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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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des Vorsit-
    zenden, sondern besonders auch die von ihm stammenden
    Schriftzüge des Dokuments erlaubten es auch den Ungläu-
    bigsten nicht mehr mit den Achseln zu zucken. Da began-
    nen nun die Wehklagen und verzweifelte Hände erhoben
    sich gen Himmel. Onkel Prudent und sein Kollege in einer
    Flugmaschine entführt, ohne daß man ein Mittel entdecken
    konnte, sie zu befreien!
    Die Gesellschaft der Niagara-Fälle, deren größter Aktio-
    när Onkel Prudent war, hätte beinah ihre Geschäfte einge-
    stellt und die Wasserfälle geschlossen. Die ›Walton Match
    Company‹ dachte schon daran, ihre Uhrenfabrik zu liqui-
    dieren, da diese ihren Direktor Phil Evans eingebüßt hatte.
    Ja, es herrschte allgemeine Trauer, und das Wort Trauer
    ist hier gar nicht übertrieben, denn manche hirnverbrannte
    Köpfe, wie man sie auch in den Vereinigten Staaten antrifft,
    bildeten sich steif und fest ein, die beiden ehrenwerten Bür-
    ger niemals wiederzusehen.
    Nachdem sie über Paris hingefahren war, hörte man von
    der ›Albatros‹ zunächst nicht weiter reden. Einige Stunden
    später war sie über Rom schwebend gesehen worden – das
    war alles. Bei der bekannten Geschwindigkeit des Aeronefs,
    mit der er über Europa von Nord nach Süd und über das
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    Mittelmeer von West nach Ost gefahren war, darf das ja
    nicht Wunder nehmen. Und dank eben dieser Schnelligkeit
    konnte ihn auch kein Fernrohr an irgendeinem Punkt sei-
    ner Fahrtlinie genauer beobachten. Und hätten die Stern-
    warten ihr gesamtes Personal Tag und Nacht auf Vorposten
    gestellt, die Flugmaschine Roburs des Siegers hätte sich so
    weit und so hoch entfernt – in »Ikarien«, wie er zu sagen
    pflegte – daß alle verzweifelt wären, deren Spur je wieder
    aufzufinden.
    Hier sei hinzugefügt, daß wenn seine Geschwindigkeit
    über dem Ufer Afrikas auch vermindert wurde, sich doch,
    weil jenes Dokument noch nicht bekannt war, niemand ver-
    sah, den Aeronef in den Höhen des algerischen Himmels
    zu suchen. Auf jeden Fall wurde er über Timbuktu wahr-
    genommen; das Observatorium dieser berühmten Stadt –
    wenn sie überhaupt ein solches besitzt – hatte aber noch
    nicht Zeit gefunden, das Resultat seiner Beobachtungen
    nach Europa mitzuteilen. Was den König von Dahomey be-
    trifft, so hätte dieser gewiß eher 10.000 Untertanen, und
    seine Minister inbegriffen, um einen Kopf kürzer machen
    lassen, ehe er zugestand, im Kampf mit einer in der Luft
    schwebenden Maschine unterlegen zu sein. Jeder frönt eben
    seiner kleinen Eigenliebe.
    Weiterhin steuerte der Ingenieur Robur dann über den
    Atlantischen Ozean, wobei er zuerst nach Feuerland und
    dann nach Kap Horn kam. Ferner irrte er, etwas gegen sei-
    nen Willen, über die südlichsten Landvesten und über das
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    ausgedehnte Polargebiet hinweg. Von diesen antarktischen
    Gegenden aus war natürlich keine Nachricht zu erwarten.
    Der Juli verrann, und kein menschliches Auge konnte
    sich rühmen, den Aeronef nur flüchtig wieder erblickt zu
    haben.
    Der August ging zu Ende, ohne daß sich an der Unge-
    wißheit über das Los der beiden Gefangenen Roburs etwas
    änderte. Man fing allmählich an, sich zu fragen, ob der Inge-
    nieur, nach dem Beispiel des Ikarus, dieses ältesten Mecha-
    nikers, dessen die Sagengeschichte erwähnt, nicht ein Opfer
    seiner Kühnheit geworden sein möge.
    Endlich vergingen auch die ersten 27 Tage des Septem-
    bers ohne jede Änderung der Sachlage.
    Bekanntlich gewöhnt man sich ja in der Welt an alles.
    Es liegt in der menschlichen Natur, mit der Zeit den Sta-
    chel des Schmerzes weniger zu empfinden; man vergißt,
    weil es notwendig ist, einmal zu vergessen. In diesem Fall
    mußte man dagegen den Bewohnern dieses Erdentals zu ih-
    rer Ehre nachsagen, daß sie von der allgemeinen Regel ab-
    wichen; noch immer ermattete nicht die warme Teilnahme
    an dem Los zweier Weißen und eines Schwarzen, die wie
    durch den Propheten Elias entführt schienen, denen aber
    keine Rückkehr durch die Bibel geweissagt war.
    In Philadelphia trat das natürlich noch deutlicher zutage,
    als an jedem anderen Ort; hier kamen dabei ja nähere per-
    sönliche Beziehungen ins Spiel. Robur hatte Onkel Prudent
    und Phil Evans aus Rache ihrer Heimat entfremdet, hatte,
    wenn auch ohne jedes Recht, eine grausame Wiedervergel-
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    tung geübt. Doch war seine Rache damit gekühlt? Würde er
    sie nicht auch noch andere Kollegen des Vorsitzenden und
    des Schriftführers vom Weldon-Institut

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