Robolution
geschrieben. ›Es ist nicht leicht, ein Bot zu sein‹. Es gilt in gewissen Kreisen als Standardwerk. Da er gegenwärtig jedoch verhindert ist, werde ich Sie, sobald Sie in der Stadt sind, mithilfe Ihres GuideBots zu ihm führen.«
Das Team wandte sich wieder zum Gehen.
Bevor es das Kontrollzentrum schließlich verließ, fügte Capek noch hinzu: »Ruhen Sie sich in Ihrem Quartier einfach noch ein wenig aus, bevor Sie die Stadt kennenlernen. Und vergessen Sie dabei bitte Ihre Vorurteile. Was auch immer Sie über Roboter zu wissen glauben, die von Coppola City sind anders.«
3
KILLER
ZEIT: 10:30 AM
ORT: Coppola Cit y / PhNx3 Fertigungskomplex
Aufgeregt verließ Jack Rosso die TransBot-Kabine und eilte zwischen den Bots hindurch, die ihn weitgehend ignorierten. Sein Ehrgeiz war geweckt. Gerade hatte er über sein Kom die Nachricht von einem weiteren Mord bekommen, dem dritten innerhalb eines Monats. Die Intervalle, in denen der Serienmörder zuschlug, wurden kürzer. Vielleicht war er auch nicht mehr allein. Das Problem jedenfalls wuchs, und Coppola Control konnte doch nicht mehr tun, als die toten Bots von den Straßen zu sammeln.
Rosso war der Einzige, der das Problem lösen konnte. Und er war dem Killer auf der Spur. Es war bizarr. Im weitesten Sinne ging es um Sachbeschädigung. Und um einen Roboter, der augenscheinlich Vergnügen dabei empfand, seinesgleichen umzubringen, ohne dass es Teil seines Programms gewesen wäre. Und das machte die Sache mysteriös. Nicht, dass Rosso es bei Menschen besser verstanden hätte. Aber Roboter verstand er für gewöhnlich leichter. Wenn auf Coppola II Terra Standard und Binär gesprochen wurden, dann hätte er sich f ür Binär entschieden.
Die Parameter, die menschlichen Entscheidungen zugrunde lagen, waren ihm zu komplex. All das, was Menschen Graustufen nannten, wenn sie behaupteten, dass es nicht bloß Schwarz und Wei ß gab. Obwohl sie mit Letzterem natürlich recht hatten. Schwarz und Wei ß gab es nicht. Allenfalls 01110011 01100011 01101000 01110111 01100001 01110010 01111010 00001101 00001010 und 01110111 01100101 01101001 11011111. Am Ende jedenfalls gab es für ihn wie auch die meisten anderen Bewohner der Stadt nur 1 und 0. Und das machte die Dinge einfach. Es gab Probleme und Lösungen. Nichts weiter. Selbst hier, in Coppola City, wo die Roboter anders waren und das menschliche Denken mit dem der Roboter verschmolz.
Besonders in ihm. Rosso kannte nichts anderes. Er war in diese Welt hineingeboren worden und hätte sie gegen keine andere tauschen wollen. Denn er gehörte hierher, in diese Stadt. Und er würde dafür sorgen, dass sie funktionierte. Mit allem, was in seiner Macht stand.
Er schaute sich um und blickte schließlich nach oben, direkt in die Kameras. Dieser Roboter musste genau wissen, was er tat. In keinem der bisherigen Fälle hatte es Überwachungsbilder von ihm gegeben. Aber zumindest ließen fehlende Fingerabdrücke und genetische Signaturen an den Tatorten darauf schließen, dass es ein Roboter sein musste. Und dieser bewegte sich zwischen toten Winkeln, Umschaltintervallen und unüberwachten Sektoren. Das aber war nur möglich, wenn er einen entsprechenden Upload der Überwachungsroutine bekommen hatte. Und das wiederum bedeutete, dass Coppola Control auf die eine oder andere Art involviert sein musste. Auch wenn sich die Logik dahinter ihm noch nicht ganz erschloss, schien ein Serienmörderbot Rosso doch zumindest ein interessantes Problem zu sein. Eine Herausforderung und ein anderes Kaliber als die Aufgaben, die das Kontrollzentrum ihm sonst übertrug.
Für gewöhnlich beschäftigten sie ihn mit dem Dolmetschen zwischen Bots und Wartungstrupps, dem Austauschen von Prozessoren, dem Überwachen der direkten Updates und dem Kontrollieren der Ladekammern, was schließlich kaum mehr als bessere Hausmeistertätigkeiten waren. So etwas wurde ihm nicht gerecht. Schließlich war Jack Rosso einmalig, das natürlich gewachsene Bindeglied zwischen Bot und Mensch, ein Geschöpf, das es im ganzen bekannten Universum vermutlich kein zweites Mal gab. Genau genommen war er beinahe ein verzerrtes Spiegelbild PCU von Kempts. Denn ohne ein einziges künstliches Körperteil, ohne Kenntnis höherer Weihestufen oder kybernetischer Ambitionen war Jack Rosso biologisch betrachtet zwar zu hundert Prozent menschlich, dabei aber doch mehr Roboter als Mensch. Und die Verkettung seltsamer Umstände, die ihn dazu hatte werden lassen, hatte nur in Coppola City
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