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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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ein Auto einsteigen!«
    Diese Instruktionen wurden in jedem Haushalt ausgegeben, an Mädchen ab drei Jahren:
    Bewege dich immer in einer Gruppe. Bleib nicht bei Dunkelheit draußen. Halte dich immer in der Nähe eines Erwachsenen. Sage immer ganz genau, wo du hingehst und wann du wieder da sein wirst, und verspäte dich um keine Sekunde, sonst sterben wir vor Sorge. Spiele nicht zwischen Büschen oder Bäumen. Mama wartet am Schultor auf dich.
    Über Nacht waren die Grenzen der Kindheit enger geworden. Aber natürlich stellen Kinder Fragen. Warum? fragten sie auf hundert verschiedene Arten. Was wollte der Mann denn von Jenny Jones? Was ist schlecht an den Süßigkeiten? Sind sie vielleicht giftig wie der Apfel in Schneewittchen? Was würde der fremde Mann mit mir machen, wenn ich in sein Auto steige?
    Die Geschichten, die Eltern erzählten, Lügen und Halbwahrheiten, Notlügen und pädagogische Lügen und die harte, erbarmungslose Wahrheit. Sie sagten ihren Kinder alles vom allgemeinen: »Er wird dir weh tun«, was Raum für harmlose Auslegungen ließ, bis hin zu anatomisch detaillierten Beschreibungen einer Vergewaltigung.
    Für viele Mädchen waren das die ersten Gespräche mit ihren Eltern über Sex. Die Geschichten von den Vögeln und den Bienen. Doch auf The Spit im Februar 1981 wurden sie anders erzählt: Der Vogel ist der nimmersatte Rabe, der dich frißt, und die Bienen stechen und stechen dich, bis du tot im Graben liegst.
Über ein Netzwerk von Nachbarn, alten Mannschaftskameraden und Saufkumpanen stellten die Männer eine Bürgerwehr zusammen. Etwa dreißig gehörten dazu, darunter die Väter der meisten von uns. Sie machten einen Dienstplan, vier Mann pro Abend – es gab genügend Freiwillige, so kam jeder nur alle zwei Wochen dran. Nach der Arbeit setzten sich also vier Männer zusammen in ein Auto und fuhren die Straßen ab, um verdächtige Elemente dingfest zu machen. Oft blieb ihnen keine Zeit zum Abendessen, daher packten ihre Frauen ihnen Proviant in Alufolie ein. Eine Thermoskanne mit Kaffee wurde rundgereicht. Normalerweise hatten sie auch Bier an Bord. Jeder spendete einen kleinen Betrag, so daß der Besitzer des jeweiligen Wagens seine Spritkosten decken konnte. Man verbraucht überraschend viel Benzin, wenn man langsam durch die Straßen patrouilliert.
    Wir sahen sie vorbeifahren, wenn wir unserer Wege gingen. Ihr Territorium erstreckte sich von der Südspitze von The Spit bis hinter den Thompson Park nach North New Brighton. Manchmal hielt der Wagen an, und einer unserer Väter kurbelte die Scheibe runter, um ein paar Worte mit uns zu wechseln. Die Patrouillen waren immer gut gelaunt. Die Männer scherzten miteinander, und der Geruch des Proviants drang aus dem Wageninneren. Fast immer roch derjenige, der mit uns sprach, nach Bier. Er fragte uns dann, ob wir etwas Ungewöhnliches bemerkt hätten. Manchmal hatten wir: einen Surfer, den wir nicht kannten, oder einen Mann mit Hund irgendwo in den Dünen. Die Patrouille nahm immer alles ernst, was wir sagten. Das gefiel uns. Sie dankten und baten uns, weiter die Augen offenzuhalten. Dann fuhren sie los, um herauszufinden, was es mit unseren Beobachtungen auf sich hatte.
    Sie suchten nach jemandem, der im Schatten des Schulhofs herumlungerte, oder einem Spanner, der vor dem Schlafzimmerfenster eines Mädchens hockte. Oft fuhren sie links ran, um einen Fremden oder Ausländer anzusprechen, der die Straße entlangging. Zwei der Männer stiegen dann aus und redeten mit ihm. Die offizielle Maxime war, vom nächsten Haus aus sofort die Polizei zu rufen, wenn man etwas Verdächtiges entdeckte. Das war die offizielle Version. Aber wenn wir mit unseren Fahrrädern zwischen den Beinen oder dem Skateboard in der Hand auf dem Gehweg standen und dem Auto hinterhersahen, hörten wir Golf- und Baseballschläger im Kofferraum klappern, und keiner von uns war so naiv zu glauben, die Männer wollten noch eine Runde Golf einschieben, bevor sie nach Hause fuhren.
    Unsere Väter und ihre Freunde fuhren bis Mitternacht durch die Straßen, dann gingen sie nach Hause, um noch etwas Schlaf zu kriegen, bevor sie am Morgen wieder zur Arbeit mußten. Manchmal hörten wir sie vom Bett aus nach Hause kommen, das Knarren der Tür und dann Schritte, unregelmäßig und leicht betrunken, die sich durchs Haus bewegten. Unweigerlich zog es sie in die Küche, wo sie mit Brot und Marmelade, oder was immer sie an Eßbarem finden konnten, hantierten. Unsere Mütter waren oft noch wach,

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