Rocking Horse Road (German Edition)
Gruppe von Männern, die durch die Gegend fuhr und nach einem Sexualtäter Ausschau hielt, kam Brent dem Gesuchten verdammt nahe.
An diesem Abend saß Mr. Erickson, ein ehemaliger Hafenarbeiter, am Steuer. Der alte Erickson zögerte keine Sekunde. Er ließ den Motor auf heulen und hielt direkt auf Brent zu. Pete schwor später, er sei ganz sicher gewesen, daß Erickson den Jungen überfahren wollte. Aber Brent hörte das Auto und erkannte die Gefahr rechtzeitig. Er schlug einen Haken und rannte von der Mitte des Parkplatzes zur Ufermauer. Als er dort ankam, ließ er die Schwimmweste fallen. Er sprang über die niedrige Mauer und rannte direkt auf dem Strand weiter. Außer Schuhen und Strümpfen war er nun völlig nackt.
Das alles klingt jetzt sehr lustig, wie eine Szene aus einer Fernsehshow, doch Pete, Jase und Grant erkannten den Ernst der Lage sofort. Die Männer in Ericksons Auto dachten, sie wären hinter einem Kinderschänder und vielleicht sogar einem Mörder her. Sie fackelten nicht lange. Noch bevor das Auto stand, sprangen sie heraus. Einer von ihnen war Jim Turners Vater. Er rannte sofort auf den Strand. Die beiden anderen rissen den Kofferraum des Wagens auf und nahmen Taschenlampen und Baseballschläger raus, dann rannten auch sie hinter Brent her.
Wie Grant später an diesem Abend richtig bemerkte: »Cox ist ein ziemlicher Scheißkerl, aber ich wollte nicht, daß sie ihn totschlugen.« Und das war keineswegs eine Übertreibung. Nach Lucys Ermordung und der Attacke auf die beiden kleinen Mädchen lagen bei den Leuten auf The Spit die Nerven blank. Die Männer wurden häufiger laut. Nachbarn stritten sich über Kleinigkeiten wie bellende Hunde oder offenes Feuer. Unsere Väter tranken abends und an den Wochenenden noch mehr Bier. Ein paar unserer Väter waren kürzlich in Schlägereien geraten, meistens wegen der Springbok-Tour. Die Atmosphäre war bis zum äußersten gespannt. Die Leute wollten unbedingt etwas unternehmen, wußten aber nicht, was. Erickson und die anderen im Auto hatten vermutlich getrunken, und wenn sie Brent erwischten, konnte man sicher sein, daß sie erst ihre Fäuste und Baseballschläger benutzten, bevor sie irgendwelche Fragen stellten. Im Rückblick ist offensichtlich, daß die Bürgerwehr ebensosehr von der Hoffnung auf alttestamentarische Rache motiviert war wie von dem Wunsch, die Straßen sicher zu machen.
Glücklicherweise war Mary-Rose in all dem Durcheinander unbemerkt ins Dunkel der Dünen Richtung Straße verschwunden. Mr. Erickson hatte ein kaputtes Knie. Er blieb im Auto und ließ den Motor laufen. Er reckte den Hals und spähte um sich, als erwartete er jeden Moment noch mehr nackte Perverse. Grant, Pete und Jase gingen um die Rückwand des Surfclubs, um für Mr. Erickson außer Sicht zu bleiben. Sie liefen die Straße entlang in die Richtung, die Brent genommen hatte, und benutzten dann einen selten begangenen Pfad zum Strand. Dort fanden sie Mr. Turner, der im Sand stand und zu den Dünen starrte, eine Taschenlampe in der Hand. Von den beiden anderen Männern kamen Rufe, während sie sich durch die Lupinen schlugen. Der Lichtstrahl ihrer Lampen leuchtete an verschiedenen Stellen auf. Offenbar hatte sich Brent Cox versteckt. Die drei Jungen stellten sich vor, wie er nackt, panisch und halb erfroren in einer Senke zwischen Tussockpflanzen lag, ganz in ihrer Nähe.
Mr. Turner war viel zu beschäftigt, um sich zu fragen, weshalb drei Freunde seines Sohnes um diese Zeit am Strand waren.
»Habt ihr jemand über den Strand rennen sehen?«
Pete schaute über den Strand in Richtung Surfclub. »Wir haben gerade einen nackten Kerl gesehen. Da hinten. Er ist aus den Dünen gekommen und die Straße runtergerannt.«
Mr. Turner fluchte laut und rief die anderen Männer. Sie erschienen sofort und rutschten die vorderste Düne runter. Alle drei rannten dann den Strand hoch. Jase, Pete und Grant blieben stehen, bis die Männer außer Sicht waren. Über das Brandungsrauschen hinweg hörten sie, wie Ericksons Auto wendete und schnell wegfuhr.
Jase legte das Kleiderbündel, das er trug, darunter auch das Kleid von Mary-Rose, auf den Sand und rief: »Hey, Cox! Deine Kleider liegen hier!« Keine Antwort. Nichts rührte sich in der Dunkelheit. Also gingen die drei einfach weg. Erst als sie fast wieder am Surfclub waren, schauten sie zurück und bemerkten einen flüchtigen Schatten, der auf den Strand kam, die Kleider an sich nahm und wieder in die relative Sicherheit der Dünen
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