Rob - Toedliche Wildnis
Einschätzung leben können.«
Cat blieb einen Moment stehen, ging dann aber sofort weiter. »Marie Claire ist deine Mutter?«
»Ja, und meinem Vater gehört eine ziemlich große Kaufhauskette. Für ihn sind Hubschrauber und Privatjet tatsächlich ganz normale Verkehrsmittel. Aber ich betone es gerne noch einmal. Es sind meine Eltern, die etwas mehr Geld haben als der Durchschnittsamerikaner, nicht ich.«
»Na, über das ›etwas mehr‹ könnte man streiten.«
Damit wusste er immer noch nicht, ob seine Familie ein Problem für sie war. »Kannst du denn damit leben?«
19
Cat wollte die Frage schon lässig abtun, als sie bemerkte, wie wichtig Rob die Antwort war. Diese männliche Logik würde sie nie verstehen. Er hatte sich doch seine Eltern nicht ausgesucht. Und selbst wenn sein Vater sich als Dschingis Khan persönlich entpuppt hätte, wäre es immer noch Rob, zu dem sie sich hingezogen fühlte. Eigentlich war es erstaunlich, dass sie ihn innerhalb der kurzen Zeit schon so gut kannte, aber andererseits befanden sie sich in einer ungewöhnlichen Situation. Schon während ihrer Militärzeit hatte Cat bemerkt, dass eine gemeinsam überstandene Gefahr ein enges Band zwischen den Beteiligten schmiedete. Vielleicht war es mit der gegenseitigen Anziehungskraft doch vorbei, sobald sie in Sicherheit waren. Schon der Gedanke grenzte an Selbstbetrug, denn zumindest sie war sicher, dass Rob auch in seiner normalen Umgebung nichts von seinem Charme verlieren würde. Erschrocken stellte sie fest, dass Rob plötzlich eine gewisse Resignation anzumerken war. Viel zu spät wurde ihr bewusst, dass sie lange geschwiegen und er das offenbar falsch verstanden hatte.
»Entschuldige, ich habe gerade an etwas anderes gedacht. Also ganz offiziell, Anwalt, mir ist deine Familie völlig egal.« Das klang auch irgendwie nicht richtig. Anscheinend konnte sie sich in seiner Gegenwart nicht mehr normal ausdrücken. »Ich meine damit nicht, dass sie mir egal im Sinne von gleichgültig ist, sondern du bist es, der mich interessiert.«
Der Ansatz seines Grinsens blitzte auf. »Gut, ich glaube, ich habe verstanden, was du meinst.«
Die nächsten Meter legten sie schweigend zurück. Aber Robs Anspannung war beinahe mit Händen greifbar. Leider fiel ihr nichts ein, womit sie ihn von der Angst um seine Brüder ablenken konnte. Der einzige Ausweg war, sich möglichst schnell am Absturzort zu vergewissern, dass niemand aus seiner Familie betroffen war. Wie das funktionieren sollte, wenn die Insassen eventuell bis zur Unkenntlichkeit verbrannt waren, wusste sie jedoch nicht. Aber diesen Punkt würde sie nicht ansprechen, obwohl Rob vermutlich selbst schon darüber nachdachte.
Dank ihres Tempos erreichten sie die Kurve, hinter der die Männer, die sie verfolgt hatten, verschwunden waren, schneller als erwartet. Cat sah keinen Grund, langsamer zu werden. Umso überraschter war sie, als Rob stehen blieb. »Warte kurz.«
Ohne sich mit einer Erklärung aufzuhalten, sprintete er los, verließ nach wenigen Metern den Weg und kletterte einige Felsen hinauf. Im ersten Moment wollte sie ihm folgen, aber er würde sie kaum ohne Grund aufgefordert haben zu warten. Ihre Geduld wurde schon nach wenigen Augenblicken belohnt. Rob rutschte in einem abenteuerlichen Stil die Felsen wieder herunter und hielt dabei etwas in der Hand. Seine Miene verriet nichts Gutes.
Er reichte ihr den Kasten, der die Größe einer Zigarettenschachtel hatte, und sie erkannte dessen Funktion sofort. In der Vergangenheit hatte sie Geräte dieser Art selbst schon zur Überwachung eingesetzt. Eine Kamera mit verdammt guter Linse, einem starken Akku und einer kleinen Antenne für die Übertragung der Bilder an einen unbekannten Ort. Das war überhaupt nicht gut und erklärte Robs grimmigen Gesichtsausdruck.
»Die gute Nachricht ist, dass sie weiterhin nichts von dir wissen, weil du hinter mir gegangen bist und damit außerhalb des Kamerawinkels gewesen sein müsstest. Aber ich habe das Ding zu spät bemerkt. Von mir dürften sie einige nette Aufnahmen haben und wissen, dass ich auf dem Weg zu ihnen bin. Wir sollten hier verdammt schnell verschwinden, mit den Quads werden sie vom Haus aus nicht allzu lange brauchen.«
»Dann ab zu den Bäumen da hinten und danach querfeldein zur Absturzstelle.«
»Ich habe befürchtet, dass du das sagst. Also, auf in den Urwald.«
Robs Nervenstärke nötigte ihr Respekt ab. »So schlimm wird es nicht. Wir sind deutlich höher als heute Morgen, damit
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