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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Schwestern entwischten, um sich mit einem Jungen zu treffen. Das war eine Zusatzleistung, für die er keine Kosten in Rechnung stellte. Matt konnte seine Eltern belügen, ohne mit der Wimper zu zucken – Mary-Rose sei im Kino oder Annie übernachte bei einer Freundin. So hatten die Schwestern freie Bahn. Doch nach dem Angriff auf Jenny Jones sahen sich die Templeton-Mädchen eingesperrt. Ihr Vater war übellaunig und äußerst wachsam. Er schlich durchs Haus wie ein Scharfrichter.
    Von allen Mädchen der Gegend war Carolyn Asher die einzige, die sich ungehindert auf The Spit bewegte. Tug sah sie zu allen möglichen Zeiten kommen und gehen. Manchmal wurde sie von einem Kerl mit dem Auto abgeholt. Oft schob sie ihr Damenfahrrad aus der Einfahrt und fuhr weg; ihre langen weißen Beine schimmerten unter dem kurzen Rock.
    Es gab nur Gerüchte darüber, wohin sie ging und was sie trieb, doch die Geschichten, die wir hörten, wurden immer schlimmer, und sie erreichten uns immer häufiger. Sogar unsere Mütter bekamen Wind davon. Mehr als eine von ihnen warnte uns davor, Carolyn Asher zu nahe zu kommen. Schon ein paar Monate nach dem Begräbnis ihrer Schwester hatte sie einen schlechten Ruf.
    Der einzige von uns, der mit fünfzehn angeblich schon mit einem Mädchen geschlafen hatte, war Grant Webb. Er tischte uns – mit leichten Variationen – immer wieder eine Geschichte auf über eine Austauschschülerin bei einer Party, zu der sein älterer Bruder ihn im letzten Winter mitgenommen hatte. Grant behauptete, sie habe ihn unwiderstehlich gefunden und sei förmlich über ihn hergefallen. Aus einer anderen Quelle wußten wir, daß dieses Mädchen zuvor innerhalb einer Stunde eine ganze Flasche Tequila geleert hatte. Grant war nur einer von mindestens drei Jungs, die sich damit brüsteten, an diesem Abend in einem Schlafzimmer im oberen Stockwerk mit ihr geschlafen zu haben. Der Name des Mädchens war Maria, wurde aber merkwürdig ausgesprochen. Kurz nach dieser Party kam sie nicht mehr zur Schule, verließ ihre Gastfamilie und kehrte in das französische Dorf zurück, wo sie aufgewachsen war. Was nach ihrem Besuch hier aus ihr wurde, wissen wir nicht.
    In unserem Alltagsleben hieß das, was am meisten mit Sex zu tun hatte, Amy Trousedale. Amy war eine alleinstehende Mutter, die nördlich der Einmündung der Marine Parade in die Rocking Horse Road wohnte. Sie war dreiundzwanzig und hatte Zwillinge namens Jake und Zach. In den frühen 80er Jahren galt es immer noch als Schande, eine unverheiratete Mutter zu sein. Mädchen, die sich »in anderen Umständen« fanden, wurden zu Tanten an fernen Orten geschafft, bis das Baby geboren und zur Adoption freigegeben war. Noch häufiger allerdings zwang man sie, spezielle Ärzte aufzusuchen, wo in wenigen Stunden alles nett und sauber in Ordnung gebracht wurde.
    Es war ein offenes Geheimnis, daß Amy ihre magere Sozialhilfe mit Sex aufstockte. Wir hatten gehört, daß ein Handjob dreißig Dollar kostete. Das erfuhren wir von Jungen, die ältere Brüder hatten, die Freunde hatten, die behaupteten, bei Amy gewesen zu sein. Für zwanzig Dollar mehr nahm sie ihn in den Mund, und für hundert konnte man alles haben, vorausgesetzt, man benutzte einen Pariser.
    Der Grund, weshalb wir sie befragen wollten, lag nahe. Grant Webb sprach ihn aus: »Wenn es einen Perversen in unserer Gegend gibt, dann muß Amy wissen, wer das ist.« Das zeugte von einer Logik, die uns allen einleuchtete.
    Natürlich wollten wir nicht einfach bei ihr auf der Matte stehen. Wir hatten keine Ahnung, um welche Uhrzeit sie Besuch von Männern bekam. Wir einigten uns also darauf, sie auf dem Spielplatz anzusprechen, wo sie an schönen Tagen mit Jake und Zach war. Als Pete Marshall und Al Penny auf sie zutraten, saß sie auf einer Bank und sah ihren Söhnen beim Wippen zu. Die Wahrheit ist, daß Amy nicht sexy wirkte, nicht einmal auf fünfzehnjährige Jungs. Sie war klein, alles andere als schlank und hatte wasserstoffblonde Haare – unsere Mütter nannten das »blondes Gift«. Im Sommer ging sie immer barfuß. Ihre Beine waren so kurz, daß ihre Füße nicht von der Bank bis auf den Boden reichten. Sie schwang ihre Beine leicht vor und zurück, und dabei sahen Pete und Al, daß ihre Fußsohlen schwarz vor Dreck waren; es würde wohl diverse Bäder brauchen, um sie wieder sauberzukriegen. Sie rauchte ununterbrochen, und schon mit 23 begannen sich dünne Linien um ihre Mundwinkel auszuprägen, wie eingebrochene

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