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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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›Albatros‹ und alle, die sie mit durch die
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    Lüfte führte, mit einem Schlag zu vernichten. Zugegeben,
    daß diese Tat ein sinnloses, ein verruchtes Unterfangen war;
    nach vollen 5 Wochen eines nie zum Ausbruch gekomme-
    nen Zorns, einer nie besänftigten stillen Wut ließen sie sich
    durch eine solche Kleinigkeit nicht mehr abhalten.
    »Und Frycollin?« warf Phil Evans noch ein; »steht uns
    das Recht zu, ohne ihn zu fragen, auch über sein Leben zu
    verfügen?«
    »Wir opfern ja auch unseres«, entgegnete Onkel Pru-
    dent.
    Es dürfte zweifelhaft sein, daß Frycollin das als stichhal-
    tigen Grund angesehen hätte.
    Onkel Prudent ging also sofort ans Werk, während Phil
    Evans vor dem Ruff Wache hielt.
    Die Mannschaft war noch immer am Bug beschäftigt
    und eine Überraschung vorläufig also kaum zu fürchten.
    Onkel Prudent begann damit, eine geringe Menge Pulver
    zu Mehl zu verreiben. Nachdem er es leicht angefeuchtet
    hatte, füllte er es, um eine Lunte zu erhalten, in einen engen,
    aus Leinwand hergestellten Schlauch. Durch eine vorläu-
    fige Probe überzeugte er sich, daß diese binnen 10 Minuten
    5 Zentimeter weit verglimmte, bei der Länge von einem Me-
    ter also 3 1/2 Stunden ausreichen mußte. Er löschte die Lunte
    wieder aus, umwand sie fest mit Bindfaden und führte ihr
    Ende in das Zündhütchen ein.
    All das war, ohne den geringsten Argwohn anderer zu
    erwecken, um 10 Uhr abends vollendet.
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    Da trat Phil Evans wieder zu seinem Kollegen in die Ka-
    bine.
    Während derselben Zeit war die Ausbesserung der vor-
    deren Antriebsschraube eifrig gefördert worden; man hatte
    diese aber ganz hereinnehmen müssen, um die jetzt falsch
    gebogenen Flügel abheben zu können.
    Weder Batterien, noch Akkumulatoren, überhaupt nichts,
    was zur Erzeugung der mechanischen Kraft der ›Albatros‹
    gehörte, hatte durch die Wut der Zyklone Schaden gelitten,
    und auf jeden Fall war noch für 4 bis 5 Tage hinreichender
    Kraftvorrat vorhanden.
    Es war schon Nacht geworden, als Robur und seine
    Leute ihre Arbeit unterbrachen, ohne die vordere Antriebs-
    schraube bisher wieder an richtiger Stelle eingesetzt zu ha-
    ben, da es noch einer etwa 3stündigen Reparatur bedurfte,
    ehe sie wieder funktionieren konnte. Nach kurzer Rück-
    sprache mit Tom Turner entschied sich der Ingenieur da-
    für, seinen von der Anstrengung erschöpften Leuten einige
    Erholung zu gönnen und auf den folgenden Morgen zu ver-
    schieben, was noch zu tun übrigblieb. Übrigens brauchte
    man zu dieser, die peinlichste Sorgfalt erfordernden Arbeit
    die volle Tageshelle, während die Positionslaternen dazu
    nur ungenügendes Licht hätten liefern können.
    Hiervon wußten Onkel Prudent und Phil Evans freilich
    nichts. Nach den ihnen zu Ohren gekommenen Äußerun-
    gen Roburs mußten sie annehmen, daß die vordere An-
    triebsschraube vor Einbruch der Nacht schon wieder völlig
    instand gesetzt sei und die ›Albatros‹ ihre Fahrt nach Nor-
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    den unverzüglich angetreten habe. Sie hielten diesen also
    für losgelöst von der Insel, an der sein Anker ihn doch noch
    festhielt. Dieser Umstand aber sollte der ganzen Angelegen-
    heit eine von ihnen gar nicht geahnte Wendung geben.
    Es war eine dunkle, mondlose Nacht, deren Finsternis
    schwere Wolken nur noch tiefer machten. Von Südwesten
    her wehte dann und wann ein leichter Lufthauch; dieser be-
    wegte aber die ›Albatros‹ nicht von der Stelle, sondern sie
    hielt sich an ihrem Anker still, dessen senkrecht gespanntes
    Tau sie an die Erde fesselte.
    In ihre Kabine eingeschlossen, wechselten Onkel Pru-
    dent und sein Kollege nur wenige Worte; sie lauschten auf
    das Schwirren der Auftriebsschrauben, das jedes andere Ge-
    räusch an Bord übertönte, und erwarteten nun den Augen-
    blick zum Handeln.
    Kurz vor Mitternacht begann Onkel Prudent:
    »Es ist nun Zeit!«
    Unter den Lagerstätten der Kabine befand sich ein schub-
    ladenartiger Koffer, in den Onkel Prudent die mit der Lunte
    versehene Dynamitpatrone gelegt hatte, damit die Lunte
    verglimmen konnte, ohne sich durch auffälligen Geruch
    oder etwaiges Knistern zu verraten. Onkel Prudent zündete
    ihr freies Ende an und schob den Koffer wieder unter das
    Bett zurück.
    »Nun nach dem Hinterdeck«, sagte er, »dort wollen wir
    warten.«
    Beide traten heraus und wunderten sich nicht wenig, den
    Steuermann nicht an seinem gewohnten Platz zu sehen.

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    — 270 —
    Da bog sich Phil Evans über das Deck

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