Robina Krux
keine Zeit, dem Würgen in der Kehle, dem Druck auf die Augen nachzugeben, denn da kam das Händeklatschen.
Danach ging alles schnell, viel zu schnell: der Kleinbus, Fahrstuhl, Einstieg, letzte Kontrollen…
Robina kam erst wieder zur Ruhe, als sie im Konturensessel lag, neben sich das gleichmäßige Atmen der Gefährten und das Tropfen des Countdowns hörte, wenige Minuten vor dem Start.
Sie drehte ein wenig den Kopf. Konzentriert sah Stef auf die Zahlenfolge, Stef, der Erstverantwortliche für den Flug, ein Kosmospilot wie nur wenige, jedenfalls nach Mandys schwärmerischen Aussagen. In der Tat, Robina hatte Stef während der Vorbereitung als ausgeglichen, ruhig, eher gutmütig als streng und von hohem Allgemeinwissen kennen gelernt, einen Menschen also, zu dem man Vertrauen fassen konnte und der eine natürliche Autorität besaß, einer von heiterer Lebensauffassung, der auch in ernsten Situationen eine unernste Bemerkung, einen Scherz akzeptierte, ja selbst machte, ohne dabei die Zielstellung zu vernachlässigen. Stef, obwohl ebenfalls interstellarer Neuling, hatte auch durchgesetzt, dass das Trainingsprogramm vom Team beeinflusst werden konnte, also nicht schematisch nach langjährigen Erfahrungen ablief. Allerdings hatte er etliche Planetarfahrten hinter sich.
Links neben Stef, durch ihn halb verdeckt, saß Mandy. Ein ulkiger Vogel, wie Robina im Stillen meinte. Mandy konnte maulen, schnurren, von einer Stunde zur anderen himmelhoch jauchzen und zu Tode betrübt sein, also alles andere als ausgeglichen, aber launisch war das auch nicht. Sie spottete, wurde herrlich wütend, wenn man sie foppte. Unsinn heckte sie aus, und zu Fröhlichkeit stiftete sie an, nahm nichts krumm. Nur in einem glich sie Stef: Unbarmherzig steuerte sie ihr Ziel an. So weich, wie sie mit kratziger Stimme Dorths sang, scheinbar ernst und voller Inbrunst, so hart kämpfte sie um Termine, um die Belange der Mannschaft und ein geordnetes Zusammenleben. Von Haus aus war sie Psychologin und hatte zusätzlich Raummedizin studiert. Unausgesprochen wurde sie von allen als Chef der inneren Verwaltung akzeptiert, weil die Gesundheitspässe aller vier darauf hindeuteten, dass ihre ärztliche Kunst nicht so gefragt sein würde.
Robina schmunzelte: Wie mich diese Mandy scheinbar unbeteiligt beobachtet. Sie weiß von den Computergutachten, dass dieser Frank und ich Sympathici sind. Na, sie wird schon nicht enttäuscht werden, und außerdem wäre es völlig sinnlos, dem ausweichen zu wollen. Zwölf Jahre sind eine sehr lange Zeit. Sich zieren würde Spannungen hervorrufen, das gesamte kleine Team belasten. Und dieser Frank ist sympathisch!
Nur schade, dass die drei sich gut kennen und ich der Neuling bin. Die verständigen sich mit einem Blick, kein Wunder, denn sie sind auf der Saturnreise zwei Jahre zusammen gewesen, auch wenn die Mannschaft damals größer war. Dieser Frank, wie er mich bei der ersten Zusammenkunft gemustert hat… Rot bin ich geworden.
Dem Wesen nach ist er Stef ein wenig gleich, lauter vielleicht, versponnen manchmal, einer, der zwar eine Meinung hat, sich aber gern leiten lässt. Und ein Mensch mit absolut praktischen Fähigkeiten, einer, der noch fast alles selbst machen kann, ohne Roboter und Projekt, dilettantisch, wie er es selbst einschätzte. Aber – so meinten die übrigen drei – der Dilettantismus so beschaffen, dass nur Koryphäen der jeweiligen Fachgebiete ihn bemerken würden.
Frank spielte auf einer alten zerkratzten Gitarre ebenso gut, wie er rasch einen Fehler in der Anlage aufspürte oder irgendein raffiniertes Gericht fabrizierte, das kein Kochmaschinenprogramm enthielt.
‘Da sitzt er, Frank, mein Sympathicus. Nun hat er gemerkt, dass ich zu ihm hinüberschaue.’
Bevor Robina eine dem Start gemäße Miene aufsetzte und den Blick von Frank löste, blinzelte er ihr mit dem rechten Auge zu. Sie lächelte.
Dieser Frank jedenfalls bewirkte, dass ihr der Abschied von der Erde nicht gar so schwer fiel und sie mit einiger Neugier dem Kommenden entgegen sah.
Robina war, eingehüllt in Erinnerung, mit einem Lächeln eingeschlafen, halb sitzend im Winkel zwischen Fußboden und Kuppelwand.
Sie erwachte langsam, ausgeschlafen. Nichts hatte sie geweckt – nichts?
Doch! Ein leises, kaum wahrnehmbares Rauschen; nicht das Summen der Funkanlage, wie sie sich erschrocken vergewisserte. Dann hielt Robina die Augen geschlossen, lag still, obwohl sie darauf brannte, die Lage zu überprüfen. Sie hatte in dem
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