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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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der Security-Dienst läuft nicht mit Clubabzeichen auf, schließlich geht es hier ums Geschäft, und da stören die Vereinsfarben bloß. Die Besucher sollen nicht durch Rocker-Präsenz verschreckt werden. Seitdem sich auch gelangweilte Banker und gestresste Hausfrauen Feng-Shui-Schriftzeichen oder weinende Indianer unter die Haut stechen lassen, wird bei solchen Messen viel Geld umgesetzt. In ganz Deutschland beanspruchen Rockerbanden das Monopol auf die einträglichen Ausstellungen: Hells-Angels-Shows werben meistens mit roten Plakaten, Messen in Bandidos-Gegenden sind überwiegend gelb gehalten.
    Doch die Kuttenträger bewegen sich auch in Geschäftsfeldern, in denen normalerweise ohne Anzug und Krawatte gar nichts läuft. Die Bochumer Bandidos besitzen zwar keine Lizenz des Bundesaufsichtsamtes für Finanzwesen, dennoch agieren sie wie eine Bank und verleihen Geld zu horrenden Zinsen. Allerdings ist die Kreditausfallquote wohl geringer als bei lizenzierten Instituten, was womöglich an der besonderen Kundenbetreuung der Rocker liegt, wie der Fall des Bottropers Dirk B. zeigt.
    Im Januar 2008 pumpt sich B. mehrere tausend Euro bei den Bochumer Bandidos. 3000 Euro setzt Maczollek privat ein, der Rest kommt aus der Clubkasse. Wie hoch die Summe genau ist, können die Fahnder aus den abgehörten Telefonaten nicht herausfiltern. Dirk B. finanziert mit dem unkomplizierten Darlehen eigene Geschäfte. Er kauft Waren und liefert sie nachts mit einem Lastwagen aus, möglicherweise handelt es sich um Hehlerware. Auf jeden Fall kennen die Bandidos die Hintergründe.
    Maczollek fragt am Telefon: »Ist der ganze Kram weg?«
    Dirk B. antwortet: »Ich war bis fünf Uhr unterwegs. Es ist alles weg.«
    Zwei Jahre lang besorgt sich B. immer wieder frisches Kapital bei den Banditen, die Rückzahlungen klappen reibungslos – bis zum Frühjahr 2008. Anscheinend missglücken damals einige nächtliche Geschäftsabschlüsse, und die Schuldenuhr bei der Rockerbank dreht sich immer schneller. Irgendwann ruft Dirk B. an: »Ich habe das Geld. 17000. Plus 2800 für die Verzögerung.«
    Der Zins beträgt 100 Euro pro Tag. Doch Dirk B. zahlt nicht. Entgegen seinen Beteuerungen kann er das Geld nicht aufbringen. Jedoch ignorieren die Bandidos Begriffe wie »Privatinsolvenz« oder »eidesstattliche Versicherung«. Die Rocker suchen stattdessen nach anderen Lösungen und sind dabei durchaus realistisch. Maczollek: »Unser Geld kriegen wir auch nicht wieder, wenn wir dem was vor die Birne kloppen.« Also soll Dirk B. seine Schulden auf Schlachthöfen und Baustellen abarbeiten. Wo, wie und wann er anzutreten hat, bestimmen die Bandidos, Leibeigenschaft im Ruhrgebiet des 21. Jahrhunderts.
    Trotzdem klappt der Weg aus der Schuldenfalle irgendwie nicht so recht, weshalb Maczollek doch zu bewährten Verhaltensweisen zurückkehrt und Dirk B. zusammenschlägt. Daraufhin nennen ihn die anderen Bandidos »Mike Tyson«. Maczollek: »Der hat Scheiße wegen Geld erzählt. Jetzt liegt er mit Kopfschmerzen im Bett.«
    Normale Menschen müssen schon sehr verzweifelt sein, wenn sie sich Geld bei den Bandidos oder Hells Angels leihen. Noch verzweifelter werden sie, wenn sie das Geld nicht zurückzahlen können, so wie der Gelsenkirchener Klaus L.
    Der zweifache Familienvater betreibt einen Imbiss, weshalb ihn die Bandidos nur ihren »Dönerbudenmann« nennen. Anfangs vermuten die Fahnder, L. zahle den Rockern Schutzgeld, doch in Wahrheit hat der Gastronom bei Maczollek & Co. einen Kredit aufgenommen: In welcher Höhe und zu welchem Zinssatz ist nicht bekannt.
    Fest steht jedoch, dass L. Ende 2007 massive Probleme bekommt, die Schulden zu begleichen. Er bettelt bei Hause um einen Aufschub. »Sonst kann ich meinen Kindern keine Weihnachtsgeschenke kaufen«, sagt Klaus L. am Telefon. Doch der Bandido lässt sich nicht erweichen und pocht auf die Einhaltung der Konditionen: »Du wolltest das Geld haben.«
    Wie aus den mitgeschnittenen Telefonaten hervorgeht, verkauft Klaus L. daraufhin seine Imbissbude, Peter Maczollek kann 12500 Euro in der Gaststätte abholen. Davon fließt ein Teil in die Vereinskasse der Bandidos. Noch stehen aber 14000 Euro aus, und Klaus L. weiß nicht, was er noch zu Geld machen kann.
    Am 5. Mai 2008 setzt er sich daher in Gelsenkirchen in einen bordeauxfarbenen Opel und fährt Richtung niederländische Grenze. In Hünxe am Niederrhein betritt er um kurz vor zwölf Uhr die örtliche Sparkasse. Maskiert mit einem Mundschutz hält er der

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