Robocalypse: Roman (German Edition)
ich hab doch gesagt, ich habe nicht …«
Ich packe Lark am Ellbogen und ziehe ihn nah zu mir heran. »Wenn du mich nicht mit dir reden lässt, Söhnchen, wird dich der Mann da erschießen. Es ist egal, was du getan hast und was nicht. Darum geht es nicht. Es geht darum, ob du hier auf eigenen Füßen rausgehen oder lieber getragen werden willst.«
»Also gut. Wenn’s unbedingt sein muss«, lenkt Lark ein.
Wir gehen nach draußen in die Nacht. Lark nickt seinen Kumpels zu, die Zigaretten rauchend im Licht der nackten Glühbirne stehen, die über dem Eingang hängt. Mir fallen die neuen Ganglogos auf, mit denen das kleine Gebäude beschmiert ist.
Hier können wir nicht reden. Bringt nichts, solange Lark das Gefühl hat, vor seinen Fans den starken Mann markieren zu müssen. Wir gehen etwa fünfzig Meter weiter, hinüber zu einem Felsvorsprung.
Ich blicke über die leere Ebene hinweg, die seit so langer Zeit für unsere Sicherheit sorgt. Der Vollmond taucht die Welt dort unten in silbernes Licht. Hier und da mit dunklen Wolkenschatten gefleckt, streckt sich das wogende Grasland bis zum Horizont und verschmilzt dort mit dem Sternenhimmel.
Gray Horse ist ein wunderschöner Ort. So viele Jahre unbewohnt und jetzt so voller Leben. Doch zu dieser nächtlichen Stunde verwandelt sich die Siedlung wieder in das, was sie im Grunde immer gewesen ist: eine Geisterstadt.
»Langweilst du dich, Lark? Ist das dein Problem?«, frage ich.
Er sieht mich an und denkt kurz darüber nach, ob er weiter seine Show abziehen soll. Dann lässt er jedoch die Maske fallen. »Ja, verdammt. Wieso?«
»Weil ich nicht glaube, dass du irgendjemandem Schaden zufügen willst. Ich glaube, du bist einfach jung und weißt nicht, was du mit dir anfangen sollst. Dafür habe ich Verständnis. Aber so kann das nicht weitergehen, Lark.«
»Was kann nicht wie weitergehen?«
»Das Raufen, die Schmierereien. Das Stehlen. Wir müssen uns um sehr viel ernstere Probleme kümmern.«
»Ja, klar. Hier in Gray Horse passiert doch ein Scheißdreck.«
»Die Maschinen haben uns nicht vergessen. Sicher, für Autos und Stadtroboter sind wir zu weit draußen in der Pampa. Aber die Maschinen arbeiten daran, dieses Hindernis zu überwinden.«
»Wovon redest du? Seit Stunde null haben wir hier keinen einzigen Angriff erlebt. Und wenn die Roboter uns töten wollen, warum feuern sie nicht einfach ein paar Raketen auf uns ab?«
»Von denen gibt’s vermutlich nicht genug. Ich nehme an, die wirklich schweren Geschütze haben sie eingesetzt, um die Großstädte kleinzukriegen. Wir sind bloß Peanuts für die.«
»So kann man das auch sehen«, erwidert Lark mit überraschender Bestimmtheit. »Aber weißt du, was ich glaube? Ich glaube, wir sind ihnen egal. Ich glaube, das war alles nur ein großes Missverständnis, das sich nicht wiederholen wird. Sonst hätten sie uns doch längst alle mit Atomwaffen ausgelöscht, oder nicht?«
Der Junge hat sich tatsächlich ein paar Gedanken gemacht.
»Die Maschinen setzen keine Atomwaffen ein, weil sie sich für die Natur interessieren. Sie wollen sie erforschen, nicht in die Luft jagen.«
Der Präriewind streicht mir sanft übers Gesicht. Fast wäre es besser, wenn die Maschinen sich nichts aus unserer Welt machen würden. Einfacher jedenfalls.
»Sind dir all die Rehe und Hirsche aufgefallen?«, frage ich. »Die Büffel kehren in die Prärie zurück. Himmel, seit Stunde null sind gerade mal zwei Monate vergangen, und unten im Bach kann man die Fische praktisch mit den Händen aus dem Wasser holen. Es ist nicht so, dass die Maschinen die Tiere einfach nicht beachten. Sie beschützen sie. «
»Also meinst du, die Roboter wollen sozusagen die Termiten loswerden, ohne das Haus zu beschädigen? Uns töten, ohne dass dabei die Welt draufgeht?«
»Sonst kann ich mir keinen Grund vorstellen, warum sie uns nicht auf andere Weise angreifen. Und eine andere Erklärung habe ich auch nicht für … nun, sagen wir, bestimmte Vorkommnisse, deren Zeuge ich in letzter Zeit geworden bin.«
»Wir haben seit Monaten keine Maschinen mehr gesehen, Lonnie. Scheiße, Mann. Ich wünschte, sie würden uns angreifen. Nichts ist schlimmer, als hier ohne Strom und ohne was zu tun rumzuhocken.«
Diesmal verdrehe ich die Augen. Zäune müssen errichtet werden, Gebäude repariert, Felder bestellt – aber dieser Bursche hat nichts zu tun. Woher haben unsere Kinder nur diese Auffassung, dass sie alles geschenkt kriegen?
»Du würdest gerne kämpfen,
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