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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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gar nicht bis zum Flughafen!«
    Er sehe ja, die Leute seien sehr aufgebracht, sagte Christoph Daum. Am besten gingen Neblung und Enke jetzt einfach. Das Gespräch
     hatte sich eine Stunde im Kreis gedreht. Der Hausdiener schenkte noch immer Tee aus.
    »Ich werde mit Robert sprechen und Ihnen morgen Bescheid geben, aber ich bin mir sicher, dass er den Vertrag nicht einfach
     auflöst und auf sein Gehalt verzichtet.«
    Die Vizepräsidenten, oder wer immer sie auch waren, standen auf und verabschiedeten sich ohne Händedruck. Sie redeten laut
     auf Türkisch und deuteten mit ihrem Zeigefinger auf Jörg Neblung.
    Sie ließen ihn auf den Fahrer warten. Es war bereits nach Mitternacht, Daum blieb auch noch in der Wohnung. Er hatte Jörg
     Neblung offenbar nichts mehr zu sagen. Ohne Erklärung nahm Daum sein Handy und rief den brasilianischen Spielervermittler
     Juan Figer an. Laut und ohne Hemmungen verhandelte Daum schon wegen der nächsten Neuzugänge. Jörg Neblung stand in dieser
     Wohnung, von der er weder wusste, wo sie lag, noch wem sie gehörte, und fragte sich, ob das Leben vielleicht doch einfach
     eine Seifenoper war.
     
    |212| Am nächsten Morgen musste Robert Enke so tun, als sei er weiterhin ein ganz normaler Fenerbahçe-Profi. Er musste zum Training.
     Daum nahm ihn beiseite.
    Was mache sein Berater für einen Quatsch, jetzt auch noch Geld zu fordern, die Leute in der Türkei seien heißblütig, die könnten
     sehr böse werden.
    Robert Enke hatte gerade erst ein freundlicheres Bild von dem Trainer gewonnen.
    In seinem Tagebuch versuchte er, die Gedanken zu ordnen.
    14.   08.   2003. Fenerbahçe hat Jörg und mir offen Gewalt angedroht, falls wir den Vertrag nicht ohne Weiteres auflösen. Daum hat schön
     mitgemacht und in keiner Form vermittelt. Ich musste feststellen, dass es ein Fehler war, mich diesem Mann zu öffnen.
    »Wie geht es?«, fragte Teresa am Telefon.
    »Gut – mal davon abgesehen, dass man mich im zwölften Stock des Hotels an den Füßen aus dem Fenster gehängt hat«, sagte Jörg.
    Und für einen Moment lachte Robert mit ihnen.
    Jörg zog zu ihm ins Hotelzimmer. Zu zweit waren sie sicherer, sagte er Robert. Nicht alleine zu sein war besser für Robert,
     dachte er sich. Wenn sie aus dem Zimmer gingen, klebte Jörg ein nasses Haar quer über den Rahmen und die geschlossene Tür;
     um bei der Rückkehr überprüfen zu können, ob jemand in ihrer Abwesenheit ins Zimmer eingedrungen war. Es war ein Spaß, um
     die Schwere zu vertreiben, und gleichzeitig war es ernst. »Wir mussten mit allem rechnen, auch damit, dass man uns die Pässe
     klaute, Drogen in den Koffer schmuggelte oder was weiß ich.«
    Vom Training zurück, machte Robert Jörg deutlich, dass er sich bei den Verhandlungen nicht mehr anzustrengen brauche. Er habe
     nur noch einen Wunsch: weg aus Istanbul.
    Der Vertrag wurde noch am selben Tag aufgelöst. Fenerbahçe verpflichtete sich, Enkes Hotelkosten zu übernehmen und den Rückflug
     zu bezahlen. Er verzichtete auf jeden weiteren Cent.
    15 Tage, nachdem er im sommerlich leichten Hemd in Istanbul eingetroffen war, machte sich Robert Enke auf den Rückweg. |213| Fenerbahçe veröffentlichte eine Presseerklärung. Der Vertrag sei in beiderseitigem Einvernehmen aufgelöst worden. Robert Enke
     erzählte den Sportreportern von »einem Gefühl« und schaffte es nicht, seine Entscheidung in der Ich-Form zu begründen: »Wenn
     es im neuen Umfeld einfach nicht stimmt und man sich nicht wohlfühlt, kann man keine Leistung bringen. Und bevor man dann
     auf eine Situation zusteuert, die noch unglücklicher wird, ist es besser, man zieht einen Schlussstrich.« Daum sagte: »Er
     war gehandicapt, hat es mir aber erst nach dem Spiel gesagt.« Die Sportreporter folgerten, Enke sei verletzt ins Spiel gegangen
     und habe sich so mit »seinem übertriebenen Ehrgeiz« selbst geschadet.
    Offen von den Ängsten zu erzählen schien keine Option.
    In der Welt des Fußballs schüttelten die meisten auch so den Kopf. Ein Profi kündigte doch nicht. Das sagte ja wohl schon
     das Wort: Profi. Professionell sein heißt immer auch, Gefühle zu verdrängen, weiterzumachen. Und wenn es auf dem Fußballplatz
     nicht läuft, sich halt auf die Ersatzbank zu setzen, heimlich zu beginnen, nach einem neuen Verein zu suchen, und in der Zwischenzeit
     still das Gehalt abzukassieren. »Viele haben gesagt, der Enke hat sie nicht mehr alle, und klar, wenn man es nüchtern betrachtet,
     kann man es so sehen«, sagte

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