass ich niemals einen anderen Glauben bekannt habe als den des wahren Christentums. Ich glaube alles, was ein Christ glauben muss. Lieber sollen mich die Flammen verzehren, als dass ich gestehe, eine Ketzer zu sein!“
    „Die Flammen“, höhnte jetzt der Inquisitor, „die Flammen des Scheiterhaufens sind nicht das Schlimmste, das Euch bevorsteht, Calveries. Der Höllenschlund ist es, das ewige Feuer für alle, die sich gegen die Heilige römische Kirche entscheiden, wenn Ihr Euch weigert, abzuschwören.“
    Auf Calveries Gesicht zeichneten sich rote Flecken ab. Seine Kiefer mahlten. Die Hoffnung, dass Saint-Georges ihm jetzt die Freundlichkeiten vergalt, die er über Jahre dem Kloster erwiesen hatte, war beträchtlich gesunken. Wie konnte er sich nur so getäuscht haben! Da brach es aus ihm heraus:
    „Ihr Pfaffen seid es doch, die über Honig und Galle befinden!“
    „Ja, und wir irren selten, mein Freund“, erwiderte Saint-Georges ungerührt – und zum Kerkermeister gewandt: „Auf die Streckbank mit ihm!“
    Der Kerkermeister schritt auf den Angeklagten zu und packte ihn am Arm.
    „Nein“, keuchte Calveries angsterfüllt und schüttelte den Folterknecht ab. „Nein, Herr! Nicht die Folter, nicht die Streckbank! Habt doch Erbarmen!“
    „Habt Ihr endlich den Mut zu gestehen! Seid Ihr ein Ketzer? Wer sind Eure Komplizen? Habt Ihr Kenntnis über den Notar Pierre Authié, über Amiel de Perles, andere Ketzer oder der Ketzerei Verdächtige in Eurer Stadt? Antwortet endlich.“
    Schlag auf Schlag waren die Fragen gekommen.
    Doch Calveries schüttelte voller Verzweiflung den Kopf.
    „Ich bin kein Ketzer, Herr Inquisitor, ich habe keine Komplizen, und ich kenne auch diejenigen nicht, die Ihr Authié und Perles nennt. Daher kann ich der Häresie auch nicht abschwören.“
    „Du willst also nicht gestehen und nicht abschwören, du willst von nichts wissen, niemanden kennen“, sagte der Inquisitor gefährlich leise, „und du willst auch nicht auf die Streckbank – willst du wenigstens hören, was mir deine Frau erzählt hat?“
    „Ihr habt meine Frau verhört, Herr?“ Calveries hob überrascht den Kopf.
    „Ja, deine Frau, die schwer erkrankt ist und sich große Sorgen um dich macht. Sie sagt ... nun, wo hab ich nur das Blatt ... Ach, hier ist es!“ Saint-Georges zog das Pergament heraus, mit dem Text, den er soeben im Justizturm entworfen hatte.
    „´Mein Mann Guilheme hatte nur eine einzige Begegnung mit Katharern, das war, als er vor unserem Haus einen parfait grüßte, doch er wusste nicht, dass es ein parfait war.’
    Nun, was habt Ihr dazu zu sagen?“
    Calveries sah den Inquisitor erstaunt an. Er wusste, dass dies niemals die Worte seiner Frau waren. Wollte Saint-George ihm damit eine Brücke bauen? Sollte er auf sein Spiel eingehen? Aber welche Antwort erhoffte sich der Inquisitor? Er warf einen kurzen fragenden Blick auf den Protokollanten und einen weiteren auf den Büttel, dann blickte er dem Inquisitor direkt in die Augen.
    „Das ist gut möglich, Herr“, sagte er zögerlich, wobei seine Oberlippe auffällig zuckte. „Aber macht man mir hier zum Vorwurf, dass ich höflich

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