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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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nicht so recht, welcher Art Rat es war,
dem jener vorsaß, aber es musste wohl ein Gremium mit
Einfluss sein. Schon seinerzeit während der kleinen
Pressekonferenz im Bond-Kosmodrom, als jener auf dem
Monitor zu sehen war, hatte Robina diesen Eindruck. Aber
näher hatte sie sich nicht informiert.
„Ray Murlog“, murmelte der zweite Mann, „Chef der ERDE
drei, dieser Basis hier.“
,Wenn ich ihn irgend wo anders träfe, würde ich ihn für den
Wirt einer gemütlichen Eckkneipe halten’, dachte Robina.
„Ich bin Sarah Lewin“, sagte die Frau. „Psychologin.“
„Wie war die Reise?“, erkundigte sich McLean höflich.
Robina nickte mit zufriedenem Gesicht ,Psychologin, hm!’
Ihre Erregung hatte sich gelegt und einer Erwartung Platz
gemacht, die sie nicht definieren konnte: Vielleicht wie bei
einem mittelmäßigen Unterhalter, bei dem man sich wenig
interessiert fragt, was wohl als Nächstes aus dem Hut käme.
„Ich denke, du ruhst dich erst mal ein wenig aus, gewöhnst
dich an die hiesige Schwere. Wir treffen uns heute Abend und
besprechen dann das Weitere.“ McLean sagte das so, als ob es
ausgeschlossen sei, sich anders als von ihm vorgeschlagen zu
verhalten.
Robina blickte erstaunt, Sarah Lewin, die ihr von der ersten
Sekunde an
– trotz der offensichtlich auf sie gemünzten
Zuordnung als Psychologin – sympathisch war, nickte ihr zu.
„Gut“, antwortete sie. „Ich möchte nur so schnell wie möglich
hinunter.“
McLean nickte deutlich. „Du findest im Gästeappartement
alles vor, was du brauchst. Für dein leibliches Wohl sorgt die
Kantine.“
„…brauchst bloß über die Sprechanlage zu bestellen“,
ergänzte Ray Murlog.
Robina lächelte. Sie dachte an ihren Vergleich mit dem Wirt.
Sarah begleitete Robina zum Wohntrakt. Es begegnete ihnen
keine Menschenseele.
„Ist die Mannschaft auf einem Ausflug?“, konnte sich Robina
nicht verkneifen zu fragen.
Sarah lächelte gequält. „Hier.“ Sie öffnete die Tür zu einem
Zimmer. „Du meldest dich, wenn du etwas brauchst, ja? Ich
hole dich um achtzehn Uhr ab.“ Und sie wandte sich zum
Gehen.
„Sarah!?“ Robina stand mitten im Raum und rief den Namen
drängend.
Die Frau blieb, die Klinke in der Hand, stehen und blickte ein
wenig erschrocken zu Robina. „Ja?“, fragte sie zurück.
„Es mag sein, dass man, so wie ich, in langer Einsamkeit
verblöden könnte. Vielleicht bin ich es auch. Aber nicht in
einem solchen Maß, dass ich die Vorbehalte nicht bemerkte,
die ihr gegen mich habt. Das habe ich auf dem Mars so
empfunden und es dort dem Sonderstatus dieser Leute
zugesprochen. Auf der TELESALT vier begegnete man mir
merkwürdig, und euer Empfang hier ist der Gipfel. Was, zum
Teufel, habt ihr gegen mich oder was verbergt ihr vor mir?“
Sarah sah auf den Fußboden, äußerte sich nicht, zog langsam
die Tür zu, trat ins Zimmer, schaute Robina schweigend an,
sekundenlang, und sagte dann: „Setz dich!“
Robina gehorchte ahnungsvoll. Das Gebaren der Frau deutete
auf Ernstes hin.
Sarah trat ans runde Fenster. Hinter den Gitterstäben des
Antennenträgers schaute man ins schwarze, sternenübersäte
All. Zögernd begann sie, ohne sich umzudrehen, zu sprechen:
„McLean wollte heute Abend… Aber es ist vielleicht besser
von Frau zu Frau…: Als du mit der REAKTOM aufbrachst,
gab es zirka siebeneinhalb bis acht Milliarden Menschen auf
der Welt.“ Sarah machte eine Pause, dann kam der Satz,
brüchig, als fiele es ihr schwer, ihn zu formulieren: „Heute,
schätzen wir, sind wir noch dreihunderttausend!“
Still war es im Raum. –
9
    Robina saß steif, in ihrem Gesicht bewegte sich kein Muskel.
In Sarahs Blick verwoben sich die Gitterstäbe des Mastes.
Dann drehte sie sich langsam um, machte einen Schritt auf
Robina zu, setzte sich rasch neben sie und legte ihr einen Arm
um die Schultern.
Minutenlang saßen sie so.
Robina lehnte den Kopf an Sarahs Körper. Diese nahm
Robinas Hand, strich zärtlich darüber hin.
Robina sagte rau: „Sprich!“
Sarah räusperte die Beklemmung aus der Kehle und begann
mit unsicherer Stimme: „Nach dem Überfall der Aliens, von
dem du ja weißt, hatte sich die Menschheit gerade erholt. Der
Schulterschluss gegen die Eindringlinge hatte bewirkt, dass
jene Kräfte auf der Erde siegten, die die sozialökonomische
Globalisierung wollten, nicht jene von Übersee vertretene, die
auf Gewalt, Erpressung und Unterdrückung beruhte. Es gelang
ziemlich schnell, das schlimmste Übel, das bislang einer
friedlichen

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