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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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das Auge
reichte. Weit in der Ferne im Dunst ein Hochgebirge? Aber das
Boot steuerte, automatisch gelenkt, auf etwas anderes zu, auf
eine graue, geometrisch auch in der Höhe gegliederte Fläche…
    Und abermals geriet Robina ins große Staunen: Hatte sie
angenommen, sie würde zur Landung auf einem nicht
erschlossenen Planeten in eine provisorisch dafür hergerichtete
Schneise geleitet, musste sie sich gründlich revidieren.
    Das Boot landete auf einer Piste von einer Ebenheit, die nicht
den geringsten Hopser auf das Flugzeug übertrug.
Die Landebahn lag inmitten eines Gebäudekomplexes – nein,
eines Ensembles übereinander liegender Dächer ohne jede
Stütze. Obwohl diese äußerst stabil schienen, sah es aus, als
schwebten sie. Unter diesen Dächern lagerten allerlei Material
und Gerät. Große quaderförmige Container, mitunter
übereinander gestapelt, standen ausgerichtet. Nur ein Gebilde,
das an ein riesiges irdisches Gewächshaus erinnerte, besaß
Bodenhaftung. Zwischen all diesem quirlten scheinbar
chaotisch grünliche Kugeln und unterschiedliche Roboter
umher, manche ähnlich Birne. Robina dachte unwillkürlich an
einen Ameisenhaufen. Doch bei genauerem Hinsehen lag darin
wohl System. Es schien, als entstünde an jedem Punkt des
überdachten Areals Neues: Behälter, stationäre Anlagen,
abgeschlossene Räume. Und was sich da bewegte,
transportierte, dirigierte, montierte! Nur, man hatte ihr gesagt,
das Schiff läge 20 Tage im Orbit. Beim besten Willen und
allen denkbaren Voraussetzungen hätte das Objekt in dieser
Zeit nicht aufgebaut werden können.
,,Unseres war das letzte Schiff, das vom Boliden
aufgebrochen ist“, antwortete Birne auf ihre erstaunte Frage.
„Andere sind schon längere Zeit hier.“
Noch bevor Robina ausstieg, ordnete der Erste an: „Folge
dem Roboter!“
Wieder lag der ganz leichte Benzingeruch in der Luft,
durchaus nicht unangenehm. Robina beschlich eine Art
Heimatgefühl, was wohl nicht zuletzt auf die Schwere
zurückzuführen war, die fast vier Fünftel der der Erde
entsprach. Aber schon nach wenigen Metern bemerkte Robina,
dass sie sich daran würde erst gewöhnen müssen, obwohl auf
dem Schiff gegenüber dem Boliden etwa die halbe Erdschwere
herrschte.
Sie folgte Birne bis beinahe zur Peripherie dieses
Durcheinanders, wobei sie sich an den Rand der Landepiste
hielten. Robina erschien es ausgeschlossen, sich einen Weg
durch das chaotische Treiben unter den Dächern zu bahnen.
Birne wies seine Begleiterin in einen kleinen Container. Als
Robina sich umsah, stieß sie doch überrascht die Luft aus: Was
sie vorfand, entsprach allem, was zum Wohnen und zur
Befriedigung menschlicher Bedürfnisse notwenig war, aber auf
das Provisorischste!
Ohne jeden Sinn für Ästhetik hatte man zusammengeklebt
oder geschweißt, was im Aussehen an einen Tisch, ein Bett,
einen Stuhl, Herd oder – in einem Nebenräumchen – an die
Ausstattung eines Badezimmers erinnerte.
Als Robina einen Hebel betätigte, trat sie leicht erschrocken
zurück. Brachial schoss Wasser in das Klosettbecken. Sie
lachte belustigt auf.
„Komm“, gebot Birne. „Machen wir Platz.“
Robina sah sich um, folgte Birne hinaus und wurde beinahe
umgerannt von einer kleinen Maschine, die ein für sie
scheinbar überdimensionales Paket trug und dieses in Robinas
künftige Heimstatt bugsierte. Und davor standen noch etliche
dieser Helfer beladen mit Vorräten aus dem Landeboot, die sie
behände in die Behältnisse im Inneren verbrachten.
Robina seufzte in unernster Bewunderung.
,Umsichtig ist er, der Erste. Er lässt nichts aus, und ihm
entgeht offenbar nichts.’
„Wie lange soll ich eigentlich hier – in dieser Schachtel
wohnen?“ Und sie spreizte zwei erhobene Finger, wartete, bis
sich in Birnes Gesicht der Rhombus zeigte. „Wo sind Astrid
und Oman?“, fragte sie.
Die Dioden erloschen. „Ich weiß es nicht“, entgegnete der
Roboter und beantwortete so gleichzeitig beide Fragen.
Und dann wurde es Robina doch bänglich zumute, als sie
daran dachte, dass es wohl 12 Jahre sein könnten, die sie unter
diesen oder ähnlichen Bedingungen würde zubringen müssen,
bis die ersehnte Erlösung kam. –
4
    Die folgenden Tage verbrachte Robina damit, ihr neues
Umfeld zu erkunden. Niemand kümmerte sich um sie, wenn
man von Birne und dem Schleicher, der (oder ein anderer?)
sich wieder zu ihr gesellt hatte, absah. Sie wagte sich ins
Gewimmel; die Beweglichen wichen ihr aus, ohne sichtlich
Notiz von dem langsamen, sich auf

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