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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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erwehren, dass alle, die sie kontaktierten, ihr gegenüber
noch immer eine gewisse Zurückhaltung obwalten ließen. ,Wie
wird sie sein, die Erde ohne Menschen? Sicher nicht wie meine
Kristallwelt, aber wohl nicht minder einsam…?’
    McLean fasste nach Robinas Hand. „Was wirst du machen?“,
fragte er.
Robina lächelte. „Ich weiß es nicht
– vertraute Stätten
aufsuchen, Historisches. Ich hatte als junger Mensch nicht all
zu viele Gelegenheiten, das Schöne auf diesem Planeten zu
sehen. Vielleicht will ich auch nur ein wenig in Nostalgie
schwelgen? – eine Weile wenigstens. Auf jeden Fall sie
kennen lernen, diese neue Welt.“
„Denke dran: Es ist gut, wenn du dir ständig
vergegenwärtigst, dass du auf dich allein gestellt sein wirst.
Hilfe gibt es da und dort schon zu finden, aber du solltest nicht
auf sie hoffen. Du bist im ungarischen Territorium Europas.
Nach unserer Schätzung leben hier zur Zeit etwa zweitausend
Leute. Das ist im Schnitt auf sechsundvierzig
Quadratkilometer ein Mensch. Den zu treffen, ist Glück.“
McLean lächelte. „Allein im Kosmodrom sind wir zwanzig.
Das verdünnt noch mehr.“
Robina rührte in ihrem Kaffee.
„Entschuldige, das sollte nicht makaber klingen, aber so sind
nun einmal die Fakten. Und nirgendwo ist es anders.“
Robina konterte: „Ich war über fünfunddreißig Jahre lang in
zig Lichtjahren zum Kubik der einzige Mensch und habe das
überstanden. Wenn also diese Statistik-Ungarn alle an der
Straße wohnen, treffe ich nach deiner Milchmädchenrechnung
ungefähr alle sieben Kilometer einen. Das ist im Vergleich
dazu doch schon etwas, oder?“
McLean wechselte das Thema: „Wir könnten dich hier im
Kosmodrom gut gebrauchen. Es haben sich zwei Piloten
gemeldet. Wir wollen eine weitere Fluglinie aufmachen, und
du weißt, das ist mit Piloten allein nicht getan.“
„Danke“, erwiderte Robina. „Vielleicht komme ich später auf
dein Angebot zurück, vorerst aber möchte ich…“
Mba trat rasch näher. „Boss?“, sagte er.
„Nimm Platz! Das ist Robina Crux, die Spätheimkehrerin von
der REAKTOM.“
Mba musterte Robina mit einem warmen Blick. „Ich weiß,
gehört habe ich davon.“
„Sie will – hinaus“, erklärte McLean mit einer Geste zu den
Fenstern hin. „Gib ein paar Hinweise, wie es ist und was sie
vorfindet.“
„Könnte ich sie auch begleiten, zwei drei Tage, wenn
einverstanden du bist.“
Robina musterte den Mann. Sein Trägerhemd ließ breite,
muskulöse Schultern und ebensolche Oberarme erkennen. Das
breite Gesicht verriet Gutmütigkeit, und es schien, als entginge
den flinken Augen nichts.
„Nicht nötig, danke!“, erwiderte Robina. „Ich habe meinen
Gesellen.“ Sie deutete auf Birne. „Der kann viel mehr, als man
ihm ansieht. Aber wenn du mir hilfst, mich auszurüsten…“
„Traust du dir, mit Caravan zu fahren? Besser wäre das.
Quartiere unterwegs noch nix gut. Und kannst mit Soloauto
fahren, wenn notwendig.“ Und Mba riet, was alles
mitzunehmen und worauf unterwegs zu achten wäre. Er
lächelte breit, als er meinte, dass der Verkehr auf den Straßen
ja noch nicht so dicht sei.
,Sie haben, wenn sie in dieser Situation scherzen können,
Trauer und Schmerz überwunden – oder verdrängt?’, dachte
Robina. Sie glaubte im Augenblick nicht, dass sie es jemals
könnte.
McLean verabschiedete Mba mit dem Auftrag, Robina so wie
besprochen zu unterstützen, und diese beteuerte, es nicht sehr
eilig zu haben, sie wolle sich in der Umgebung des
Kosmodroms noch ein wenig umschauen und sich vor allem an
die Erdschwere gewöhnen, die ihr doch mehr als angenommen
zu schaffen mache.
„Eines noch, Robina“, sagte McLean, als Mba gegangen war.
„Die Folgen der Katastrophe sind längst nicht beseitigt.
Absperrungen sind dürftig. Wer auch sollte das alles gerichtet
haben. Man braucht Nerven, draußen. Du bist gut beraten,
wenn du dich an die Hauptstraßen hältst. Brauchst du Hilfe,
nutze die Mobilfunkanlage, die dir Mba einbaut. Wenn irgend
möglich, helfen wir. Mittel haben wir. Es ist zwar angebracht,
zu sparen, aber noch lange können wir im Überfluss leben. Wir
arbeiten daran, dass Gebrauchsgüter wieder produziert
werden.“ Und McLean erläuterte Vorhaben, erklärte Robina,
was sich an Organisatorischem auf der Erde bereits entwickelt
hatte. Man sei dabei, auf jedem Kontinent in einer klimatisch
günstigen, wirtschaftlich erschlossenen Region die Menschen
anzusiedeln. Nationale Identitäten und Traditionen gehen zwar

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