Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt
sie nicht erst aufzustehen. Sie zogen den Stöpsel aus dem Schlauchende und ließen ihre Becher wieder voll laufen. Tolle Erfindung, was?«
»Mhm-m, es geht so«, sagte Robbi vorsichtig. Als Roboter waren ihm wesentlich kompliziertere Erfindungen bekannt.
»Diese ›Weinleitung‹ ist für die damalige Zeit schon eine sehr ordentliche Erfindung«, nahm Tobbi Pollys Partei. Als Erfinder wusste er solche Sachen richtig zu würdigen.
»Wenn ich mir die großen Becher anschaue, müssen die alten Ritter einen ungeheuren Durst gehabt haben«, bemerkte Robbi kopfschüttelnd.
Vorsichtig nahm er einen Lederbecher in beide Hände. Kaum hatte er ihn ein wenig hochgehoben, da zerfiel der Becher zu Staub, der wie feiner, grau brauner Pulverschnee auf die Tischplatte herabrieselte.
»Habt ihr das gesehen!?«, rief der kleine Roboter ganz laut. Und vor lauter Überraschung klopfte er mit der Spitze eines Eisenfingers auf den Tisch.
Aber was war das ... ? Als hätten sie nur darauf gewartet, lösten sich von der leisen Erschütterung die zwölf anderen Becher ebenfalls in Staub auf. Doch noch nicht genug. Wie von Geisterhand bewegt, löste sich auch das Fass von seinen Ketten und fiel senkrecht mitten auf die Tischplatte, um dort langsam in sich zusammenzusinken. Das alles geschah, ohne dass man außer Robbis Fingerklopfen auch nur einen einzigen Laut hörte. Dreizehn kleine und ein großer Staubhügel blieben von der »Ritter-Erfindung« übrig, dazu noch drei schlaff herunterhängende Kettenenden und ein heiler, runder Tisch. Ein Tisch, der einstmals aus Steineiche angefertigt worden und so zäh war, dass ihm selbst die Jahrhunderte nichts anhaben konnten.
Tobbi und Robbi brachten vor Erstaunen kein Wort hervor und selbst Polly MacMouse sagte nicht »piep«.
Schließlich meinte Tobbi bedauernd: »Schade, dass alles kaputt ist. Ganz sicher hätten sich einmal die Altertumsforscher dafür interessiert.«
»Wer kann auch ahnen, klick«, sagte Robbi ärgerlich, »dass die Dinger so morsch sind. Ich habe doch nur so eben mit den Fingerspitzen aufgeklopft.«
»Man lernt nie aus!«, piepste Polly MacMouse weise.
Schnell malte Tobbi wieder ein Kreidekreuz vor die »Ritter-Trinkstube«. Dann führte sie ihr Weg durch einen Gang, der im Zickzack verlief.
Als sie bis zur dritten Ecke gekommen waren, rief Robbi: »Da! Ghosty!«
»Schnell!«, flüsterte Polly. »Sonst entwischt er uns wieder.«
Ghosty lugte um die nächste Ecke. Sein Gespensterkopf, der im Augenblick ganz vernünftig auf seinen Schultern saß,, glänzte in einem wohlwollenden Gelb. Beschwörend hob er die grün schimmernden Hände und raunte:
»Ich bin hier, um euch zu warnen. Es wird gefährlich für euch!« Ghosty zeigte aufgeregt hinter sich in das Dunkel hinein. »Schon zu spät! Sie kommen! Oh, ›er‹ hat sie verzau...« Ghosty schlug sich erschrocken auf den Gespenstermund und verschwand blitzschnell um die Ecke.
Nur einen Augenblick lang schauten sich die drei verständnislos an. Dann vernahmen sie einen sonderbaren Lärm. Es polterte, klapperte und klirrte, als näherten sich schwer bewaffnete Männer.
»Was hat das denn schon wieder zu bedeuten?«, meinte Tobbi nervös.
»Ich werd's feststellen«, sagte Robbi ruhig. »Wartet hier. Ich will mal eben um die Ecke schauen.«
Es dauerte gar nicht lange, da kam er eilig zurückgerannt. Und er wackelte verblüfft mit der Antenne, als er berichtete: »Nicht zu glauben! Die Ritterrüstungen aus der Waffenkammer kommen anmarschiert! Sie sind bis an die Zähne bewaffnet. Und das Allertollste: Es steckt niemand in den Rüstungen! Das verstehe wer will!«
»Die wollen uns gefangen nehmen oder vielleicht noch Schlimmeres«, stieß Tobbi erschrocken hervor. »Wir müssen fliehen, schnell!«
»Ich werde den Burschen mit meinem Teleskoparm die Beine wegreißen«, knurrte der kleine Roboter wütend. »Ich halte sie auf und ihr flieht.«
»Kommt nicht in Frage!«, piepste Polly MacMouse. »Wenn wir fliehen, dann gemeinsam. ›Tapferkeit ist Unsinn, wenn zehn Katzen im Anmarsch sind‹, sagte meine Großmutter immer.«
Das gab den Ausschlag. Sie begannen um ihr Leben zu rennen. Es war auch allerhöchste Eisenbahn für die Flucht gewesen. Schon bogen die ersten Ritterrüstungen um die Gangecke. Sie marschierten mit dröhnenden Schritten zu dritt nebeneinander und in sieben Reihen hintereinander, wie eine Kompanie Soldaten. Die erste Reihe hielt die langen Hellebarden kampfbereit erhoben, während die
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