Robocalypse: Roman (German Edition)
das?«
Mathilda Perez
Vorläufervirus + 7 Monate
Diese Schilderung stammt von der vierzehnjährigen Mathilda Perez, die ihre Erlebnisse einer anderen Überlebenden aus der New Yorker Widerstandsbewegung erzählte. Zusätzliche Bedeutung bekommen ihre Worte dadurch, dass sie die Tochter der demokratischen Kongressabgeordneten Laura Perez aus Pittsburgh ist, die zur Zeit der Ereignisse dem für Militärfragen zuständigen Ausschuss des Repräsentantenhauses vorsaß und als Urheberin des Roboter-Abwehrgesetzes gilt.
Cormac Wallace MIL #GHA 217
M eine Mom hat gesagt, meine Spielzeuge wären nicht lebendig. »Mathilda«, hat sie mir erklärt, »nur weil sie laufen und sprechen können, bedeutet das nicht, dass deine Spielzeuge Menschen sind.«
Trotzdem habe ich immer aufgepasst, dass ich meine Baby-Comes-Alive-Puppe nicht fallen ließ. Denn tat ich es aus Versehen doch einmal, hörte sie nicht mehr auf zu weinen. Außerdem lief ich immer nur auf Zehenspitzen an den Robo-Dinos meines Bruders vorbei. War ich nicht leise genug, knurrten sie und schlugen ihre Plastikzähne aufeinander. Ich fand das gemein. Manchmal, wenn Nolan nicht da war, habe ich seine Robo-Dinos getreten. Sie haben geschrien und gejault, aber es sind ja nur Spielzeuge, nicht wahr?
Schließlich können sie mir und Nolan nichts tun. Oder?
Ich habe nicht gewollt, dass die Spielzeuge wütend werden. Mom sagte, dass sie keine Gefühle hätten. Sie meinte, die Spielzeuge täten nur so, als seien sie glücklich oder traurig oder wütend.
Aber da hat Mom sich geirrt.
***
Es war gegen Ende des Sommers, als Baby-Comes-Alive zum ersten Mal mit mir geredet hat – kurz danach kam ich in die fünfte Klasse. Ich hatte seit einem Jahr nicht mal mehr mit ihr gespielt. Mit zehn kam ich mir schon unheimlich erwachsen vor. Die fünfte Klasse, wow. Jetzt wäre ich in der neunten Klasse – wenn es noch Klassen gäbe. Oder Schulen.
Ich kann mich noch genau an den Abend erinnern.
Glühwürmchen fliegen vor meinem Fenster herum und jagen sich gegenseitig durch die Dunkelheit. Ich hab meinen Ventilator eingeschaltet, und jedes Mal, wenn er sich zum Fenster dreht, bewegen sich die Vorhänge ganz leicht. Unter mir im Etagenbett schnarcht Nolan leise vor sich hin. Damals hat er kaum die Augen zugemacht, da war er schon eingeschlafen.
Die Sonne ist gerade erst untergegangen, und ich liege bereits im Bett. Während ich auf meiner Lippe herumkaue, denke ich darüber nach, wie unfair es ist, dass Nolan und ich zur selben Zeit schlafen gehen müssen. Immerhin bin ich zwei Jahre älter als er. Mom ist so oft bei ihrer Arbeit in Washington, dass ich manchmal glaube, sie hat es nicht einmal bemerkt. An diesem Abend ist sie auch nicht da.
Wie gewöhnlich schläft unsere Nanny Mrs. Dorian in dem kleinen Haus, das hinter unserem steht. Sie ist diejenige, die uns ins Bett gebracht hat, und darum, dass man länger aufbleiben darf, muss man bei ihr erst gar nicht betteln. Sie kommt aus Jamaika und ist ziemlich streng. Aber sie hat die Ruhe weg und lächelt über meine Witze, und deswegen mag ich sie. Nicht so sehr, wie ich Mom mag, natürlich.
Mir fallen die Augen zu. Als ich plötzlich das leise Weinen höre, habe ich das Gefühl, sie nur ganz kurz zugemacht zu haben. Doch draußen ist es inzwischen schon stockduster, kein Mond am Himmel oder irgendwas. Ich ziehe die Decke weiter hoch und versuche, wieder einzuschlafen. Aber da ertönt das gedämpfte Wimmern erneut.
Unter meiner Decke spähe ich zu der großen Holztruhe hinüber, in der wir unser Spielzeug aufbewahren, und sehe, dass dort buntes Licht rauskommt. Es leuchtet durch die Ritzen des geschlossenen Deckels und wirft einen tanzenden Schimmer aus Rot und Blau und Grün auf den Buchstabenteppich.
Mit gerunzelter Stirn betrachte ich das seltsame Schauspiel einen Moment lang. Wieder das erstickte Wimmern – gerade laut genug, dass ich es wahrnehme.
Wahrscheinlich ist Baby-Comes-Alive einfach irgendwie kaputtgegangen, denke ich mir. Ich schlüpfe unter dem Geländer durch, lasse mich von der Bettkante runter und lande mit einem leichten Bums auf den Füßen. Wenn ich die Leiter benutzt hätte, würde das ganze Gestell quietschen, und ich will Nolan nicht wecken. Auf Zehenspitzen schleiche ich hinüber zur Spielzeugtruhe. Drinnen wimmert jemand leise, aber sobald ich den Deckel berühre, verstummt der Laut auf einmal.
»Baby-Comes-Alive? Bist du das?«, flüstere ich. »Butterblümchen?«
Keine Antwort. Nur das
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