Robbers: Thriller (German Edition)
Sozialamts. »Du musst ihnen das Daumenlutschen abgewöhnen.«
»Ich weiß.«
»Es ruiniert ihre Zähne«, sagte Eddie. »Mein Cousin Earl hat alle seine Zähne verloren und konnte bloß noch Haferbrei essen. Er war ein dürrer kleiner Bastard. Und nervös.«
»Sie tun’s ja auch nur, wenn sie nervös sind«, entgegnete Della. »Das ist ja der Grund, warum sie es tun.«
»Und weshalb sind sie nervös?«
»Hast du in letzter Zeit mal einen Blick auf die Welt geworfen, Eddie? Du müsstest dir bloß mal die Nachrichten anschauen.«
Eine Weile dachte er über ihre Antwort nach. »Bist du sicher, dass du nicht hier vorn sitzen willst?«
»Nein, aber trotzdem danke. Willst du hier hinten sitzen?«
Eddie kniff ein Auge zu und zog eine Grimasse. »Nee, das würde irgendwie komisch aussehen. Als ob wir’ne Limousine gemietet hätten oder so was. Wir wollen doch keine Aufmerksamkeit erregen.«
»Das müsst ihr wissen. Ihr seid die Experten.«
Della nahm eine Bürste aus ihrer Tasche, zerrte das rote elastische Band vom Kopf, bürstete ihre Dauerwellen nach hinten und machte das Band wieder fest. »Der Wind bringt meine Frisur ganz durcheinander.« Sie kämmte die Fransen in ihrer Stirn nach vorn. »Ich werde meine Kinder vermissen.«
»Klar«, sagte Eddie. »Die sind echt süß. Trägt deine Mama eigentlich’ne Perücke?«
Della kicherte. »Ich werd ihr nicht sagen, dass du danach gefragt hast.«
»Dann lass es bleiben.«
»Sicher lass ich es bleiben. Sie ist ziemlich empfindlich, wenn es um ihre Haare geht. Ich hab’s selbst gemacht. Professionelle Arbeit.«
Della verstummte. Dann bemerkte sie, dass Ray Bob sie im Rückspiegel musterte. Er wirkte argwöhnisch. Sie rutschte ein Stück zur Seite, aus seinem Blickfeld heraus. »Ich hab euch noch gar nicht erzählt, dass ich auf der Kosmetikschule war. Natürlich nur, um was in der Hinterhand zu haben. Als Absicherung. Falls aus meiner Modelkarriere nichts geworden wäre.«
»Das war’ne clevere Idee«, erklärte Eddie. Er beugte sich vor, schnappte sich eine Fünf-Dollar-Rolle Zehner aus seinem Plastikbeutel und reichte sie Ray Bob. »Umso besser, dass es geklappt hat.«
»Was willst du damit sagen?«
»Nichts.«
»Sicher?«
»Hab ich doch gesagt.«
»Es klang, als ob du etwas andeuten wolltest.«
»Ich kann nichts dafür, wie es klang.«
»Ich kann nämlich Gedanken lesen.«
»Gut, dann mal los.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob du es wirklich wissen willst.«
»Wenn ihr verdammt noch mal eine beschissene Sekunde lang die Fresse halten würdet«, fuhr ihnen Ray Bob ins Wort, »dann könnte mir verdammt noch mal jemand sagen, wie ich aus diesem Scheißviertel hier rauskomme.«
»Herrgott«, sagte Della. »Du weißt wahrhaftig, wie man sich ausdrückt. Fahr hier weiter, dann links, dann ein Stück weiter noch mal links auf den Highway. Die Alvin Sugar Land Road.«
»Gut. Gibt’s da auch irgendwo’ne verdammte Tankstelle?«
»Klar.«
Sie nahm einen roten Lippenstift heraus und formte den Mund zu einem großen O.
»Jede Menge.«
20
N achdem seine Arbeit in Brookshire beendet war und Chief Wharton sich bereit erklärt hatte, die Fingerabdrücke zum Labor in Austin bringen zu lassen, klingelte das Handy. Es war Moline.
»Ja?«
»Sie haben wieder zugeschlagen.«
»Aha.«
»In Manvel.«
»Unten bei Corpus?«
»Nein, südlich von Houston. Vor nicht mal einer Stunde.«
»Tatsächlich?«
Rule stand auf der Zufahrt der Exxon-Tankstelle, ein Stück von Chief Wharton und Lomax entfernt. Er schüttelte den Kopf in ihre Richtung, um zu signalisieren, dass es um nichts Wichtiges ging. Unter Nicken und gelegentlichem »Hm, hm« schlenderte er zur Seite des Gebäudes, von wo er einen Blick auf den Lagerschuppen und das angrenzende Weide- und Farmland hatte. Über dem blassgrünen Gras und den schwarzen Furchen der gepflügten Felder flimmerte die Luft vor Hitze.
»Manvel«, sagte er. »Wo genau liegt das?«
»Gleich nördlich von Alvin. Highway 6.«
»Also schlagen sie einen Bogen um Houston herum.« Rule schwieg einen Augenblick. »Auf dem Weg nach Galveston.«
»Vielleicht.«
»Das ist gut. Auf der Insel kann man sie in die Enge treiben.«
»Vielleicht, vielleicht aber auch nicht«, sagte Moline. »Sie könnten auch den Weg die Küste runter nehmen.«
»Sag mir alles, was du weißt.«
Moline erklärte, er habe gerade einen Anruf von einem Staatspolizisten aus dem Brazoria County erhalten. »Er hat über Funk erfahren, dass dort unten
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