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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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warf ihm
     die Schlüssel für seinen Sportwagen zu.
     
    Der Februar 2004 verging, er blieb Ersatztorwart, und schon war der März vorüber. Jörg Neblung rief an. »Das geht so nicht, |239| du musst mit dem Sportdirektor reden, der hat dich als Nummer eins geholt!«
    Nur Geduld, antwortete er. Irgendwann werde er schon spielen.
    Er würde es nie laut sagen, denn das gehörte sich seiner Meinung nach nicht, aber er fand, dass er besser als die Nummer eins
     war, Álvaro Iglesias. Es gab einige objektive Argumente, die für ihn sprachen, Fangsicherheit, Sprungkraft, Antizipation,
     der feine Unterschied war täglich im Training zu erkennen. Doch er sah auch, dass Álvaro in den Spielen tadellos hielt; vielleicht
     agierte Álvaro gerade deshalb so überzeugend, weil ihm ein stärkerer Konkurrent im Nacken saß. Ein Torwart, der seinen Part
     fehlerfrei erledigte, verdiente es nach Robert Enkes Meinung weiterzuspielen. Das galt auch, wenn er selbst der Leidtragende
     war.
    Um seine Pflicht zu erfüllen, um Jörg sagen zu können, siehst du, ich habe es getan, ging er zum Sportdirektor.
    Francisco Carrasco war die Situation peinlicher als ihm. Carrasco hatte ihn nach Teneriffa geholt, »Robert war meine persönliche
     Wette«, und nun stellte der Trainer den Torwart nicht auf. Mit 45 sah der Sportdirektor weniger wie ein ehemaliger Fußballer
     als wie ein aktiver Langstreckenläufer aus, schlank, hoch aufgeschossen, asketisch. Sie wussten beide, was sie sagen mussten
     und dass sie beide nichts an der Situation ändern würden.
    »Du hattest mir gesagt, ihr würdet mich als Nummer eins verpflichten.«
    »Ich weiß, aber ich kann dem Trainer nicht vorschreiben, wen er aufstellt.«
    Erleichtert, es hinter sich gebracht zu haben, wandten sie sich anderen Themen zu.
    »Vor allem merkte ich, wie verliebt er in Teresa war«, sagt Francisco Carrasco sechs Jahre später im Madrider Vorort Aravaca,
     wo er heute lebt, mit 51 noch immer schlank und elegant, im Anzug beim Vormittagskaffee. Die Liebe scheint nicht das naheliegende
     Thema, wenn sich ein Sportdirektor und sein Torwart zu einem Krisengespräch treffen. »Nun ja«, sagt Carrasco. |240| Er spielte einst elf Jahre für Barça, seine Haare waren schon grau, deshalb riefen sie ihn
Lobo
, den Wolf, er gewann drei Europapokale, mit Spanien erreichte er das Europameisterschaftsfinale 1984, und danach brachte
     er sich den Journalismus selber bei. Er hatte in
El Mundo Deportivo
nach Barças 1:0 in Brügge geschrieben: »Enkes Spiel war eine Nachricht an van Gaal.« »Also«, fängt Carrasco noch einmal an,
     »mit Robert warst du gerne zusammen, mit ihm kamst du automatisch auf Themen abseits des Fußballs. Damals wurde er gerade
     Vater, ich war damals Mitte vierzig, selbst schon Vater, ich kannte mich da aus – das merkst du doch, wie verliebt jemand
     noch ist.«
    Was Carrasco vom Sportlichen in Erinnerung blieb, war »Roberts Eleganz, mit der er die schwierige Situation als Ersatzmann
     ertrug. Er blieb mir gegenüber sachlich, er klagte nie in der Presse.«
    Álvaro Iglesias, dem Torwart, dem Robert Enke Druck machen sollte, den er endlich verdrängen musste, um wieder zu spielen,
     schenkte er acht Paar Torwarthandschuhe.
    Er erhielt von seinem Sponsor maßgeschneiderte Modelle, an die Álvaro, der sein Torwartleben lang in unteren Ligen gedient
     hatte, nicht herankam. »Absolutgrip und Aquasoft, die besten Latexbeläge von Uhlsport«, sagt Álvaro Iglesias noch heute so
     schwärmerisch, wie andere die Namen ihrer Kinder nennen. Dem dritten Torwart, Adolfo Baines, überließ Robert Enke ebenfalls
     acht Paar. Baines trug sie aber nicht beim Training. Die Handschuhe seien so nobel, sagte er Robert, er hebe sie auf, für
     besondere Tage.
    Robert Enke gab es nun doppelt beim Training im Heliodoro-Rodríguez-Stadion. Auf dem Klettverschluss der Handschuhe zweier
     Torhüter prangte in Großbuchstaben »Enke«. Doch das Original war noch immer leicht zu erkennen.
    Der Trainer organisierte ein kleines Spiel, Angriff gegen Abwehr. Der Stürmer war durch, allein vor dem Torwart, und Robert
     Enke lauerte, ein Knie nach innen gebeugt, damit der Angreifer ihm nicht durch die Beine schießen konnte, den Oberkörper kerzengerade,
     die Arme von sich gestreckt, um breiter zu erscheinen, so stand nur er vor dem Stürmer. Der Angreifer trat |241| den Ball mit Innenrist, um ihn in einer Kurve um den Torwart herum zu schicken, Robert Enke drückte sich vom Boden ab, seine
    

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