Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
Vom Netzwerk:
hier, Robbi?«
    Er schnitt weiter an seinem Steak.
    »Ich höre die ganze Zeit nur das Quietschen der Fahnenmasten«, sagte er.
    Teresa ist sich nicht sicher, ob er den Kopf schief hielt, sie weiß nicht mehr, ob sie wirklich stumm ihr Besteck fallen ließ.
     Aber so hat sie die Szene heute vor Augen.
    Zum täglichen Training bei Benfica begleitete sie ihn, als bringe sie ihn ins Krankenhaus. Sie setzte Robert am Stadion des
     Lichts ab und ging im Einkaufszentrum auf der anderen Straßenseite in ein Café, eine Angehörige, die vor dem Operationssaal
     wartet und versucht, nicht mit den Fingern auf den Tisch zu trommeln. Er musste dem Trainer gegenübertreten, den er fast versetzt
     hatte.
    Am Eingang des Stadions erwartete Robert Enke ein Adler. An Benficas steinernem Wappentier vorbei eilte er in die Umkleidekabine.
     Er verstand nicht, was die anderen Spieler redeten, |92| aber er verstand ihr Lachen, es war dasselbe wie bei der Borussia in Mönchengladbach nach Marcos Späßen. Er fühlte sich noch
     fremd und schon wieder zu Hause.
    Robert Enke 2000 über der Stadt des Lichts. [9]
    Der Trainer stellte sich der Mannschaft vor, und schon ging es hinaus auf den Campo Numero 3, den Trainingsplatz. Robert Enke
     hielt sich immer zwischen den neuen Mitspielern. So hatte Jupp Heynckes keine Gelegenheit, ihn unter vier Augen zu sprechen.
     Heynckes’ Torwarttrainer Walter Junghans tat gegenüber Robert Enke, als wisse er gar nichts von seiner Panikattacke.
    Sie waren vier Torhüter, einer zu viel nach der kurzfristigen Verpflichtung von Carlos Bossio. Junghans war bemüht, alle Torhüter
     gleich zu behandeln. Er hatte in seiner aktiven Zeit sämtliche Gemütszustände eines Torwarts selbst erlebt, deutscher Meistertorwart
     mit Bayern München, nicht gefragter Ersatzmann, Kapitän auf Schalke, gestrandet in der Zweiten Liga, »diese Position bringt
     so viel Euphorie und Leid mit sich, ein Torwart muss damit rechnen, in jeder Sekunde der Depp zu sein«, sagt Junghans, »da
     sollte der Torwarttrainer als verständnisvoller Freund aller seiner Torhüter agieren«. Dementsprechend |93| unangenehm war es ihm, dass er Robert Enke bei jeder Trainingsübung zuerst ins Tor stellte. Es ging nicht anders. Bossio konnte
     nur Spanisch, der dritte Torwart Nuno Santos Portugiesisch, Sergej Owtschinnikow, dem als vierten Mann die Abschiebung drohte,
     Russisch und Portugiesisch. Walter Junghans sprach bloß Deutsch und Englisch. Robert Enke musste die Übungen immer vormachen,
     damit sie die anderen verstanden. Darüber hinaus verständigten sie sich in der Sprache der Sprachlosen, mit Lächeln.
    Der Rasen war noch herrlich feucht, direkt vor dem Training bewässert, der Ball haftete angenehm zäh an den Handschuhen. Robert
     Enke beobachtete die Konkurrenten. Alles an Bossio war riesig, die Oberarme, die Hände, tatsächlich auch das Kinn; und fulminant
     springen konnte er auch. Aber das Größte am Argentinier, bemerkte Robert Enke, war sein freundliches Lächeln. Er lächelte
     zurück.
    Er dachte gar nicht mehr daran, an die Angst zu denken.
    Sein Drang, perfekt zu sein, jede Herausforderung zu meistern, war auf dem Trainingsplatz instinktiv erwacht.
    Wenn die anderen Profis sich nach dem Training verabschiedeten, ging er in den Kraftraum. Zu Beginn in Mönchengladbach hatte
     er sich an den Hanteln unwohl gefühlt, unter den Augen von Kamps. Nun setzte er sich als Einziger freiwillig an die Maschinen.
     Walter Junghans begleitete ihn, um mit 41 an den Maschinen ein wenig gegen das unvermeidliche Bäuchlein eines ehemaligen Profisportlers
     zu kämpfen, der die körperliche Anstrengung nach so vielen quälenden Jahren inzwischen verachtet. Plötzlich stand der Trainer
     neben ihnen.
    Jupp Heynckes wartete, bis Robert Enke eine Pause zwischen den Serien an der Beinpresse einlegte. Der Trainer begann, von
     den ersten Eindrücken in Lissabon zu erzählen, wie zuvorkommend die Portugiesen waren, jedenfalls wenn sie nicht gerade Auto
     fuhren, wie viel klarer als im Norden das Licht sei. Jupp Heynckes redete leise, langsam, aufgeräumt, und irgendwann sagte
     er abrupt: »Schau, Robert, du bist hier nicht alleine. Ich weiß, was für ein Schritt das für einen 21-Jährigen ist, ins Ausland
     zu gehen, aber du brauchst keine Angst zu haben. Ich |94| habe dich geholt und werde dir helfen. Walter, du und ich, wir sind gemeinsam hier, und wir ziehen das auch gemeinsam durch.«
    Niemand erinnert sich mehr, was Robert Enke

Weitere Kostenlose Bücher