Robin bekommt eine Schwester
du auch acht Beine haben.“
Ritter Validon hebt Ritter Bommerkraut hoch. Da, auf dem Rand der Badewanne, liegt eine große, tote schwarze Spinne. Ritter Validon zählt die Beine. Acht. Das stimmt.
Ritter Validon zählt seine eigenen Beine. Es sind nur zwei. Und er hat noch zwei Arme. Was nun? Er legt den toten König der Spinnen auf sein Knie und läßt das Knie langsam unter Wasser sinken.
„Er ist begraben“, singt Ritter Validon feierlich, „er ist begraben, er ist begraben, der König ist tot.
Der König der Spinnen treibt tot in der Badewanne, alle acht Beine weit von sich gestreckt.
Aus der Küche kommt ein fürchterlicher Krach. Hat Robin richtig gehört? Ja! Jetzt hört er Mama schreien. Ein kurzer schriller Schrei. Mama hat sich weh getan!
Robin springt aus der Badewanne, so schnell, daß Knor ins Wasser fällt. Aber das macht nichts. Knor kann schwimmen. Nackt rennt Robin nach unten. Plitsch-platsch machen seine nassen Füße auf der Treppe.
Mama steht in der Küche. Sie hält ihren Kopf unter den Wasserhahn. Der Hahn ist weit aufgedreht. Ein dicker Wasserstrahl strömt auf Mamas Haare.
„Hast du geschrien?“ fragt Robin.
Mama hält ihren Kopf ganz schräg und schaut Robin an.
„Steh da nicht so nackt rum“, sagt sie. „Los, zieh deinen Schlafanzug an.“
Robin erschrickt. Was ist das, das Rote, das an Mamas Wange entlangläuft? An ihrem Kinn entlang ins Waschbecken? Robin erkennt es jetzt. Es ist Blut! Mama blutet am Kopf!
„Mach schon“, sagt Mama. „Zieh dir was an.“
Sie hält ihren Kopf immer noch unters Wasser. „Du blutest!“ schreit Robin.
„Die Wanne ist mir auf den Kopf gefallen“, sagt Mama.
Die Wanne! Die große graue Wanne, die Mama im Sommer immer in den Garten stellt. Voll mit Wasser. Dann hat Robin ein kleines Schwimmbad. Robin schaut an die Wand. Er sieht nur noch den Haken in der Wand, an dem die Wanne immer hing. Jetzt hängt die Wanne nicht mehr da.
Die Wanne liegt auf dem Boden. Sie ist vom Haken gefallen. Zuerst auf Mamas Kopf und dann auf den Boden.
Das war der Krach, den Robin gehört hat.
Jetzt hat Mama ein Loch im Kopf.
„Das hat mir heute gerade noch gefehlt“, sagt Mama. „Steh da nicht so rum. Davon sterbe ich nicht.“
Robin erschrickt. Sterben ist ein unheimliches Wort. Wenn man es spielt, ist es spannend, aber in der Wirklichkeit nicht.
„Steh nicht da und zittere!“ sagt Mama. „Zieh dir endlich was an.“
Es stimmt. Robin muß plötzlich ganz schrecklich zittern. Wenn Papa bloß zu Hause wäre. Aber Papa ist nicht zu Hause. Robin dreht sich um und rennt die Treppe rauf. Mama stirbt nicht. Das hat sie selbst gesagt.
„Und deine Hausschuhe auch!“ ruft ihm Mama nach.
Robin zieht seinen Schlafanzug und seine Hausschuhe an.
Dann rennt er wieder nach unten. Mama sitzt neben dem Telefon. Sie hat sich einen Waschlappen auf den Kopf gelegt.
„Der Doktor kommt gleich“, sagt sie.
Ein paar Minuten später klingelt es. Da ist der Doktor schon.
Robin öffnet die Tür.
„Mama ist im Wohnzimmer“, sagt er.
Der Doktor streichelt Robin über den Kopf und geht schnell ins Wohnzimmer. Mama sitzt auf dem Sofa. Sie nimmt den Waschlappen weg. Der Doktor sieht sich ihren Kopf an.
„Oje“, sagt er. „Das ist eine tiefe Wunde. Jetzt ganz fest die Zähne zusammenbeißen...“
Er zieht die schwarzen Handschuhe aus und öffnet seine Tasche. Er setzt sich neben Mama auf das Sofa. Er nimmt eine lange Spritze und gibt Mama zwei Spritzen in den Kopf.
Erste Spritze.
„Au!“ sagt Mama.
Zweite Spritze.
„Au!“ sagt Mama.
Und dann... wie furchtbar! Dann holt der Doktor eine Nadel und einen Faden aus seiner Tasche, und dann näht er das Loch in Mamas Kopf zu! So, als würde er eine Socke stopfen!
Mama ist tapfer. Sie schaut Robin an und lächelt ihm zu.
„So“, sagt der Doktor. „Wieder geflickt.“
„Und“, sagt Mama ein bißchen zögernd, „und... das Baby?“
Der Doktor nimmt sein Stethoskop aus der Tasche und drückt es gegen Mamas nackten Bauch. Er hört nach den Herztönen des Babys.
„Badum, badum, badum...!“ sagt er. „Mit dem Baby ist alles in Ordnung. Um das Baby brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.“
Der Doktor zwinkert Robin zu. Er macht seine Tasche zu und schaut sich suchend um.
„Wer hat meine Handschuhe gesehen?“ fragt er. Robin und Mama helfen dem Doktor suchen. Doch niemand sieht die Handschuhe.
Der Doktor steht vom Sofa auf und fängt an zu tanzen. Es ist ein merkwürdiger Tanz. Er
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