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Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe)

Titel: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) - Defoe, D: Robinson Crusoe (Illustrierte Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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hatten, daran zu braten.
    Die Fremdlinge führten zwei Boote bei sich, die sie auf den Strand gezogen hatten. Es war gerade die Zeit der Ebbe, und mir kam es so vor, als erwarteten jene nur die rückkehrende Flut, um wieder abzufahren. Man kann sich schwerlich vorstellen, in welche Bestürzung mich der Anblick dieser Gäste versetzte. Besonders überraschte mich der Umstand, daß die Wilden auf meiner Seite der Insel und überdies ganz in meine Nähe gekommen waren. Als ich mich aber überzeugte, daß ihr Kommen immer nur mit der Ebbe geschehen konnte, fing ich wieder an mich einigermaßen zu beruhigen, da ich einsah, daß ich zur Zeit der Flut stets mit vollkommener Sicherheit ausgehen dürfte, wenn sie nicht schon vorher auf der Insel waren. In dieser Gewißheit bin ich später auch ganz gelassen an meine Erntearbeiten gegangen.
    Wie ich erwartet hatte, so geschah es. Sobald die Flut von Westen her eintrat, sah ich, wie sich die Wilden sämmtlich einschifften und hinwegruderten. Ich muß noch bemerken, daß sie etwa eine Stunde vor ihrem Aufbruch angefangen hatten zu tanzen. Obgleich ich aber durch mein Glas deutlich ihre Stellungen und Bewegungen beobachten konnte, vermochte ich doch trotz der schärfsten Aufmerksamkeit nicht zu erkennen (Kleider trugen sie nicht, waren vielmehr völlig nackt), ob es Männer oder Frauen seien.
    Sobald ich sie in den Booten und unterwegs wußte, nahm ich zwei Flinten auf die Schultern, steckte zwei Pistolen in den Gürtel, hing mein großes Schwert ohne Scheide an mich und eilte, so schnell ich konnte, nach dem Hügel, von wo aus ich die ersten Spuren der Gäste entdeckt hatte. Dort angekommen, was erst nach zwei Stunden geschah, da ich, mit Waffen schwer beladen, nicht schnell zu laufen vermochte, machte ich die Entdeckung, daß noch weitere drei Canoes mit Wilden da gewesen waren, und gleich darauf erblickte ich sie auch alle zusammen auf der See, nach dem Festland zusteuernd. Der schrecklichste Anblick für mich war aber, als ich beim Hinabsteigen nach der Küste die entsetzlichen Spuren der Greuel fand, die sie dort ausgeführt hatten: Blut, Knochen und Fleischreste menschlicher Körper, die von diesen Elenden unter Tanz und Scherzen zerrissen und verzehrt waren. Ich fühlte mich dermaßen empört über den Anblick, daß ich mir ernstlich vornahm, die nächsten, die ich dort antreffen würde, nieder zu machen, wer und wie viele es auch seien.
    Offenbar waren die Besuche, welche die Wilden der Insel in dieser Weise abstatteten, nur selten. Es vergingen über fünfzehn Monate, ehe wieder einige landeten. Wenigstens sah ich in der Zwischenzeit keinen der Cannibalen, auch nicht Fußtritte, noch irgend welche andere Spuren von ihnen. Während der Regenzeit schienen sie sich schon ohnehin nicht, wenigstens nicht weit, auf das Meer zu wagen. Dennoch brachte ich diese ganze Zeit in einem unbehaglichen Zustaude zu, weil ich in der beständigen Furcht schwebte, daß sie mich einmal unerwartet überfallen könnten. Es ergibt sich hieraus aufs Neue, daß die Erwartung des Übels schlimmer ist als das Leiden selbst, zumal da man diese Erwartung oder Befürchtung auf keine Weise los werden kann.
    Inzwischen war ich fortwährend von Mordlust erfüllt. Ich verbrachte meine Stunden, die ich besser hätte anwenden sollen, meistenteils damit, Pläne zu schmieden, wie ich die Wilden beschleichen und überfallen wollte, sobald sie sich wieder blicken lassen würden. Besonders hoffte ich, werde mir das gelingen, wenn sie wieder, wie das letzte Mal, in zwei Haufen geteilt wären. Dabei bedachte ich nicht, daß ich, wenn ich auch eine Abteilung von vielleicht zehn oder zwölf getötet hätte, früher oder später wieder eine und dann noch eine und sofort bis ins Unendliche würde haben töten müssen, bis ich endlich kein geringerer, ja eigentlich ein weit schlimmerer Mörder gewesen wäre als diese Menschenfresser selbst.
    Ich verlebte jetzt meine Tage in großer Angst und Gemütsunruhe, immer darauf gefaßt, jenen unbarmherzigen Menschen in die Hände zu fallen. Wenn ich mich ja einmal hinauswagte, so geschah es nicht, ohne daß ich mich fortwährend mit der größten Angst und Vorsicht umsah. Nun erst lernte ich das Gut recht schätzen, welches ich in der zahmen Ziegenherde besaß. Denn ich getraute mich unter keiner Bedingung, meine Flinte abzuschießen, besonders auf der Seite der Insel, wo die Wilden gewöhnlich landeten, um diese nur ja nicht zu alarmiren. So viel sah ich nämlich sicher

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