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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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selbst aufpassen.
    Heftig schüttelte ich den Kopf. Orla lehnte immer noch an dem in die Deichmauer einbetonierten Geländer und sah hinunter, kühl wie das maschinengewehrgraue Meer. Es ging mir schon besser, wenn ich sie nur ansah.
    Plötzlich fiel mir etwas auf, und die Worte gelangten auf meine Zunge und stürzten sich aus meinem Mund.
    »Du bist so stark«, sagte ich. »Ich kann keine zerbrechlichen Leute mehr ertragen. Man berührt sie und sie zerbrechen. «
    Orla wandte sich zu mir. Einen Augenblick lang sah sie mir ins Gesicht, dann fuhr sie mit einer Fingerspitze über die gerade Linie meiner Augenbrauen.
    »Ich werde nicht zerbrechen.«
    »Nein.«
    Mit einem Blick auf den Horizont erklärte sie: »Ich muss jetzt nach Hause.«

    »Warum?« Ich war plötzlich bitter enttäuscht. »Ich dachte, deine Mutter arbeitet?«
    Sie löste sich von mir, nahm ihren Kaugummi mit Daumen und Zeigefinger aus dem Mund und ließ ihn in die schwappenden grauen Wellen fallen.
    »Komm mit«, forderte sie mich auf.

23
    Wenn ich davon geträumt hatte, Orla Mahon zu küssen, war sie immer größer gewesen als ich. Ich weiß, dass es nicht so war, nicht einmal mit hohen Absätzen, aber ich hatte mir immer vorgestellt, auf Zehenspitzen stehen zu müssen, um an ihren Mund zu kommen. Vielleicht lag es daran, dass ich so eingeschüchtert von ihr war. Glücklicherweise war es im richtigen Leben anders, ich war einige Zentimeter größer als sie.
    Zumindest in der Vertikalen. In der Horizontalen passten wir perfekt zusammen.
    Es lief nicht wie in meinen Träumen. Es hatte nichts Wildes oder Verrücktes. Sie bewegte sich mit mir wie eine Erweiterung meines eigenen Körpers, warm, intensiv und elektrisierend. Ich konnte sie überall spüren: in meinen Knochen, im Rückenmark und bis in die Fingerspitzen. Es zuckte und zerriss mich, als würde ich nie wieder ein Ganzes werden, und ich weiß, dass sie genau das Gleiche spürte, denn es gab einen Moment, in dem wir ein und dieselbe Person waren.
    Anschließend stützte ich mich über ihr auf meine Fäuste und sah ihr in die matt zinnfarbenen, Nordsee-im-Winterfarbenen
Augen. Ich hatte Angst, den Mund aufzumachen, weil ich fürchtete, zu klingen wie James Blunt, daher presste ich die Lippen aufeinander und sagte gar nichts.
    Ich vermied es, auf die Uhr zu sehen, weil sich die Zeiger zu schnell bewegt haben könnten. Ich wollte ihr zerwühltes Einzelbett nicht verlassen, wollte meine steifen Arme neben ihr nicht wegnehmen, weil ich sie für immer so dort behalten wollte. Nicht dass sie versucht hätte zu flüchten. Sie legte ihre Handflächen an mein Gesicht und sah mich an, ruhig und intensiv. Ich neigte meinen Kopf erst in die eine, dann die andere Richtung, nach ihrer Berührung lechzend wie ein treuer Hund, weil ich es liebte, wie ihre schwarzroten Fingernägel an meinen Ohren kratzten. Ich war unendlich dankbar, wie ein Streuner, der ein Zuhause gefunden hatte, und dennoch wirkte sie nicht überlegen. Auch sie sah aus, als hätte sie ein fehlendes Teil gefunden. Ein weiterer Schauer durchlief ihren Körper, und auch ich erschauderte. Ich wünschte, ich müsste nicht gehen. Beim Gedanken an das Paralleluniversum, in das ich zurückmusste, schauderte ich erneut, und Orlas Hände schlossen sich fester um mein Gesicht. Lächelnd ließ sie ihre Hände in meinen Nacken gleiten und zog mich sanft zu sich herunter.
    Ich lag auf der Seite, einen Arm besitzergreifend über ihren Körper gelegt, die Hand auf ihrem Oberarm, wo ich die Muskeln unter ihrer weichen Haut spüren konnte. Sie sah zur Decke, ein leises Lächeln in den Mundwinkeln.
    »Und?«, fragte ich, »wirst du mich morgen noch respektieren? «
    Sie stieß ein kleines, wenig elegantes Grunzen aus.

    »Du bringst das Weichei in mir zum Vorschein«, fügte ich hinzu.
    »Ich weiß.« Ihr Lächeln wurde breiter, dann wandelte es sich in ein nachdenkliches Stirnrunzeln. »Vielleicht sollte ich das Baby Aidan nennen. Mum wäre zwar anfangs dagegen, aber am Ende würde es ihr doch gefallen. Was hältst du davon?«
    Oh Gott. Jetzt lief es mir kalt über den Rücken und zwar aus mehr als einem Grund. »Äh«, stieß ich hervor.
    Das Stirnrunzeln verschwand, als sie sich lachend zu mir auf die Seite rollte. Es war ein schönes Geräusch. »Du kannst weiteratmen, du Depp! Das wäre doch dämlich, oder?«
    Auch ich lachte und es klang wie ein erleichterter Seufzer.
    »Also pass mit den Kondomen auf«, fügte sie hinzu. »Reiß das nächste nicht mit

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