Robinas Stunde null
wiederkehrte und eine Weile anhielt.
Sie ordnete mechanisch Gegenstände, schützte Lebensmittel
vor dem Verderb, und sie hatte bei all diesen Tätigkeiten das
Gefühl, als befände sie sich bereits in einer Art Trancezustand
oder Halbschlaf. Das Um-sie-Herum verlor an Konturen.
In einem lichten Augenblick empfand sie dieses Abschalten
als angenehm, vertrieb es doch die Furcht vor der Gefahr, dass
ihr Dilettanten einen ewigen Schlaf verordnen könnten.
Aber dann gelang die Überraschung: Birnes Gesichtsdioden
spielten, ein Zeichen, dass in irgend einer Weise aktiviert
wurde.
Die letzten wenigen Verrichtungen waren getan.
Stunden nach dieser Reaktion Birnes hatte sich Robina wie
auf heißen Kohlen gefühlt, nervös in Erwartung des
Kommenden.
Dann tauchte ebenso unvermittelt wie beim ersten Mal der
Wachhabende auf – wieder als schlierendurchsetzter milchiger
Quader, und seine Stimme füllte den Raum: „Bist du bereit für
den Schlaf, Robina Crux?“
Zum Zeichen, dass sie es sei, stand Robina auf, das Gesicht
ihm zugewandt.
„Komm!“ Und er schwebte hinaus auf die Diele, auf die
schwere Tür zu, die vor ihm aufschwang.
Verwundert folgte Robina. ,Gibt er das Geheimnis preis?’
Gefehlt! Kein gläserner Container befand sich da, kein
Vorhang, sondern im Raum ein quaderförmiger massiver
Klotz, größer als die Schlafkabine der beiden Menschen. An
der linken Wand stand eine runde Klappe nach oben und gab
eine Öffnung frei. Da hinein lotste der Wachhabende Robina.
Eine normal breite Liege, zwischen dieser und der Wand ein
schmaler Gang. Aus einem Kasten über dem Lager pendelten
Kabel und Schläuche. Mehr befand sich in dem Kämmerchen
nicht, für mehr wäre auch kein Platz gewesen. Zweifelsfrei
handelte es sich um einen Anbau an den veränderten Raum der
beiden Schläfer, streng isoliert von jenen, offenbar, um deren
Anwesenheit zu vertuschen.
Vertrauensbildend fand Robina solches Versteckspiel gerade
nicht. Aber sie begriff, dass der Wachhabende sein Handeln
gegenüber den Seinen nicht preisgeben wollte, also tat, als
wüsste er nicht um den Kontakt der drei Menschen. Und sicher
hatte der Erste das Procedere von Robinas Anabiose festgelegt.
Sie folgte mit gemischten Gefühlen den Anweisungen, sich zu
entkleiden und auf die Liege zu legen.
Dann trat Birne in Aktion. Sie kannte ihn nun jahrzehntelang,
hatte manches Mal über seine Fähigkeiten gestaunt. Dass er
beinahe zärtlich mit seinen Manipulatoren den Tropf an ihre
Armvene legen konnte, setzte sie erneut in Verwunderung. Sie
verspürte noch, wie Birne die Kabel an ihren Fuß- und
Handgelenken anschloss, und wartete auf die sicher nicht sehr
angenehme Verbindung mit den Schläuchen, aber Orpheus
legte vorher seinen Mantel um sie. –
2. Teil
1
Dunkel-orangefarbenes Licht füllte den Kopf, und langsam
breitete sich wie unter einer weichen Decke angenehme
schmeichelnde Wärme aus. Und ein feines Sausen hüllte sie
ein. Ganz langsam entstand Schwere. ,Ah, was ist…’, ging es
Robina durch den Kopf, gemächlich, als kröchen die Gedanken
durch Watte. Und zäh tropfte Erinnern ein. Dann spürte sie
ihren Körper, Finger und Zehen spielten leicht, und mit einem
Ruck hob sie die schweren Lider. Sie blinzelte, blickte in eine
leuchtende, wenig blendende Scheibe über ihrem Kopf. Dann
richtete sie die Augen zu ihren Füßen und erschrak ein wenig,
denn sie sah in einen kleinen Schwarm bunter, schwirrender
Glühwürmchen. „Birne!“, rief sie.
Der Roboter schwebte, da er neben Robinas Lager keinen
Platz hatte, über ihr, und es war, als drücke das lebhafte
Leuchten in seinem Gesicht Freude über ihr Erwachen aus.
Robina befühlte zögernd ihren nackten Körper und
schwenkte… oder wollte ein Bein von der Liege herab
schwenken, was zunächst kläglich scheiterte. Sie holte kräftig
Luft. ,Es ging doch bei dieser Astrid auch’, dachte sie
ärgerlich, und der zweite Versuch gelang.
Wacklig stützte sie sich Augenblicke gegen die Wand. Aber
nach leichtem Schwindel stellte sich verhältnismäßig schnell
Normalität ein.
Robina setzte sich noch eine Weile aufs Lager; Birne
zwängte sich aus der Luke, kam aber alsbald mit einem Korb
zurück, in dem sich Robinas Kleider befanden.
„Wo sind wir?“, fragte sie während des Ankleidens ohne
sonderliches Interesse; denn natürlich konnte sie es sich
vorstellen.
„Im Orbit“, antwortete er. „Schon zwanzig Tage.“
„Und warum werde ich erst jetzt geweckt?“, fragte sie, nun
doch etwas
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