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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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hatte stets zu tun. Flug und Steuerung vollzogen
sich zwar automatisch, doch im Sonnensystem wimmelte es
mittlerweile nachgerade von Raumschrott, und da hieß es
schon, auf Posten zu sein, falls ein Alarm ausgelöst werden
sollte. Dienstfreie ruhten oder gingen
Gewohnheitsbeschäftigungen nach. Nur während der
Mahlzeiten versammelten sich einige in der kleinen Kantine.
    Robina bot sich an, gleichsam als Mädchen für alles, die
Mannschaft zu betreuen, was dankbar entgegengenommen
wurde.
    Ab und an traf sie sich mit dem wortkargen Li Tschan. Sie
spielten Schach, unterhielten sich über Belangloses. Auf
Wunsch der Leute wurden mehrere Zusammenkünfte
organisiert, in denen Robina von ihrem Erleben berichtete,
Rede und Antwort stand. Und natürlich wurde Birne
gebührend bestaunt.
    Ansonsten las und ruhte Robina viel, betrieb das übliche
Fitnesstraining und konnte befriedigt feststellen, dass man
ihrem Gesicht und Körper die Strapazen der Anabiose nicht
mehr ansah. Und wenn sie sich mit den drei Frauen an Bord –
jede wesentlich jünger als sie – verglich, glaubte sie, dass sie
so schlecht nicht abschnitt.
    Obwohl alle Treffen in gelockerter Atmosphäre stattfanden,
man Robina freundlich, beinahe herzlich begegnete, konnte sie
sich auch an Bord der TELESALT 4 des Eindrucks nicht
erwehren, als übten die Leute ihr gegenüber eine gewisse
Zurückhaltung. Doch langsam begann sie darüber
nachzugrübeln, ob sie nicht vielleicht unter einer Art von
Phobie litte, sich einbildete, dass sie, wo sie ging und stand, ob
ihres Schicksals sichtbar oder verstohlen bedauert wurde. –
    Als die TELESALT 4 sich der Erde näherte, hielt sich Robina
oft stundenlang im Ausguck auf, ohne etwas Sinnvolles zu tun
oder auch nur zu denken. Angesichts der bläulich leuchtenden
Scheibe, von der sie den Eindruck hatte, sie wüchse täglich ein
Stückchen, drängten Bilder von Ereignissen in ihr Erinnern,
die sie längst vergessen glaubte. Szenen aus der Kindheit, der
Schule, dem Studium und immer wieder solche mit den Eltern,
dem Bruder Ed, Freunden und insbesondere Boris und Frank
tauchten auf, plastisch und bewegend, als hätten sie erst
gestern stattgefunden. Es schien, als wolle der näher rückende
Planet als Ziel allen Sehnens seine Dominanz ausspielen: Nicht
ein einziges Mal mischten sich in Robinas Bilderreigen solche
von der verlassenen Kristallwelt, der fremden Raumfahrer oder
des Wankelplaneten. Immer waren es Widerspiegelungen von
Geschichten, die sich auf der Erde zugetragen hatten.
    Dann wurde die Scheibe so groß, dass sich auf ihr die
Kontinente abhoben, und Robina versuchte mit dem Blick,
Stätten aufzufinden, die sie aufgesucht hatte. Und je mehr
Konturen der Planet bekam, je besser Robina Länder, Gebirge
und Flüsse identifizieren konnte, desto deutlicher und
vielfältiger wurden die Erinnerungsbilder. –
8
    In der Stunde, in der die TELESALT 4 an die Orbitalbasis
andockte, bemächtigte sich Robinas eine Aufregung, wie sie
meinte, noch nie eine solche erlebt zu haben, nicht an jenem
Nachmittag, als sie nach den Mathematik-Hausaufgaben mit
Alexander, dem Schwarm aus der 12. Klasse, zum ersten
Mal… Auch nicht, als sie unter den Augen der strengen
Kommission im heißen Test das Antimaterie-Haltefeld
dirigierte.
    Klopfenden Herzens verließ Robina die Schleuse und
verhielt, ein wenig überrascht und vielleicht auch enttäuscht,
den Schritt. Nicht, dass sie einen großen Bahnhof erwartet
hätte, aber ein bisschen mehr Aufmerksamkeit für die Ankunft
eines Spätheimkehrers wäre wohl möglich gewesen. Es hätte
zumindest ihrer eigenen inneren, freudigen Erwartungshaltung
entsprochen. Hatte Sophie nicht von ihrer Ankunft auf der
Station von ganz anderem berichtet?
    Zwei Männer und eine Frau erwarteten Robina am Ende des
Ganges.
Robina ging auf die drei zu, die ihr langsam entgegen kamen.
Etwas Groteskes hatte das Ganze.
Die Gesichter der beiden Männer kamen Robina bekannt vor.
Als sie sich trafen, gab sich der einen halben Schritt
Vorausgehende offensichtlich einen Ruck, reichte Robina die
Hand und zog sie dann doch zu einer Umarmung an sich.
„Willkommen, willkommen daheim!“, murmelte er.
Der zweite Mann, ein mittelgroßer, rundlicher, tat es ihm
gleich, sagte: „Ich freu mich, Robina Crux, ich freu mich!“
Die Frau umarmte Robina stumm; ihre Augen schwammen in
Tränen.
„Ich bin Sam McLean, Vorsitzender des Rates“, stellte sich
jener vor, der Robina zuerst begrüßt hatte.
Robina wusste zwar

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