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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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aufgebracht, klappte das Buch zu und begann im Zimmer auf und ab zu laufen.
    „Unschuldig! Mahlzwang! Erzählt mir doch nicht Äsopens Fabelmärlein! Wenn Calveries nein sagt, so meint er ja. Er ist so schuldig wie das andere Volk auch. Sie scheißen alle durch das gleiche Loch! Mahlzwang. Ha, dass ich nicht lache! Schaut endlich zu, dass Ihr zu einem Geständnis kommt. Die Kerle müssen brennen. Wer weiß, was der Senat von Carcassonne ausheckt. Olivier Martell hat angedeutet, dass man sich an den König wenden will. Und da kommt Ihr mir mit Euren Unschuldslämmern!“
    „Aber vielleicht ist Calveries tatsächlich ein weißes Lamm unter all den schwarzen.“
    Abbéville sah ihn böse an. Saint-George geriet ins Schwitzen, doch er wollte es wenigstens noch ein einziges Mal versuchen.
    „Verzeiht, Bruder Nikolaus, es hat nichts mit meiner Wertschätzung Euch gegenüber zu tun, wenn ich Euch in diesem einen Fall so nachdrücklich widerspreche. Ich wäre jedoch ein schlechter Inquisitor, redete ich Euch nur ständig nach dem Mund. Steht nicht schon im römischen Recht geschrieben: Nemo Praesumitur malus nisi Probetur – Niemand wird als Übeltäter vermutet, es sei denn, es wird bewiesen? Wir können doch nicht aus Angst davor, dass der Senat sich an den König wendet, das Recht beugen! Außerdem hat Calveries zwei Söhne, die über jeden Zweifel erhaben sind. Ich kenne sie gut.“
    „Und ich entgegne Euch: Qui suo iure utitur, nemini facit iniuriam – Wer sein Recht anwendet, tut niemand Unrecht! Bruder Fulco, Ihr seid mir ein wahrer Trutzhahn heute! Habt Ihr einen Narren an dem Mehlwurm gefressen? Wenn es Euch so schwerfällt, den Alten zu überführen, so zeichnet eben einen Sündenbaum, wie ich es Euch gezeigt habe. Ein faules Zweiglein, eine winzige Unterart der Sünde wird sich sicher entdecken lassen bei Calveries, keiner ist ohne Fehl. Was die Söhne angeht, so könnt Ihr beruhigt sein.“
    Abbéville war endlich stehengeblieben und schlug jetzt seinerseits einen gönnerhaften Ton an.
    „Sie erhalten selbstverständlich die Absolution, wenn sie von sich aus gestehen, dass ihr Vater ein übler Ketzer war. Für sponte comparentes haben wir ein Herz. Das Vermögen allerdings fällt an die Kirche. Punktum.“
    Nun rauschte er hinaus und ließ seinen Verweser in beträchtlicher Unruhe zurück.

    Vierzehn Angeklagte hatte Saint-Georges inzwischen verhört, und vierzehnmal hatte er die Männer schuldig gesprochen, obwohl er bei einigen ebenfalls in leichtem Zweifel gewesen war. An die Schuld des Cellerars hatte er allerdings die ganze Zeit über geglaubt, obwohl der Mönch zu Anfang geleugnet und es sogar einmal gewagt hatte, auf ihn loszugehen und ihn einen elenden Verräter zu schelten. Polignac hatte seine liebe Not gehabt mit dem Mann und ihn schließlich in Eisen gelegt. Nach dem fünften Verhör und einigen kleineren Torturen hatte Bruder Henricus klein beigegeben. Eine jämmerliche Gestalt war aus ihm geworden. Wie weggefegt waren plötzlich Aufsässigkeit und Arroganz. Ja, er war zum Schluss sogar vor Saint-Georges auf die Knie gesunken und hatte um Gnade gewinselt. Nicht nur hatte er gestanden, ein Anhänger der Averroisten zu sein und in der Tat die Schriften des Siger von Brabant gelesen zu haben, sondern er hatte auch den feigen Mord an Bruder Berthold zugegeben. Ein Pilzgericht hätte er ihm verabreicht, aus Wut über seine ewigen Sticheleien, giftige rote Schleierlinge. Es war also absolut richtig und wohl Gottes Wille und nicht Eigenmächtigkeit gewesen, den Cellerar auf die Liste der Verdächtigen zu setzen.
    Bei Calveries jedoch lag die Sache anders.
    Weshalb nur war in diesem Fall Bruder Nikolaus so halsstarrig? Er selbst war doch bereits mehrere Male mit dem Bischof im Streit gelegen. Mit solchem Verhalten erwies er der Kirche einen schlechten Dienst. Die Inquisition, von der das Volk sagte, sie beherrschte aufs feinste die „Kunst des Lügens“, wäre um Längen überzeugender, dachte der Inquisitor ärgerlich, wenn sie - selbstredend nur bei wirklich berechtigtem Zweifel – ab und an jemanden als freien Mann nach Hause schicken würde. Abbéville behauptete zwar ständig, dass niemand ohne ordentliches Verfahren oder klare Beweise verurteilt würde, aber viele Beweise bestanden aus Geständnissen, die durch strenge Folter erwirkt wurden. Die Leute kamen auf die Streckbank, man ließ sie mit Gewichten behängen, bis ihre Gelenke auskugelten, Zähne oder Fingernägel wurden ihnen

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