Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)
Verwalter des Vermögens, das heißt mein Compagnon, alljährlich eine genaue Rechnung über die Einkünfte habe ablegen müssen, von denen sie dann die mir gehörige Hälfte pflichtschuldigst in Abzug gebracht hätten.
Ich fragte hierauf den Kapitän, ob er nicht wisse, daß und wie sich meine Pflanzung vergrößert habe, und ob er glaube, es verlohne sich der Mühe, daß ich sie einmal selbst in Augenschein nehme; ferner auch, ob, wenn ich dort hingekommen wäre, meiner Absicht, die mir gebührende Hälfte in Empfang zu nehmen, sich kein Hinderniß in den Weg stellen werde.
Hierauf erwiderte der Kapitän Folgendes: Er könne zwar nicht genau sagen, bis zu welchem Umfang sich die Pflanzung vergrößert habe, soviel aber wisse er, daß mein Partner von dem bloßen Ertrag der Hälfte sehr reich geworden sei. So viel er sich erinnern könne, meine er gehört zu haben, daß das dem Könige zugefallene Drittel meines Teiles, das, wie es schiene, einem anderen Kloster oder einer Stiftung zugewiesen sei, jährlich über zweihundert Moidor betrage. Was die Wiedereinsetzung in den vollen Besitz meines Vermögens angehe, so sei dieselbe gar nicht zu bezweifeln, da mein Compagnon noch am Leben sei und meine Berechtigung bezeugen könne, wie ja auch mein Name in die königlichen Register und in das Staatsgrundbuch eingetragen sei. Auch die Nachkommen meiner zwei Bevollmächtigten seien sehr ehrbare und geachtete Leute und in besten Vermögensumständen. Wie er glaube, würden sie mir nicht nur zur Wiedererlangung meines Eigentumes behülflich sein, sondern ich würde auch noch eine ansehnliche Geldsumme in ihren Händen finden, die mir gehöre, als Ertrag der Farm, seitdem diese von den Erblassern jener Männer in meinem Auftrag beaufsichtigt worden, bis zu dem Zeitpunkt, in dem jene, wie oben erwähnt, ihr Mandat niedergelegt hätten, was seinem Bedünkens vor etwa zwölf Jahren geschehen sei.
Über diesen Bericht war ich ein wenig betroffen und mißzufrieden. Ich fragte den alten Kapitän, wie es denn gekommen sei, daß meine Bevollmächtigten in solcher Weise über mein Vermögen hätten disponiren können, während ich doch, wie er wisse, ein Testament errichtet und darin ihn, den portugiesischen Kapitän, zum Universalerben eingesetzt hätte.
Er erwiderte, das sei zwar richtig; aber mein Tod sei nicht erwiesen gewesen, und er habe nicht eher als Testamentsvollstrecker verfahren können, bis irgend ein sicherer Bericht über mein Ableben vorgelegen haben würde. Überdies sei er auch nicht Willens gewesen, sich mit Dingen in so weiter Ferne zu befassen. Daher habe er nur mein Testament einregistriren lassen und seine Forderung angemeldet. Wäre er über meinen Tod oder darüber, daß ich noch lebe, sicher unterrichtet gewesen, so würde er durch einen Bevollmächtigten das Ingenio (so werden in Brasilien die Zuckerplantagen genannt) haben in Besitz nehmen lassen, welchen Auftrag sein jetzt in Brasilien befindlicher Sohn leicht hätte vollziehen können.
»Aber«, fügte der alte Mann hinzu, »ich habe Euch auch noch eine weitere Mitteilung zu machen, die Euch vielleicht weniger willkommen sein wird als die früheren. Da nämlich Euer Compagnon und Eure Bevollmächtigten ebenso wie alle anderen Leute glaubten, Ihr wäret gänzlich verschollen, so boten mir dieselben an, sie wollten mir auf Eure Rechnung die Renten der ersten sechs oder acht Jahre auszahlen, was ich denn auch angenommen habe. In jener Zeit aber waren gerade große Aufwendungen zur Vergrößerung der Plantage, z. B. zum Anbauen eines Ingenio, zum Ankauf von Sklaven und dergleichen mehr, nötig gewesen, und daher belief sich damals der Ertrag bei weitem nicht so hoch, als es später der Fall war. Übrigens«, so schloß der Kapitän, »werde ich Euch getreulich über das von mir in Empfang Genommene und über die Art, wie ich es verwendet habe, Rechnung ablegen.«
Nach einigen Tagen brachte mir denn auch mein alter Freund die Berechnung über die Einkünfte meiner Plantage aus den ersten sechs Jahren. Dieselbe war von meinem Compagnon und dem Mitbevollmächtigten unterzeichnet, und der Ertrag war dem Alten jedesmal in Naturalien überliefert worden, z. B. in Tabaksrollen, Zucker (nach Kisten berechnet), Rum, Syrup und was sonst aus einer Zuckerpflanzung gewonnen wird. Ich ersah aus der Rechnung, daß die Einkünfte alljährlich um ein Beträchtliches gestiegen waren. Da aber, wie erwähnt, die Unkosten bedeutend gewesen, so hatte sich die Einnahme
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