Robin und Gott
Tätowierung.
Opa liest wieder weiter vom Fischer und seiner Frau. Jetzt kommt das unheimliche Ende der Geschichte! Die Frau hat sich sehr viel gewünscht und der Zauberfisch hat alle Wünsche erfüllt. Sie ist Kaiserin der ganzen Welt geworden. Sie wohnt in einem riesengroßen Palast. Aber sie ist immer noch nicht zufrieden. Sie hat noch immer einen Wunsch. Und ihr Mann, der arme Fischer, muss noch einmal zum Fisch ans Meer gehen. Es ist Sturm. Der Sand weht ihm in die Augen. Das Meer rauscht furchtbar und die Wellen sind so hoch wie Häuser. So hoch wie ihr Palast. Der Fischer legt die Hände an den Mund und schreit:
„MANNTJE, MANNTJE, TIMPE TE,
BUTTJE, BUTTJE IN DE SEE,
MEINE FRAU DIE ILSEBILL,
WILL NICHT SO, WIE ICH WOHL WILL.“
Der Fisch streckt seinen Kopf aus den Wellen.
„Na, was will sie denn?“, fragt er.
„Ach, sie will... sie will“, sagt der Fischer. Er traut sich nicht es zu sagen. Das versteht Robin. Robin würde sich auch nicht trauen es zu sagen. Aber der arme Fischer muss es sagen. Er hat es versprochen. „Sie will“, sagt er, „der liebe Gott sein!“
„Opa“, fragt Robin, „wer ist der liebe Gott?“
„Das ist einfach Gott“, sagt Opa.
„Ach so“, sagt Robin.
Das weiß er schon lange. Aber er weiß immer noch nicht so recht, wer eigentlich Gott ist.
„Höchste Zeit!“, sagt Papa auf einmal. „Ich bringe Robin ins Bett. Einen dicken Kuss noch allerseits...“ Papa legt seine Karten auf den Tisch und steht auf. „Aber...“, sagt Robin, „die Geschichte ist noch gar nicht zu Ende!“
„Nein“, sagt Opa, „sie ist noch nicht zu Ende.“
Papa setzt sich wieder hin und Opa liest den Rest der Geschichte vor. Der Fischer steht am Meer und ruft dem Fisch zu, was seine Frau sich wünscht. Der Fisch hört es. Für einen Moment ist es ganz still. Man hört nur das Rauschen des Meeres. Und dann sagt der Fisch die schrecklichen Worte:
„Geh nur nach Hause. Sie sitzt schon wieder im Pisspott.“
Und alles ist weg. Der Palast, das Schloss, das Haus. Alles weg! Der Fischer und seine Frau wohnen wieder in ihrem Pisspott. So wie früher.
„Damit ist die Geschichte aus“, sagt Opa.
Diang-deng
Papa bringt Robin ins Bett. Zusammen steigen sie die Treppe zu Robins Zimmer hoch. Papa macht die Lampe über Robins Bett an.
„Diang-deng“, sagt Robin.
„Was?“, fragt Papa.
„Diang-deng.“
„Ach so, diang-deng“, sagt Papa.
„Elektrisches Licht“, sagt Robin.
„Ja“, sagt Papa.
„Das ist Chinesisch“, sagt Robin.
„Ja, Opa kann gut erzählen“, sagt Papa.
Robin nimmt seine Zahnbürste. Er drückt Zahnpasta drauf und fängt an zu putzen.
Er putzt und putzt, oben und unten, vorne und hinten, überall. Er putzt, bis ihm die Zahnpasta fast aus den Ohren rauskommt. Dann fragt er:
„Pawa, wie schieht Gott ausch?“
„Was?“, fragt Papa.
„Wie schieht Gott ausch?“
„Nimm die Zahnbürste aus dem Mund, wenn du sprichst“, sagt Papa.
„Wie sieht Gott aus?“
„Gott sieht nicht aus“, sagt Papa. „Es gibt keinen Gott.“
Robin putzt weiter.
„Wrum nischt?“, fragt Robin.
„Was?“, fragt Papa.
Robin nimmt die Zahnbürste wieder aus dem Mund und fragt:
„Warum nicht?“
„Warum was nicht?“, fragt Papa.
„Warum gibt es Gott nicht?“
„Das erkläre ich dir ein anderes Mal“, sagt Papa. „Jetzt musst du schlafen.“
Robin hält den Mund unter den Wasserhahn, bis er voll Wasser ist. Dann gurgelt er. Das macht Papa auch immer. Robin spuckt das Wasser ins Waschbecken und fragt:
„Papa, ist der liebe Gott und Gott dasselbe?“
„He, nun hör schon auf, Gott gibt es nicht“, sagt Papa.
„Aber den lieben Gott gibt es?“, fragt Robin.
„Auch nicht“, sagt Papa. „Ab jetzt ins Bett...“
Robin klettert in sein Bett. Papa deckt ihn schön zu. Robin nimmt Knor fest in den Arm. Papa küsst Robin.
„Gute Nacht, mein Lieber“, sagt er.
Robin küsst Papa.
„Gute Nacht, Papa“, sagt Robin.
Papa macht das Licht über Robins Bett aus.
„Gute Nacht, diang-deng“, sagt Robin.
Papa geht zur Tür. Das Licht über Robins Bett ist aus, aber das Licht am Treppenabsatz brennt noch. Papa steht im Türrahmen. Er ist nur ein schwarzer Schatten.
„Papa!“, ruft Robin.
Papa dreht sich um.
„Papa, warum gibt es dann so viele Geschichten vom lieben Gott?“, fragt Robin.
„Pfff“, stöhnt Papa, „nerv mich nicht.“
„Beim Fischer und seiner Frau geht es auch um den lieben Gott“, sagt Robin, „und die Geschichte vom
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