Robinson Crusoe
konnte. Es blieb mir nichts zu wünschen übrig, abgesehen von einigen Dingen, die mir fehlten, und das waren nur Kleinigkeiten, obschon sie mir sehr nützlich gewesen wären. Ich hatte, wie erwähnt, einen Beutel voll Geld, sowohl Gold als Silber, etwa sechsunddreißig Pfund Sterling. Da lag nun der überflüssige, traurige, nutzlose Quark. Ich hatte keine Verwendung dafür, und oft hätte ich gern eine Handvoll davon hingegeben für eine Tabakspfeife oder für eine Handmühle, um mein Korn zu mahlen; ja, ich hätte alles hingegeben für etwas weißen oder gelben Rübsamen, wie man ihn in England für ein paar Groschen bekommt, oder für eine Handvoll Erbsen und Bohnen und eine Flasche Tinte. Aber so hatte ich nicht den geringsten Vorteil davon. Es lag in einer Lade und wurde von dem Dunst der Hohle in der nassen Jahreszeit schimmlig. Und wenn die ganze Lade voll Diamanten gewesen wäre, wäre es dasselbe gewesen; sie hätten keinen Wert für mich gehabt, da ich keinen Gebrauch davon machen konnte.
Ich hatte nun meine Lebensweise so gestaltet, daß sie viel behaglicher war als zuerst und viel
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annehmlicher für mein Gemüt sowohl wie für meinen Körper. Oft setzte ich mich voller Dankbarkeit zu einem Mahl nieder und bewunderte die Fügung von Gottes Hand, die mir auf solche Weise meinen Tisch in der Wüste gedeckt hatte. Ich lernte, mehr auf die lichte Seite meines Zu-Stands zu schauen und weniger auf die dunkle, und mehr das zu bedenken, was ich gemacht, als das. was ich entbehrte; und das erfüllte mich zuweilen mit einem solchen heimlichen Glücksgefühl., daß ich es nicht zu sagen vermag; und ich erwähne das hier, um es jenen Unzufriedenen zu Gemüte zu führen, die nicht mit Behagen zu genießen vermögen, was Gott ihnen gegeben hat, weil sie immer nur das sehen und begehren, was er ihnen nicht gegeben hat. Es wurde mir klar, daß alle unsere Unzufriedenheit davon herkommt, daß wir nicht dankbar genug sind für das, was wir haben.
Noch eine andere Überlegung war von großem Nutzen für mich und würde es zweifellos für jeden sein, der in eine solche Not geraten würde wie ich; nämlich, ich verglich meine jetzige Lage mit dem Zustand, den ich anfangs erwarten zu müssen geglaubt hatte, ja der mir gewiß gewesen wäre, wenn die gütige Vorsehung Gottes es nicht wunderbar so gefügt hätte, daß das Schiff näher an die Küste getrieben wurde, wo ich denn nicht nur hingelangen, sondern auch alles, was ich herausholte, an Land schaffen konnte, zu meiner Erleichterung und Bequemlichkeit, während es mir sonst an
Werkzeugen, Waffen zu meiner Verteidigung und Pulver und Blei zu meiner Versorgung mit Nahrung gefehlt hätte.
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Ich verbrachte ganze Stunden, ja ganze Tage damit, mir in den lebhaftesten Farben auszumalen, was ich hätte tun müssen, wenn ich nichts aus dem Schiff geborgen hätte: wie ich mir gar keine Nahrung hätte beschaffen können, außer Fische und Schildkröten, und daß ich, da es ja geraume Zeit dauerte, bis ich welche fand, schon vorher verhungert wäre; daß ich, wenn ich nicht verhungert wäre, wie ein bloßer Wilder hätte leben müssen; daß es mir, wenn ich auf irgendwelche Art eine Geiß oder einen Vogel erlegt hätte, gar nicht möglich gewesen wäre, meine Beute auszuweiden oder das Fleisch von der Haut zu trennen und zu zerlegen, sondern daß ich sie hätte mit meinen Zähnen benagen und mit meinen Klauen zerreißen müssen wie ein Tier.
Diese Betrachtungen machten mich sehr erkenntlich für die Güte der Vorsehung gegen mich und sehr dankbar für meinen gegenwärtigen Zustand mit all seinen Beschwerden und Widrigkeiten. Und auch hier wieder möchte ich diejenigen, die im Unglück so gern sagen: «Gibt es ein Elend wie das meinige?», zur Besinnung mahnen. Mögen sie bedenken, wie vieles schlimmer es anderen Menschen ergeht und wieviel schlimmer es ihnen selbst hätte ergehen können, wenn es der Vorsehung so gefallen hätte.
Und noch eine andere Erwägung half mir, mein Gemüt mit Hoffnung zu trösten: nämlich ein Vergleich meiner jetzigen Lage mit dem, was ich eigentlich verdient hätte und daher mit Fug von der Vorsehung hätte erwarten müssen. Ich hatte ein abscheuliches Leben geführt, ganz ohne Erkenntnis und Furcht Gottes. Ich war wohl von Vater und Mutter gehörig
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unterwiesen worden, und sie hatten es von Anbeginn nicht an Bemühungen fehlen lassen, mir fromme Ehrfurcht vor Gott und Gefühl für meine Pflichten und für Zweck und Sinn meines
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