Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Himmelwärtsstrebende, fühlte etwas von dem Unfasslichen, dem Sehnen der Menschen, von dem Erhabenen, und sie meinte auch, etwas von dem zu bemerken, das die Menschen jener Zeit ergriffen haben mochte, angesichts dieses Kunstwerks, als sie, aus Elendshütten und engen, finsteren Behausungen kommend, zum ersten Mal vor dieser Pracht standen. Mussten sie nicht in dem Glauben bestärkt sein, dass ein höheres Wesen selbst diese Mächtigkeit und Vollkommenheit ermöglicht hatte?
    ‘Ja – und heute?’ Unbewusst zuckte Robina mit den Schultern. Heute, im Zeitalter der Antigravitation, beeindruckt der Bau eben immer noch; auf andere Weise freilich deutet er auf das höhere Wesen Mensch, das Streben nach Vollkommenheit, nach Unsterblichkeit. Und irgendwie fühlte Robina ein wenig Stolz, Angehörige dieses Menschengeschlechts zu sein… Im nächsten Augenblick schalt sie sich albern. Welchem Geschlecht außer dem menschlichen könnte man noch angehören?
    Sie ging die wenigen Meter hinüber zum Eingangsportal. Mit Ed hatte sie vereinbart, ihn, falls er sie nicht abholte, in seiner V-Wohnung zu erwarten.
    Zögernd überschritt Robina die Schwelle zu einer historischen Welt. Dämmerlicht und angenehme Kühle umfingen sie – und Stille. Stille, obwohl, wie ihre langsam akkomodierenden Augen wahrnahmen, Leute im Dom umher gingen.
    Auch innen beeindruckende Weite, Mächtigkeit.
    Robina ließ sich treiben in einer Gruppe Jungendlicher, die, wenn überhaupt, flüsternd sprachen.
    Sie betrachtete die Gemälde und Figuren wie ein buntes Bilderbuch. Der Inhalt sagte ihr wenig, ließ nur selten Geschichtskenntnisse aufflackern. Immer wieder richtete sie ihren Blick nach oben, folgte den Säulen in die Erhabenheit der Gewölbe, betrachtete die Pracht der restaurierten Deckengemälde.
    Dann setzte sie sich auf eine der Holzbänke, genoss die Atmosphäre, und sie dachte, dass es doch schön gewesen wäre, wenn Boris sie begleitet hätte.
    Boris – der Gedanke schmerzte ein wenig. Robina kamen Bilder in den Sinn aus der Zeit, als sie klopfenden Herzens in die Experimentierklasse trat, betont forsch ihren Platz an den Simulatoren einnahm, das Gehirnpotential der Experimentatoren kontrollierte, zur Konzentration mahnte und auf Unachtsamkeiten hinwies, die zu einem Felddurchbruch und damit im Ernstfall zur Katastrophe führen konnten.
    Sie sprach mit zeitweilig Verzagenden, die meinten, dass ihre Kräfte nie ausreichen würden, ihre Bioströme auf das Feld zu aktivieren. Robina wies dann im Experiment über Zeiger und Kurven der Instrumente nach, dass zum biophysikalischen Steuern nicht ein Quant Mystizismus, wohl aber Konzentration und eine bestimmte Veranlagung gehörten.
    Sie demonstrierte, lobte, zwang sich zur Strenge, wenn die Disziplin zu entgleiten drohte. Und allmählich verlor sie Unsicherheit. Nur an einem Simulator gelang ihr das nicht.
    Robina lächelte in Gedanken.
    Dort scheute sie jede Vorführung, weil sie ihr nur unvollkommen gelang.
    An diesem Simulator lernte Boris, der Schlanke mit den hellen Augen und Haarlocken, jener Boris, der ihr – ein wenig überheblich, wie ihr vorkam – zusah, zuhörte, sie scheinbar voll akzeptierte. Aber gerade in dieser zuvorkommenden Widerspruchslosigkeit glaubte sie Vorbehalte zu spüren. Das reizte sie, und sie steigerte sich gerade an diesem Gerät doch noch zur Vollkommenheit. Sie spürte die Bewunderung der übrigen Angehörigen der Gruppe, Bewunderung darüber, wie sie als kleine, bei allem Selbstbewusstsein bescheidene Person das Feld in die Schranken zwang, selbst dann noch, als der Simulator – von ihr, zugestanden, ein wenig angeberisch eingestellt – Anomalien hervorrief, die normalerweise, beispielsweise an Bord eines Raumschiffes oder in einer Energieerzeugungsanlage, Katastrophenalarm und Evakuierung des Objekts bedeutet hätten.
    ‘Ja, das ist meine Strecke’, dachte sie stolz. Sie dehnte sich, dass die alte steife Dombank unter ihr knackte. Nur dieser eine, dieser Boris, behielt seine Reserviertheit. Nun, seine Leistungen waren nicht die allerbesten, und da hakte Robina ein. Sie zog ihn allen anderen vor – in Hinblick auf Aufgaben, auf – oft negative – Demonstration. Geduldig spielte er mit, ja, er spielte mit.
    Bis zu dem Tag, an dem er sie, schon gegen Ende des Unterrichts, freundlich-hinterhältig um eine umfangreiche Erläuterung ihrer Hirnstromaktivierung bat, ihrer Suggestiv-Empfindung während der Konzentrationsphase.
    Über diesen Erläuterungen

Weitere Kostenlose Bücher