Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)
Was sagen die Leute über mich?“ Rixende war sich nicht bewusst, irgendwann oder irgendwo eine Taktlosigkeit begangen zu haben, aber bei den Städtern konnte man nie wissen.
Auf Benetes Stirn erschienen plötzlich Schweißperlen, obwohl es recht kühl war an diesem Morgen.
„Man sagt, dass Ihr eine von ... denen seid, weil Ihr bei Eurer Hochzeit kein Fleisch gegessen hättet“, platzte es nun aus ihr heraus.
Jetzt legte Rixende den langzinkigen Kamm zur Seite und sprang auf.
„Eine von denen? Du meinst die Katharer, Benete?“
Die dicke Frau nickte. Auf ihren Backen erschienen kreisrunde rote Flecken.
Wäre Rixende des ernsten Gespräches mit Mengarde und auch ihres Bruders wegen nicht so beunruhigt gewesen, hätte sie über diesen Verdacht nur lauthals gelacht. So sagte sie:
„Diese Neunmalgescheiten! Dass ich selten Fleisch esse, liegt an meinem schwachen Magen, der mich, vor allem wenn ich aufgeregt bin, heftig schmerzt. Und darf eine Braut an ihrem Hochzeitstag nicht aufgeregt sein? Sag selbst, Köchin?“
Benete nickte. „Natürlich. Jeder Frau geht es so.“
„Na siehst du! Weshalb hast du mich dann nicht in Schutz genommen vor den Leuten, die solches behaupten? Du hast mich doch schon Fleisch essen sehen, hier im Hause, oder etwa nicht? Du kochst, trägst auf, beobachtest und hörst alles. Ich verstehe dein Verhalten nicht.“
Die Köchin, die für ihr flinkes Mundwerk bekannt war, sah beschämt zu Boden.
„Es tut mir leid“, sagte sie leise und starrte auf Rixendes Füße. „Ich ... ich hatte gedacht ... ich hatte eigentlich anderes von Euch hören wollen, Herrin.“
„Anderes? Du sprichst heute wahrlich in Rätseln. Sieh mich an!“ Langsam wurde Rixende ärgerlich.
„Ach“, klagte Benete und hob die Hände in die Höhe. „Es lastet eine große Sorge auf meiner Seele, Herrin, weil ich Euch so lange im ungewissen über mich und meine Leute gelassen habe. Kurzum: Ich selbst gehöre den Katharern an – und obendrein das ganze Gesinde. Und ich ... ich dachte, Ihr gehört auch zu uns, weil ihr ... nun, damals in der Küche, der alte Hausierer ... man hätte den Eindruck gewinnen können, als wüsstet Ihr Bescheid.“
Jetzt plötzlich sah Rixende die Szene wieder vor sich.
„Der Mann war ein parfait? Du und das Gesinde, ihr alle seid Katharer?“ Rixende war entsetzt.
Benete nickte.
„Aber du besuchst doch die Heilige Messe – wie willst du da eine Ketzerin sein?“
„Der Herr Fabri hat uns strengste Auflagen gemacht, was unser Verhalten in der Öffentlichkeit angeht. ´Unser Haus darf zu keiner Zeit in Verdacht geraten`, sagt er uns immer wieder, und ´wer sich nicht an meine Vorschriften zu halten gedenkt, hat hier nichts mehr zu suchen.` Wir schlachten also die Hühner, wir gehen zur Messe, und wir halten unseren Mund.“
„Da tut ihr recht. Die Inquisition hat ihre Augen und Ohren überall. Aber an dem Gerücht, das du über mich gehört hast, ist kein wahres Wort, und ich bitte dich, mich in Zukunft vor den anderen zu verteidigen.“
Benete wirkte betreten. „Es tut mir leid. Ich habe mich getäuscht ...“
„Schon gut. Es war richtig, dass du ein offenes Gespräch mit mir gesucht hast. So kann ich meine Überraschung im Zaum halten, wenn ich euch wieder einmal bei einer heimlichen Zusammenkunft mit eurem parfait antreffen sollte.“
Benete wandte sich zum Gehen. An der Tür jedoch drehte sie sich noch einmal um:
„Sagt Eurem Gatten, Herrin, dass dieses Gerücht von den Dienern des Konsuls Martell ausgestreut wird. Mein kleiner Aimeric muss davon wissen ...“
Rixende dachte einige Zeit über einen möglichen Verrat aus den Reihen des Senats nach, bevor sie fortfuhr, sich die Haare zu kämmen, sie zu flechten und so aufzustecken, dass die Haube, die sie seit ihrer Hochzeit zu tragen pflegte, einen ordentlichen Stand hatte. Aimeric hatte ihr beiläufig erzählt, dass ihn einer nicht gewählt hatte.
Ob es dieser Martell war? Doch weshalb war er den Fabris feindlich gesinnt? Und warum streuten er oder seine Bediensteten falsche Gerüchte über sie aus?
Bei der Hochzeit war ihr dieser Konsul vorgestellt worden. Olivier Martell, ein kleiner drahtiger Mann, mit schulterlangem Haar und übertrieben eleganter Kleidung, hatte sie freundlich begrüßt und beglückwünscht. Der Blick jedoch, mit dem er sie beim Abschied gestreift hatte – er hatte das Fest kurz nach dem Vorfall mit dem Inquisitor verlassen -, war seltsam gewesen. Unwillkürlich hatte sie ihre Augen
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