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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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gefällt die Situation«, entgegnete Robert Enke. »Ich brauche keine Konkurrenz.«
    |99| Ein 17-jähriger Junge aus dem B-Team war sein neuer Trainingspartner und Ersatzmann, José Moreira. »Das Erste, was mir auffiel,
     war sein Gesicht«, sagt Moreira. »Sein Gesicht während eines Spiels war das Gesicht von Oliver Kahn! Da bewegte sich nichts,
     keine Geste, keine Regung, nichts lenkte ihn ab, nichts brachte ihn aus der Konzentration.«
    Robert Enke merkte, wie der Junge jede Bewegung von ihm aufsaugte, wie Moreira begann, ihn zu imitieren. »Wenn du mich ansiehst«,
     sagt Moreira elf Jahre später und kann den Stolz nicht verstecken, »wirst du einiges von Robert wiedererkennen.«
    In der Kathedrale des Biers, wie der Bereich für die besonders wichtig genommenen Gäste im Stadion des Lichts heißt, schwingt
     sich Moreira vom Barhocker. Vor ihm speisen Geschäftsleute in Anzug und Krawatte, und Moreira, in weiter Jeans und schlabbrigem
     schwarzem T-Shirt, ignoriert, dass er ein Publikum hat. Er geht in die Hocke, fast ins Spagat, das rechte Bein ausgestreckt,
     das linke Knie abgewinkelt, den Oberkörper kerzengerade, die Arme ausgebreitet, alle zehn Finger gespreizt. »So stand Robert
     in Eins-gegen-eins-Situationen, wenn der Stürmer vor ihm auftauchte«, Moreiras Stimme ist nun hell und laut vor Enthusiasmus,
     »er machte sich so breit, und er war so beweglich und schnell, er konnte diese Position aus dem Nichts einnehmen und sofort
     wieder aus dem Spagat springen. Kein anderer Torwart beherrschte diese Haltung.«
    Moreira fragte Robert Enke, warum nimmst du diese Spagathaltung ein, warum eilst du bei Flanken nicht öfter aus dem Tor, in
     deinen Handschuhen ist ja auch innen Latex, wieso das denn? Und Robert Enke, der sich einredete, ihm sei es egal, was andere
     Leute von ihm hielten, blühte auf, seit er keinen Druckmacher mehr neben sich hatte, sondern einen wissbegierigen Schüler,
     der ihn bewunderte.
    An Abenden vor den Spielen teilten sie sich das Hotelzimmer. Sie sprachen ihr eigenes Portugiesisch-Englisch miteinander.
    »Moreira, in drei Monaten will ich Portugiesisch können. Du bist jetzt mein Lehrer. Wie spricht man das aus:
aipo hortense

    |100| »Robert, da ist ein R in
hortense
, man hört dein R nicht. Du sprichst es aus, als hättest du eine heiße Kartoffel im Mund.«
    »Egal, in drei Monaten kann ich das, Moreira. Aber du musst auch Deutsch lernen.
Bring mir Wasser!
Das ist der wichtigste Satz, den du als mein Ersatztorwart verstehen musst, hast du verstanden:
Bring mir Wasser! «
    Moreira beherrscht den Satz noch heute und auch so einiges anderes, wie bei unserer Begrüßung am Stadion des Lichts deutlich
     wird. Wir treffen uns um 14 Uhr. »Gute Nacht!«, grüßt Moreira auf Deutsch.
    »Moreira, jetzt schauen wir die Bundesliga im deutschen Fernsehen«, sagte Robert Enke samstagabends auf dem Hotelzimmer.
    »Aber wir können die Tore doch auch auf Eurosport mit englischem Kommentator anschauen, dann verstehe ich auch etwas.«
    »Ach, nein. Es ist besser, wenn wir das auf Deutsch schauen.«
    »Besser?«
    »Ja, ja. Oh, Moreira, danach kommt noch ein guter Film mit Eddie Murphy im ZDF.«
    »Aber da gibt es ja noch nicht einmal Untertitel!«, merkte Moreira, als der Film lief. »Eddie Murphy spricht Deutsch!«
    »Macht nichts, Moreira, das ist schon gut so.«
    »Aber Robert, wir könnten portugiesisches Fernsehen schauen, da kommen die Spielfilme auf Englisch mit portugiesischen Untertiteln.«
    »Er hat sich immer durchgesetzt«, sagt Moreira voller Zuneigung, »und ich habe nie so viel geschlafen wie mit ihm auf dem
     Zimmer, weil mir die deutschen Filme zu langweilig wurden.«
    Heute mit 28 trägt Moreira die Haare bis zur Schulter, sie rahmen ein weiches Gesicht ein, doch wie bei praktisch allen Torhütern
     ist auch sein Gesicht gezeichnet vom Zusammenprall mit den Stürmern. Eine Schürfwunde klafft unter dem rechten Auge. Er ist
     Benfica elf Jahre treu geblieben, auch wenn der Klub ihn als Inventar behandelt, mal spielt er, meistens nicht, weil die anderen
     Torhüter, die Benfica teuer einkaufte, wegen ihrer Ablöse fälschlicherweise als gewichtiger gelten.
    |101|
    Robert Enke mit seinem kleinen Torwartbruder José Moreira. [11]
    »Hast du Moreira letztens spielen sehen?«, fragte Robert Enke mit Sicherheit jedes Mal, wenn wir in späteren Jahren auf große
     Torhüter zu sprechen kamen.
    »Robbi, ich schaue mir doch nicht auch noch portugiesischen Fußball

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