Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
wie in Duisburg – in mehreren Regionen Deutschlands eine Liaison zwischen Größen der Organisierten Kriminalität anbahnt, die sich bislang eher aus dem Weg gegangen sind. Doch nun wollen offenbar immer mehr arabische und türkische Kriminelle auch Rocker werden. »Für uns ist das eine Horrorvorstellung«, klagt ein Fahnder, »da deutet sich eine ganz neue Achse des Bösen an.«
Eine Kommission des Bundeskriminalamts ( BKA ) hatte schon 2004 vor nicht mehr zu kontrollierenden Ethno-Gruppierungen, darunter auch den Mhallamiye-Kurden, gewarnt. Die Ermittler kritisierten seinerzeit das Scheitern jeglicher Integrationsbemühungen und attackierten die deutsche Justiz. In falsch verstandener Toleranz hätten die Gerichte das Problem mit ihrer fortwährenden Nachsichtigkeit noch erheblich verschlimmert, hieß es.
»Ethnisch abgeschottete Subkulturen«, so war nach SPIEGEL -Informationen in dem mehrfach entschärften Bericht am Ende doch noch zu lesen, hätten sich »unter erheblichem Missbrauch der vorhandenen Schwachstellen des bundesdeutschen Ausländer- und Asylrechts bereits fest etabliert«. Die Zerschlagung solcher kriminellen Strukturen werde »nur noch in Teilbereichen« möglich sein. Und das auch nur bei Zusammenarbeit »aller mit der Thematik befassten Behörden, justizieller Unterstützung und dem Ausbau kriminaltaktischer Ermittlungsmaßnahmen«. Sprich: eigentlich nie.
Im Jahr 2010 schicken sich tatsächlich die ersten dieser Männer an, Kutten anzuziehen und Rocker zu werden, wohl angelockt von der plötzlichen Prominenz der Motorradclubs und ihrer ständigen Medienpräsenz. Der von den mächtigen Männern in Hannover ausgehandelte Frieden zwischen Hells Angels und Bandidos interessiert sie dabei herzlich wenig – selbst wenn sie bald schon diesen Gruppierungen angehören werden.
Straßenschlacht in Mönchengladbach
Es ist genau 23.38 Uhr, als die erste Streife ihren Funkspruch absetzt: »Massenschlägerei Altstadt unter Rockern«, so steht es im Einsatzprotokoll. Aufgeregt, fast schon panisch verlangt der Polizist nach Unterstützung, wie sich hinterher ein Beamter der Leitstelle erinnert: »Wir brauchen alles, was ihr habt.« Denn im Zentrum Mönchengladbachs artet im Januar 2012 eine samstägliche Auseinandersetzung, die anfangs nicht mehr als eine Schubserei vor einer Disko zu sein schien, zu einer Straßenschlacht aus.
Laut Polizei dreschen Hells Angels und Bandidos schon bald mit Eisenstangen, Schlagringen und Baseballschlägern aufeinander ein, auch Messer werden gezückt. Am Ende ist ein angehender Höllenengel namens Jimal, 38, schwer verletzt. Jemand hat ihm einen Stich in die Leber versetzt. Zwei weitere Unterstützer der Hells Angels und ein Leverkusener Bandido erleiden Schnittverletzungen. Die Mordkommission »Kutte« nimmt wenig später wegen versuchter Tötung und schweren Landfriedensbruchs ihre Arbeit auf.
In der Nacht aber jagen nach dem Funkspruch zunächst Streifenwagen aus der gesamten Region mit Blaulicht und Vollgas nach Mönchengladbach: Bergheim, Bonn, Düren, Düsseldorf, Duisburg, Essen, Heinsberg, Kleve, Köln, Krefeld, Neuss, Viersen und Wuppertal schicken Unterstützung. Und auch die Rocker rüsten auf. In Windeseile rollt aus Bochum, Oberhausen, Mülheim, Leverkusen, Essen und Duisburg schlagkräftiges Personal heran. Darunter auch die deutschen Bandidos-Bosse Peter Maczollek, 47, und Leslav Hause, 49 – die Polizei notiert ihre Personalien. Zugleich laufen noch etwa 35 Mitglieder der Motorradclubs Outlaws und Gremium auf, die jedoch von der Polizei schnell wieder des Feldes verwiesen werden.
Die Beamten registrieren während der Schlacht von Mönchengladbach auffällig viele auswärtige Kennzeichen, darunter zum Beispiel auch das eines schwarzen Mercedes Vito 111 CDI vom Niederrhein. Der Wagen gehört Thorsten »Huge« G., 44, einem Bandido des Chapters Duisburg. In der Wohnung des zweifachen Familienvaters finden die Ermittler wenig später mehrere Patronen verschiedener Kaliber, zahlreiche Messer und eine Präzisionsschleuder.
Warum es aber ausgerechnet am Niederrhein zur Massenkeilerei kommt, ist den Kriminalisten auch Monate später noch immer schleierhaft. Aus einem Bericht der Beamten geht hervor, dass die Bandidos vor einem Club aufgezogen waren, der von Mitgliedern und Unterstützern der Hells Angels bewacht wird. Eine bewusste Provokation? Suchten sie die Auseinandersetzung? Ein Sprecher der Bandidos sagt, man habe in einer größeren Gruppe friedlich
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