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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Verlängerungen
     der Tribünen. Von dort oben hörte Robert Enke |258| unmittelbar nach Spielbeginn ein Raunen, das er nicht zuordnen konnte. Von den Transistorradios hatte sich die Nachricht unter
     den Zuschauern ausgebreitet. Die Niederlande führten bei der Europameisterschaft nach nur 19 Minuten 2:0 gegen Tschechien,
     es musste ein hinreißendes Match sein. Mal sehen, was sie stattdessen hier für eine Kegelpartie zu sehen bekamen. »Es herrschte
     Urlaubsstimmung im Stadion«, sagt Carrasco.
    Robert Enke wollte unbedingt gewinnen. Er wollte aus Teneriffa weggehen und sagen können, ich habe hier nie ein Spiel verloren.
     Nach einer halben Stunde verlor er sein Spanisch. Er brüllte seine Innenverteidiger Corona und César Belli an. »Aber ich war
     so außer mir, dass ich nur noch auf Deutsch schreien konnte.« Robert Enkes Flüche in der fremden Sprache habe sogar er auf
     der Ersatzbank gehört und verstanden, sagt Álvaro Iglesias, er kann die Wörter heute noch immer in tadellosem Deutsch wiederholen:
     »Scheiße!«, »Arschloch!« Es stand 0:3.
    Getafe hatte immer wieder direkt Pachón angespielt, ihren agilen Stürmer, und »mir kam es vor, als öffneten unsere Verteidiger
     ihm den Weg, irgendwann standen sogar zwei Gegner frei vor mir«, sagte Robert Enke. »›Ihr seid doch total wahnsinnig!‹, brüllte
     ich.«
    Ein aufwühlendes Spiel entstand. Die 11   000 Zuschauer glaubten, es wäre der beste Sommerfußball. Befreit vom Druck, gewinnen zu müssen, spiele Teneriffa enthusiastisch,
     aber auch unkonzentriert. Wenn sie verlieren würden, wäre es nicht so schlimm, die Zuschauer gönnten Getafe den Aufstieg,
     ein Madrider Vorortverein, noch vor zwei Jahren in der Dritten Liga scheinbar gut aufgehoben, ein Sinnbild des charmanten
     Außenseiters. Robert Enke glaubte, sie spielten in einem Team gegeneinander, neun Mann versuchten mit Vehemenz, das Spiel
     und Alavés’ legalen Geldkoffer zu gewinnen, und ein, vielleicht zwei Spieler versuchten offenbar zu verlieren, um ihre eigene
     Kasse zu füllen. Carrasco saß auf der Tribüne und sah beide Versionen, die unschuldige der Zuschauer und die vergiftete der
     redlichen Spieler. »Mir fiel nichts Merkwürdiges auf, aber was heißt merkwürdig. Pachón flog, an ihm war alles Energie, und
     unsere waren in Gedanken schon am Strand.«
    |259| In Aveiro, Nordportugal, verwandelte Tschechien in einem Spiel, das niemand vergessen würde, den 0:2-Rückstand noch in einen
     3:2-Sieg über die Niederlande. In Santa Cruz erzielte Pachón fünf Tore. Getafe gewann 5:3 und stieg in die Primera División
     auf, und ein Spiel, das man nicht vergessen sollte, fand selbst in den spanischen Sportzeitungen auf 15 Zeilen auf Seite 39
     statt. Nur einer kanarischen Lokalzeitung,
La Opinión
, kam zwischen den Zeilen Zweifel: »Die enorme Zerbrechlichkeit war etwas sehr Merkwürdiges in einer Abwehr, die bis gestern
     äußerst solide gebaut war.«
    Die Rasensprenger gingen schon an, als Getafes Elf noch auf dem Fußballplatz den Aufstieg feiern wollte. Der CD Teneriffa
     hatte es eilig, die Saison abzuschließen.
    In der Umkleidekabine fand die Freude über eine insgesamt versöhnliche Saison nicht aus den Körpern hinaus. »Natürlich waren
     wir sauer«, sagt Álvaro Iglesias. »Wir werden es nie beweisen können. Aber das Gefühl war, dass jemand aus unserer eigenen
     Gruppe uns die Prämie von Alavés versaut hatte. Irgendeiner hatte sich auf unsere Kosten bereichert.«
    Im Dezember 2008 fanden sich eindeutige Indizien, dass jüngst mehrere Spiele im spanischen Profifußball verkauft worden waren.
     Die meisten Zeitungen berichteten einen einzigen Tag darüber. Der spanische Fußball-Verband sagte, er sei nicht zuständig,
     die spanische Justiz erklärte, sie auch nicht. Und weiter wurde gespielt.
     
    Auf Teneriffa öffnete Robert Enke das Dach des Sportwagens. Er fuhr einen Besucher zum Flughafen, bald würde er selbst abreisen.
     Der Himmel über Teneriffa war milchig, dunstig, Südwind brachte Sand von Afrika herüber. Für die deutschen Sportreporter war
     es der Tiefpunkt gewesen, Enke in der Zweiten Liga, auf einer Ferieninsel. Für ihn war es ein Hochgefühl, daran änderte auch
     der Ärger über das letzte Spiel nichts. »Ich glaube, heute gehe ich einen Hamburger essen«, sagte er und drehte das Autoradio
     lauter. Er summte ein Lied mit, das er nicht kannte.

|260| VIERZEHN
Da ist Robert, da ist kein Tor
    Für einen Mann, der sein Haus dringend

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