Robbins, Harold - Träume
Augusttages hatte sich auch zu dieser späten Stunde noch keineswegs gelegt. Trotz der inzwischen eingebauten Klimaanlage war die Luft warm und stickig.
Unsere Sitzung näherte sich ihrem Ende. Um neun Uhr abends hatte sie begonnen, inzwischen war es bereits nach Mitternacht.
»Gibt’s noch was, bevor wir Schluß machen?« fragte ich.
Der junge Schwarze, der für die Postabteilung verantwortlich war, meldete sich. »Ja, Mr. Brendan«, sagte er zögernd, »ich hätte da noch was.«
Es war das erste Mal, daß er den Mund auftat in den drei Monaten, seit er an den Sitzungen teilnahm. »Ja, Jack?«
Befangen blickte er sich im Kreis der Anwesenden um. »Ich weiß zwar nicht, ob’s zur Sache gehört, aber vielleicht erinnern Sie sich noch an die Artikelserie, die wir vor ein paar Monaten brachten - über Ehehilfen und Aphrodisiaka?«
»Ja.«
»Seit die Artikel erschienen, haben wir pro Woche so fünf-bis sechshundert Briefe bekommen, in denen angefragt wird, wo man solche Sachen kaufen kann.«
»Setzen Sie einen Formbrief auf, in dem Sie den Leuten erklären, daß sie mit ihren Wünschen zum nächsten Sex-Shop gehen sollen«, sagte ich.
»Die Briefe kommen fast ausschließlich aus Kleinstädten oder anderen Orten, wo es so etwas wie einen Sex-Shop gar nicht gibt. Die Leute dort kennen so was einfach nicht, und selbst wenn’s irgendwo bei ihnen in der Nähe einen Sex-Shop geben sollte - also ich habe das Gefühl, daß es ihnen zu peinlich wäre, dort hineinzugehen.«
Ich begriff, daß er auf etwas Bestimmtes hinauswollte. »Ja, da ist was dran«, sagte ich und nickte, um ihn zu ermutigen. Tatsächlich wirkte er sofort ein wenig selbstbewußter. »Ich hab mir das gründlich durch den Kopf gehen lassen und bin zum Sex-Shop unten beim Pussycat Theater gegangen, um mich mit dem Besitzer zu unterhalten. Er wurde ganz aufgeregt und meinte, er sei bereit, in jeder Ausgabe des Magazins zwei volle Anzeigenseiten zu kaufen. Als ich ihm erklärte, daß wir keine Anzeigen direkt annähmen, machte er das Angebot, eine
Versandabteilung einzurichten und uns mit zwanzig Prozent am Großhandelspreis zu beteiligen.«
»Interessant«, sagte ich, hatte jedoch das Gefühl, daß er noch nicht fertig war.
»Das fand ich auch«, fuhr er fort. »Und so tat ich mich denn noch ein bißchen um. Inzwischen weiß ich, wo man das meiste Zeug kaufen kann. Außerdem stellte sich heraus, daß die Gewinnspannen ganz ungeheuer sind - sie liegen so zwischen zweihundert und tausend Prozent. Die zwanzig Prozent, die der uns auf die Großhandelspreise anbot, sind also der reine Witz.«
»Und - Sie haben eine Idee?«
»Ja, Sir«, erwiderte er. »Zu unserem Laden im nächsten Block gehört ein großer Keller. Dort könnte ich die gängigsten Artikel lagern; und wenn wir selbst die Bestellungen aus den Briefen erledigen, können wir pro Monat dreißig- bis vierzigtausend Dollar umsetzen, ungefähr die Hälfte als Reingewinn.«
Ich nickte. Ob wir nun ins Versandgeschäft einstiegen oder nicht, Jack würde bestimmt nicht mehr lange auf seinem jetzigen Posten bleiben. Er hatte bewiesen, daß sein Kopf zu was taugte.
»Gut überlegt«, sagte ich. »Setzen Sie sich mit Verita zusammen und kalkulieren Sie durch, wie es mit den Kosten dafür aussähe. Sobald wir die Fakten schwarz auf weiß haben, treffe ich die Entscheidung.«
»Danke«, sagte er.
Ich ließ den Blick durchs Zimmer gleiten. »Sonst noch was?«
Es gab keinen weiteren Punkt, und so löste sich die Versammlung auf. Nur Bobby, Verita, Eileen, Denise und ich blieben im Zimmer.
Eileen und Denise begannen, die Gläser wegzuräumen und die Aschenbecher auszuleeren. »Was hältst du von Jacks Idee?« fragte ich Verita.
»Die Sache ist interessant«, erwiderte sie. »Er hat vor ungefähr zwei Wochen mit mir darüber gesprochen, und ich sagte ihm, er solle der Angelegenheit nachgehen.«
»Du hast mir gegenüber nichts davon erwähnt.«
Sie lächelte. »Es war ja seine Idee.«
Eileen und Denise kamen zurück und sanken auf ihre Stühle.
»Wie halbe Leichen seht ihr alle aus«, sagte Bobby.
»Die Tage haben nie ein Ende«, erwiderte Eileen.
»Was schießt du denn morgen?« fragte ich Bobby.
Er grinste. »Diesmal habe ich einen echten Knüller, glaube ich.«
»So?«
»Hast du die Zwillinge drüben im Vertrieb bei Paul Gitlin gesehen? Die neuen Sekretärinnen. So neunzehn oder zwanzig, sehen wirklich klasse aus. Ich hab sie zu einer Sitzung überreden können.«
»Weiß Paul
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