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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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die Gitter des Antennenmastes und das dahinter
unendliche Gleißen der Sonnen. Und sie ging mehr als einmal
mit Sophie ins Gericht, die den Weckmechanismus im
Landeboot in Gang gesetzt oder Li Tschan, der es eingefangen
hatte. ,Hätte ich nicht an der Kristallwand mit dem Landeboot
zerschellen, und so weniges später Mandy, Frank und Stef
folgen können? Wozu, wozu die Qual, das Hoffen und Sehnen
in diesen Jahrzehnten danach, um jetzt festzustellen, dass ich
all das umsonst –
Es klopfte an die Tür.
    Robina sah müde auf. Sie saß auf dem Bett, um sich
Kleidungsstücke. Ein längst abgelaufenes Video zog Streifen
über den Bildschirm.
    Es klopfte abermals. „Robina, mach bitte auf.“ Sarahs
Stimme.
Ein gleißender Lichtstrahl durchflutete das Zimmer. Auf ihrer
Bahn um die Erde wandte die Orbitalbasis das Fenster für
Dutzende Minuten der Sonne zu – wie in jeder der täglichen
Umkreisungen; bislang von Robina wie alles in ihren
Umgebung kaum wahrgenommen.
,Was ist…?’ Robinas Blick gewann an Schärfe, ihre Miene
an Aufmerksamkeit.
Der Lichtstrahl traf auf ein Tischchen, auf das Sarah vor
Tagen wohl, Robina hatte es, wie vieles, nicht wahrgenommen
und später nicht beachtet, ein Blumenwännchen mit kleinen
Pflänzchen gestellt hatte.
„Das ist doch…“, murmelte Robina und leichte Freude
erhellte ihr Gesicht. Langsam erhob sie sich und begab sich
unsicheren Schritts zu dem Tischchen.
Aus den zunächst unscheinbaren Pflänzchen hatte sich ein
Busch geformt, und an ihm hingen filigrane Krönchen,
Narrenkäppchen, blau und lila und gelb.
Robinas Herz machte einen deutlichen Hupfer, und sie spürte
Freude und Wehmut. Sie dachte an Mandy, an ihre einsame,
von Blumen überwucherte Containerbehausung und an eben
diese Trostspender, die jetzt in klirrender Kälte die Ewigkeit
erlebten. Und die ersten, die das Lichtchen Hoffnung in die
Öde brachten, waren jene zerbrechlichen Krönchen, blaue,
gelbe, violette, die, was Robina nunmehr wusste, Akelei
heißen.
Die Frau strich zärtlich über die Pracht, spürte, wie die
kleinen Köpfchen elastisch ihrer Handfläche schmeichelten,
und dann tauchte sie ihr Gesicht in das grün und bunt
Wuchernde, verharrte so lange Augenblicke.
„Robina, bitte, ich bin es, Sarah!“ Und es klopfte abermals.
Robina ließ noch einmal wie bedauernd ihre Hand streichelnd
über die Blüten gleiten, fuhr mit den Fingern ordnend durch ihr
Haar, wandte sich zur Tür und öffnete.
„Robina!“ Sarah zog sie an sich, hielt sie dann mit beiden
Armen in Abstand, blickte prüfend und fragte: „Geht’s dir
besser?“
Robina nickte. „Danke“, sagte sie und wies mit
ausgestrecktem Arm auf die Pflanzen, deren Köpfchen im
Nachklang der Berührung noch leicht bebten.
„Morgen um neun Uhr geht der nächste Shuttle“, sagte Sarah
sanft „Willst du?“
„Ich will!“ –
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    Robina hatte sich aus ihrer depressiven Stimmung gezwungen.
Immer wieder war ihr Blick an den Blumen hängen geblieben,
stets kamen ihr dabei die Gefährten der REAKTOM in den
Sinn, und sie sagte sich, keiner von ihnen hätte je aufgegeben,
so lange das Blut in seinen Adern pulste.
,Und ich werde auch nicht aufgeben! Sarah hat gesagt, die
Erde ist intakt. Ich will sie sehen. Ich kann mich auf ihr frei
und ohne Schutzanzug bewegen, ihre Luft atmen, ihre Früchte
essen und muss keine quälende unbestimmte Hoffnung mit mir
herumschleppen. –
    Sie saßen in der Caféteria des PusztamonostorKosmodroms, McLean und Robina Crux. Außer ihnen
befanden sich noch drei Leute im Raum, die mit aus der
Orbitalstation gekommen waren und wohl längere Zeit auf
einen Fluganschluss warten mussten. Eine junge Frau machte
sich an der Rezeption zu schaffen. Birne hatte sich
energiesparend auf den Boden abgesenkt und bildete einen
merkwürdigen Fremdkörper in dem gediegen eingerichteten
Gastraum.
    Ein kräftiger schwarzer Mann zog einen Trolley mit Robinas
Habseligkeiten durchs Foyer und fragte über den Raum hinweg
die Tresendame nach der Zimmernummer des Gastes.
    „Ach, Mba, wenn du das abgeladen hast, kommst du bitte
‘mal her?“, rief McLean. „Er kann dir ein paar Tipps geben.
Mba ist viel unterwegs“, erklärte er Robina.
    Robina saß etwas abgespannt und verunsichert in ihrem
Sessel. Eine unbestimmte Angst hatte sich ihrer bemächtigt,
eine Angst vor dem unbekannten Schrecklichen. Sarah und
andere hatten ihr in den letzten Stunden dieses und jenes
geraten. Aber Robina konnte sich dabei wieder des Eindrucks
nicht

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