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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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aufgehende Stern
     im deutschen Tor, er hatte gerade einen Bundesligarekord aufgestellt, 884 Minuten ohne Gegentor. Man müsse sich einen Wechsel
     zu einem großen ausländischen Klub ganz genau überlegen, sagte Hildebrand, sonst könne es einem so ergehen wie Robert Enke,
     der viel zu jung in die Ferne gegangen sei.
    Er hätte sich über die vereinfachte Sichtweise ärgern sollen. Er freute sich, dass sich Hildebrand noch an ihn erinnerte.
    Wenn Barça spielte, ging er in eine Hotelbar, um die Partie im Bezahlfernsehen anzuschauen. Der Fernseher in der Mietwohnung
     empfing nur die Handvoll öffentliche spanische Programme. Bei ihren Besuchen registrierte Teresa erfreut, dass er zu Hause
     abends praktisch keinen Fußball mehr schaute. Er war stolz, dass er die Hotelbar zum Fußballschauen entdeckt hatte, eine Gewohnheit,
     ein Ritual mehr, das er sich ganz alleine erschlossen |254| hatte. Das Wort Routinen hatte einen schlechten Klang, doch für ihn waren sie lebenswichtig. Etwas, woran man sich festhalten
     konnte.
    Er sah Barça in einem UEFA-Pokal-Spiel, sie führten schnell 2:0, es wurde langweilig. Er fixierte sich auf den Mann vor ihm,
     der unaufhörlich in der Nase bohrte. »Ist das ekelhaft, guck doch mal!« Was fühlte er, wenn er Barça im Fernsehen sah? »Gar
     nichts. Ich hatte doch nie das Gefühl, dazuzugehören.«
    Die Entfernung zwischen ihm und dem, was er für den
wahren
Fußball hielt, bekam im Juni 2004 eine neue Dimension. Überall schauten die Leute Fußball, überall redeten die Leute über
     Fußball; und er spielte weiter Fußball, ohne dass es irgendjemand außerhalb Teneriffas registrierte. Die Europameisterschaft
     in Portugal begann. Dort dabei zu sein war sein alles überstrahlendes Ziel gewesen, vor nur zwei Jahren bei Benfica, in einem
     anderen Leben. Nun musste er parallel zur Europameisterschaft die Zweitligasaison zu Ende bringen.
    Niemand kam auf die Idee zu vergleichen, Kahn, Buffon, Casillas bei der Europameisterschaft, Enke gegen Eibar, Cádiz, Gijón,
     die Gegenüberstellung klingt lächerlich. Aber die Wahrheit ist, dass bei dieser Europameisterschaft ohne außergewöhnliche
     Torwartleistungen wenige Paraden zu sehen waren wie seine gegen Eibars Saizar und Cuevas oder Gijóns Bilic.
    Er selbst kam am wenigsten auf den Vergleich. Was ihn betraf, so war er während der Europameisterschaft ein zufriedener Feriengast
     vor dem Fernseher auf Teneriffa.
     
    Der Sportdirektor rief ihn in sein Büro. Lobo Carrasco wollte ihn gerne eine weitere Saison an Teneriffa binden. »Mit Robert
     hatte das gesamte Projekt eine andere Ausrichtung bekommen: nach oben.« Und wenn er tatsächlich blieb, fragte sich Robert
     Enke. Ferien für immer?
    Hannover 96 und Albacete Balompié, zwei Erstligisten, buhlten ebenfalls um ihn.
    Er sprach mit Carrasco weniger als zehn Minuten über Fußball. Dann landeten sie bei Lara. Teresa war im siebten Monat schwanger.
    |255| Sie schaffte es nicht mehr, mit Marcos Frau Christina zu reden. Christina versuchte oft anzurufen, Teresa hörte dem Klingeln
     des Telefons zu und konnte nicht abheben. Es war unerträglich für sie, eine Freundin zu hören, die eine glückliche Schwangerschaft
     erlebte.
    Robert dachte auf Teneriffa, irgendwie würde die Wahl seines neuen Vereins mit Lara zusammenhängen, sie sollten an einem Ort
     mit einem renommierten Kinderherzspezialisten wohnen. Aber obwohl die Geburt nur noch sechs oder sieben Wochen in der Zukunft
     lag, schienen ihm diese großen Entscheidungen weit weg. Er hatte das unbestimmte Gefühl, alles werde sich regeln.
     
    Bei der Europameisterschaft in Portugal stand der erste wuchtige Zusammenprall bevor, Tschechien gegen die Niederlande, zwei
     Teams voller beiläufiger Eleganz würden zwei herausragende Torhüter in Szene setzen, Peter Cech und Edwin van der Sar. Und
     er konnte das Spiel nicht sehen. Robert Enke musste selber in der Bedeutungslosigkeit spielen. Zum Abschluss der Saison ging
     es im Heliodoro-Rodríguez-Stadion gegen Getafe. Teneriffa war sorgenfrei. Bei Robert Enkes Debüt Mitte April als Tabellenzwanzigster
     noch auf einem Abstiegsrang, stand die Elf nun auf Rang acht. In den acht Partien mit ihm hatten sie nie verloren.
    Am Montag, fünf Tage vor der Partie, erreichte ihn ein Anruf. Ob er sich an ihn erinnere, fragte der Anrufer, er sei der Vizepräsident
     von Alavés, sie hätten damals verhandelt, als sich Robert dann doch für Barça entschied, gut, das konnte man verstehen,

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