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Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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des Fahrstuhlschachts liegt. Oder von den anderen, die dort zusammen mit ihr liegen.
    Ich atme weder tief durch, noch zähle ich bis drei. Ich gehe einfach zu der Alufolie rüber, die fast wie Partyschmuck wirkt, und schaue nach draußen. Welcher Anblick mich dort auch erwarten mag – die Leichen, die abgetrennten Körperteile, die kokelnden Autowracks –, ich bin bereit dafür.
    Für das, was ich tatsächlich sehe, bin ich nicht bereit.
    Die Straße ist leer. Sauber. Am Bordstein stehen überall ordentlich geparkte Autos. Vorne an der Ecke, an der die 135. Straße auf den Powell-Boulevard trifft, streckt sich eine Reihe aus vier neuen Geländewagen schräg über die Kreuzung. Zwischen den zwei mittleren Fahrzeugen wurde eine Lücke gelassen, die gerade groß genug ist, dass ein Auto durchkommt, doch auch sie ist mit einem Wagen blockiert.
    Alles wirkt ein bisschen seltsam. Etwa hundert Meter die Straße hinauf türmt sich ein mannshoher Haufen Kleidung auf dem Bürgersteig. Gegenüber liegt ein umgekippter Zeitungskiosk. Ein Golden Retriever kommt mit schleifender Leine die Straße hochgehechelt. Er hält inne, schnüffelt an einem merkwürdig gefärbten Fleck auf dem Asphalt und trottet dann mit hängendem Kopf davon.
    »Wo sind die ganzen Leute?«, frage ich.
    Dawn wischt sich mit dem Handrücken über ihre rotgeränderten Augen. »Sie räumen auf, Marcus. Wenn die Autos jemanden erwischen, kommen andere zu Fuß und ziehen ihn weg. Sie sorgen dafür, dass alles schön sauber und ordentlich bleibt.«
    »Die Hausrobos? So wie reiche Leute sie zu Hause haben? Aber die sind doch ein Witz. Die können auf ihren Plattfüßen ja kaum laufen. Geschweige denn rennen.«
    »Ja, ich weiß. Sie brauchen unendlich lang. Aber sie können Waffen bedienen. Und manchmal kommen auch Polizeiroboter – du weißt schon, die zum Bombenentschärfen mit Kettenrädern und Greifzangen. Sie sind langsam, aber sehr stark. Die Müllwagen …«
    »Lass mich … lass mich mir einfach selbst ein Bild machen. Wir finden schon eine Lösung, in Ordnung?«
    Den Rest des zweiten Tages verbringe ich damit, die Straße zu beobachten. Ohne das tägliche Durcheinander wirkt der Block seltsam friedlich, wie an einem Sonntagmorgen. Das Leben im Viertel steht still.
    Oder vielleicht ist es auch vorüber.
    Der Rauch von dem Flugzeugabsturz hängt noch in der Luft. Im Haus gegenüber entdecke ich ein älteres Ehepaar hinter dem feinen Rauchschleier. Die beiden stehen am Fenster und starren auf die Straße hinab wie Geister.
    Am späten Nachmittag schwebt ein Hubschrauber in ungefähr zehn Metern Höhe an unserem Gebäude vorbei. Er wirkt wie ein zu groß geratenes Spielzeug und fliegt langsam und bedächtig. Kurz kann ich einen merkwürdigen Apparat erkennen, der unten daran baumelt. Dann ist er wieder weg.
    Gegenüber zieht der alte Mann die Vorhänge zu.
    Nicht dumm.
    Eine Stunde später hält auf der anderen Straßenseite ein Auto, und mir pocht das Herz bis zum Hals. Ein Mensch, denke ich. Endlich jemand, der uns sagen kann, was los ist. Oh, danke, lieber Gott.
    Dann habe ich das Gefühl, dass mir komplett der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Zwei Hausrobos steigen aus dem Geländewagen. Auf ihren billigen Beinen wackeln sie zum Kofferraum. Sie öffnen ihn, holen einen mattgrauen Bombenroboter raus und setzen ihn auf den Boden. Er dreht sich ein paar Mal auf seinen Ketten hin und her, um seine Einstellungen zu kalibrieren. Beim Anblick seines glänzenden schwarzen Geschützrohrs läuft es mir kalt über den Rücken. Der Schießaufsatz wirkt funktionell und zweckmäßig – wie jedes andere Werkzeug, das für eine ganz bestimmte Aufgabe erfunden wurde.
    Ohne einander anzusehen, stolpern und rollen die drei Roboter auf den Eingang gegenüber zu.
    Die Tür ist nicht mal verschlossen. Nicht mal verschlossen! Und die von unserem Gebäude ist es genauso wenig.
    Die Roboter können sich irgendeine Tür aussuchen. Die meisten Menschen sind inzwischen geflohen, und wegen Thanksgiving hatten viele die Stadt sowieso bereits verlassen. Zu viele Türen für zu wenige Roboter – ein einfaches Verteilungsproblem.
    Irgendwie muss ich an den eigenartigen kleinen Hubschrauber denken. Vielleicht ist das der Grund, warum er die Gebäude abfliegt. Er sucht die Fenster nach Menschen ab.
    Ich bin froh, dass ich unsere mit Folie abgeklebt habe. Keine Ahnung, wie ich darauf kam. Wahrscheinlich wollte ich einfach so wenig wie möglich von den schrecklichen Szenen

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